Die Haupttäter wurden verurteilt Lange Haftstrafe nach Raubüberfall in Wachtberg

Bonn · Im Prozess um den gewalttätigen Überfall in Wachtberg wurde am Mittwoch ein Urteil verkündet. Die drei Täter hatten eine 51-jährige Wachtbergerin eine Stunde lang fest gehalten, gequält und ausgeraubt. Nach einem der Täter wird noch gefahndet.

Seit dem 12. Juli 2016 ist für die 51-jährige Wachtbergerin nichts wie vorher: In jener Nacht wurde sie in ihrem Haus von drei Männern überfallen, eine Stunde lang gefangen gehalten und so malträtiert, dass sie fast gestorben wäre. Sie leidet körperlich und seelisch so unter den Folgen, dass an ein normales Leben nicht zu denken ist. Am Mittwoch schickte die zweite Große Jugendstrafkammer zwei der drei aus Rumänien stammenden Täter für viele Jahre hinter Gitter.

Wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und besonders schweren Raubes verurteilt das Gericht den 27-jährigen Haupttäter zu achteinhalb Jahren Haft, ihm drohen zwei weitere Jahre aus einer früheren Verurteilung. Und: In Mainz wird gegen ihn wegen eines ähnlichen Überfalls noch ermittelt. Sein zur Tatzeit 19-jähriger Komplize erhält vier Jahre Jugendstrafe. Der dritte Täter wird noch mit internationalem Haftbefehl gesucht. „Wenn er gefasst ist, erhält auch er seine Quittung“, stellte Kammervorsitzender Wolfgang Schmitz-Justen im Urteil fest und hielt den beiden Angeklagten vor: „Was Sie dem Opfer angetan haben, ist der Horror. Das ist das Schlimmste, was wir hier an Überfällen hatten.“

In aller Deutlichkeit führte er den Angeklagten vor Augen, was die 51-Jährige erlitten – und dem Gericht trotz allem „beeindruckend sachlich“ geschildert hat. „Tortur und Horror sind dafür die richtigen Worte“, so der Richter. Man müsse sich das einmal vorstellen: Die 51-Jährige sitzt in jener Nacht vor dem Fernseher, als sie aus dem Schlafzimmer ein Geräusch hört.

Der Albtraum dauerte eine Stunde

Sie glaubt, das Nachbarkätzchen habe sich durch ihr zum Lüften geöffnetes Fenster dorthin verirrt, steht auf, um nachzusehen – und das Nächste, was sie sieht, sind tätowierte Arme, die sie packen. Und es beginnt ein einstündiger Albtraum: Sie wird mit ihren eigenen Schnürsenkeln gefesselt, der 19-Jährige hält ihr permanent Mund und Nase zu, sie wird mit einem Messer bedroht, bis sie die Pin ihrer EC-Karte herausrückt, sie wird gedemütigt, leidet die ganze Zeit unter Atemnot und Erstickungsgefühlen. Und sie hat Todesangst, weil ihr mit dem Durchschneiden der Kehle gedroht wird.

Eine Stunde dauert der Albtraum, bis die Täter das Haus mit Schmuck, Geld, Handys und Wein verlassen. Zuvor aber wird sie wie ein Paket verschnürt, der Mund mit einem Schal zugebunden, sie muss sich wie ein Hund auf den Boden legen. Mühsam gelingt es ihr, mit dem Kinn den Schal wegzuschieben und mit dem Mund die Handfesseln zu lösen. Dann ruft sie die Polizei. Wie schwer sie verletzt ist, merkt sie erst, als die weg ist: Plötzlich hat sie blutigen Schaum vor dem Mund, sie schafft es kaum, den Notruf zu wählen. Ihre Lunge ist so verletzt, dass sie nicht eigenständig atmen kann und im Koma liegt. „Das haben Sie verursacht“, hielt der Richter den Angeklagten vor: „Hätte sie sich nicht selbst befreit, wäre sie wahrscheinlich erstickt.“

Für die Angeklagten, die sich seit der Kindheit kennen und angeblich zum Arbeiten herkamen, sprächen laut Gericht zwar die Geständnisse und die Nennung des dritten Täters. Aber was sie dem Opfer angetan hätten, überwiege alles: „Sie hat eine Traumatisierung erlebt, die vom Schlimmsten ist.“ Sie könne nicht mehr arbeiten und habe ihr Heim verloren: In dem Haus, in dem sie die „Hölle“ erlebte, kann sie nicht mehr leben. Sie kämpfe sich zwar langsam in ihr Leben zurück, so der Richter: „Aber ob das jemals wieder ein normales sein kann, ist fraglich.“

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