WCCB-Prozess Man-Ki Kim klagt Bonner Justiz an

Die Vergangenheitsbewältigung im ersten Prozess vor der Bonner Wirtschaftsstrafkammer in Sachen World Conference Center Bonn (WCCB) steht kurz vor dem Abschluss, und der Angeklagte Man-Ki Kim scheint den Ernst seiner Lage erkannt zu haben.

In einem Akt der Verzweiflung gab der 52-jährige Südkoreaner nun erneut eine Erklärung ab, in der er der Justiz, grob gesagt, Ungleichbehandlung und Unfairness vorwirft: Seit mehr als 740 Tagen sitze er als einziger Beschuldigter in Haft, und während er sich als Chef der SMI Hyundai Corporation für die Handlungen seiner Mitarbeiter im Jahr 2005 vor Gericht zu verantworten habe, "frage ich mich, warum diese Regeln nicht für Frau Dieckmann gelten", die doch Chef der Stadt Bonn gewesen sei.

Kim: "Die gesamte Verantwortung, die mir angelastet wird, scheint für sie nicht zu gelten." Noch nicht einmal eine Hausdurchsuchung habe die Staatsanwaltschaft bei der ehemaligen Bonner OB durchgeführt, "während andere, weniger privilegierte städtische Mitarbeiter angeklagt" worden seien.

Kim hat nun "friedlichen Widerstand" angekündigt und will als Christ zum letzten Mittel greifen: fasten und beten. Ob das einen "Hungerstreik" bedeute, wollten die Richter besorgt wissen, denn das würde Kims Verhandlungsfähigkeit beeinträchtigen oder sogar gänzlich gefährden. Aber Kims Verteidiger Walther Graf beruhigte: "Nein, das bedeutet keinen Hungerstreik." Kim esse nun nur noch sehr wenig.

In der Tat sitzt Kim als einziger in U-Haft, und auch seine jüngste Haftbeschwerde Ende 2012 wurde vom Oberlandesgericht Köln als unbegründet zurückgewiesen wegen Fluchtgefahr: Kim hat hier keinen Wohnsitz, seine Familie lebt in den USA. Damit stehen für Kim alle Zeichen auf Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe.

Die Beweisaufnahme hat nach 96 Verhandlungstagen auch zutage gefördert, dass es diesen Betrugsprozess gegen Kim & Co. und mögliche weitere fünf städtische Mitarbeiter gar nicht gäbe, wäre die Verwaltungsspitze der Stadt nur dem Votum der Sparkasse KölnBonn - kein Euro Kredit für Investor SMI Hyundai und Kim - gefolgt. Dann gäbe es keine Bauruine, und es würden nicht viele zusätzliche Millionen zur Fertigstellung aktuell den städtischen Haushalt belasten.

Die Verwaltungsspitze bürgte jedoch für das WCCB-Projekt, dessen 100-Prozent-Gesellschafter zunächst Kims SMI Hyundai war. Doch in der entscheidenden Beschlussvorlage für den Stadtrat tauchen weder dieses "Nein" der Sparkasse noch der Begriff "Bürgschaft" auf.

Dazu erklärte der ehemalige Stadtdirektor und WCCB-Beauftragte Arno Hübner als Zeuge vor Gericht: Weil ein solches Rechtsgeschäft, eine öffentliche 74,3-Millionen-Bürgschaft für eine private GmbH, von der Bezirksregierung nicht genehmigt worden wäre. Deshalb stand in der Ratsvorlage Nebenabrede statt Bürgschaft.

Insofern sind Teile von Kims Perspektive und Kritik nachvollziehbar, jedoch haben die WCCB-Prozesse vor Gericht gerade erst angefangen. Wer ist heute mutmaßlich Betrogener, wer mutmaßlicher Betrüger? Die Grenzen sind fließend geworden, und die simple "Bonn-ist-betrogen-worden-These" trägt nicht mehr.

Sie ist im Licht zahlreicher Zeugenaussagen sogar unplausibel geworden. Die Verwaltungsspitze muss über den nicht kredittauglichen Kim informiert gewesen sein - es sei denn, man hält es für wahrscheinlich oder glaubhaft, dass ein 74-Millionen-Bürge keine Fragen stellt darüber, wieso er für jeden Cent des Kreditnehmers haften soll. Insbesondere, wenn dieser als Investor für das wichtigste Zukunftsprojekt der Stadt antritt.

So haben auch die Ankläger nur den Stadtrat als eindeutig Betrogenen identifiziert, dessen Stimmen sowohl Kim als auch Verwaltungsspitze benötigten. Doch all das befreit Kim nicht von seiner eigenen strafrechtlichen Verantwortung. Und auch gestern gab es für ihn keine echte Entlastung.

Im Zeugenstand saß, zum zweiten Mal aus Südkorea angereist, der Mann, dem Kims Firma SMI den Zusatz Hyundai verdankt. Chong-Hong Cho, jahrzehntelang im Vorstand der Hyundai-Weltkonzern-Tochter Engineering and Construction, durfte nach seinen Angaben für seine neue Firma den Namen "Hyundai" nutzen. Und diese Hyundai Remodeling and Construction. ging 2004 mit Kims SMI ein Joint Venture ein. Fortan hieß Kims Firma SMI Hyundai Corporation, die schließlich das Bonner Projekt WCCB realisieren wollte.

Obwohl der 70-jährige Zeuge dem Angeklagten Kim erkennbar zugeneigt ist und keinerlei Belastungstendenzen zeigte, konnte er nicht verhindern, dass seine Antworten auf die Fragen des Gerichts offenbarten: Auch ihm hatte Kim seinerzeit bei den drängenden Fragen der Finanzierung des WCCB-Projekts offenbar nicht die ganze Wahrheit gesagt. Der Prozess wird fortgesetzt.

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