Platzmangel an Grundschulen Lange Wartelisten für Offene Ganztagsschulen in Bonn

Bonn · In Bonn stehen für das neue Schuljahr Plätze für 7841 Kinder zur Verfügung. Das reicht aber bei Weitem nicht.

Ralph Schweda ist enttäuscht über dieses „OGS-Gemurkse“: Seine Tochter hat zwar einen Platz in ihrer Wunschschule, der Röttgener Schlossbachschule, bekommen. Aber die Kleine wird ab dem neuen Schuljahr nicht mit ihren Freunden in die dortige Offene Ganztagsbetreuung (OGS) gehen können. Schweda verweist auf die OGS-Absage.

„Noch nicht mal für das zweite Schuljahr bekamen wir eine Garantie, obwohl bei uns beide Elternteile berufstätig sind“, klagt der Vater. Hier versage doch die Politik: Für unter Dreijährige garantiere sie Kindergartenplätze, lasse dann aber die Schulkinder im Regen stehen. Und das in Röttgen, wo aus den Neubaugebieten bald noch mehr Schulkinder zu erwarten seien. Schweda hat sich mit seiner Frau den Kopf zerbrochen. „Es kommt für uns nur eine Lösung infrage: Wir suchen eine andere Grundschule, die unserer Tochter einen OGS-Platz garantiert.“ Auch wenn längere Wege drohten und die Tochter die Freunde verliere.

Gabriele Hagedorn-Schulte vom OGS-Träger an der Schlossbachschule, dem Kleinen Muck, kann die Verzweiflung verstehen. „Wir haben dort schon seit Jahren eine OGS-Warteliste von zwei Dutzend Familien“, erklärt sie. Obwohl der Kleine Muck von 2013 bis 2016 weitere OGS-Gruppen eröffnet habe und zum Sommer zu den 175 noch zehn zusätzliche Plätze von der Stadt genehmigt bekam. „Das reicht alles nicht“, meint Hagedorn-Schulte und bestätigt, dass auch an ihren weiteren OGS-Standorten, an der Beethoven-, der Burg- und der Josefschule, Wartelisten bestünden.

Deutlich werde, dass die OGS ein Erfolgsmodell sei, das niemand für möglich gehalten habe, sagt sie. Was betroffene Familien aber nicht trösten werde. Sie hoffe nun, dass das neue Schulministerium verbindliche OGS-Standards aufstellt – und die OGS vor allem ausreichend ausstattet.

Für berufstätige Eltern sehr problematisch

Viele Elternklagen hört derzeit auch Claudia Bernads von der Katholischen Jugendagentur (KJA), die acht OGS-Einrichtungen in Bonn betreut, darunter die Rochus- und die Marienschule, bei denen es gerade besonders brodelt. Eine Rochusschul-Mutter, die anonym bleiben will, sagt dem GA etwa, sie sei sehr traurig, dass sie wegen der OGS-Absage für ihr Kind wie andere betroffene Frauen wohl ihren Beruf erst mal aufgeben müsse.

Volker Weiniger, dessen Kind nur mit viel Glück einen Nachrückplatz an der Marienschule ergatterte, berichtet, berufstätige Eltern ohne OGS-Platz rutschten in eine prekäre Lage. Es müsse neben dem Rechtsanspruch für die Betreuung von Kindertagesstättenkindern endlich auch einer auf einen OGS-Platz her. Ja, die Verantwortung liege beim Land, meint auch die KJA-Vertreterin Bernads. Es lasse die Kommunen „frickeln“, und die OGS-Träger säßen mit dem Schwarzen Peter zwischen der Stadt und den Eltern.

Dabei habe Bonn vergleichsweise mehr OGS-Plätze geschaffen als andere Kommunen, hebt Bernads hervor. Doch jede Ablehnung sei traurig. An der Rochusschule kämen nächstes Schuljahr 25 OGS-Plätze hinzu – trotzdem könnten weitere 25 Kinder nicht bedacht werden. An der Marienschule käme man 2017 wegen der Erweiterung zur Dreizügigkeit mit dem OGS-Angebot nicht mehr hinterher. A

n der Bernhardschule sei die Situation „total dramatisch“: 135 OGS-Plätzen stünde seit Jahren eine Warteliste von 75 Kindern gegenüber, gibt Bernads zu. An der Domhofschule gingen zehn Kinder leer aus, an der Finkenhofschule 20. „Die Stadt genehmigt aktuell 150 zusätzliche OGS-Plätze für ganz Bonn. Da kann man sich vorstellen, was das für 50 Grundschulen bedeutet“, so die KJA-Vertreterin.

Die Gesamtzahl zusätzlicher Plätze bestätigt auch Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Und auch die Tatsache, dass trotz insgesamt 7841 OGS-Plätzen „nach wie vor die aktuelle Nachfrage stadtweit immer noch höher als das OGS-Platzangebot“ ist. Immerhin habe Bonn eine OGS-Versorgungsquote von 65 Prozent erreicht.

Wobei die Verwaltung erst Anfang Oktober die reale Belegung abfragen könne. Und Hoffmann kann nur noch eines anbieten: „Wenn an Schulen einzelne Plätze nicht realisiert werden konnten, können diese – wenn die räumliche und personelle Situation das zulässt – an anderen Standorten, die Wartelisten aufweisen, belegt werden.“ Das dürfte der Tochter von Ralph Schweda dann auch nicht mehr helfen.

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