Interview mit Birgit Schneider-Bönninger Kultur und Sport sind "Bonns starkes Doppel"

BONN · Seit dem 1. März ist Birgit Schneider-Bönninger neue Kultur- und Sportdezernentin in Bonn. Über ihre Ziele als Dezernentin und warum sie sich Sport- und Kulturdezernentin nennt, darüber sprach sie mit dem GA.

Birgit Schneider-Bönninger: Ich habe Frau Einecke-Klövekorn (Vorsitzende der Theatergemeinde Bonn) beim Theatermarathon begleitet und so auf einen Schlag alle Theater in Bonn kennengelernt. Das war sehr hilfreich. Auch habe ich bereits etliche Kulturveranstaltungen besucht, Konzerte, Premieren bei der Oper, Theatervorstellungen. Und natürlich kommen die Kulturschaffenden auch zu mir, sie geben sich wirklich die Klinke in die Hand. Auch im Sportbereich bin ich mit offenen Armen empfangen worden. Mein erster Termin in Bonn war ein Treffen mit Herrn Scharf und Herrn Seibert vom SSB, seitdem habe ich viele Sportveranstaltungen besucht und Vereine kennengelernt. Und mit unserem Sportamtsleiter Stefan Günther habe ich ebenfalls eine Sportstättentour gemacht und mir nahezu alle Einrichtungen angeschaut.

Da ist Ihr Terminkalender bestimmt voll...

Schneider-Bönninger: Rappelvoll. Auch abends. Ich möchte ein Gespür für die Stadt, für die Menschen und ihre Bedürfnisse entwickeln. Ich möchte alles kennenlernen. Sport und Kultur. Das ist mir sehr wichtig. Ich habe übrigens meine Dezernatsbezeichnung umgestellt: Ich nenne mich Sport- und Kulturdezernentin, also genau andersherum als bisher. Ich möchte damit ein Zeichen setzen, dass mir der Sport genauso wichtig ist wie die Kultur.

Die Interessen von Kultur und Sport unter einen Hut zu bringen, ist in Bonn nicht einfach. Wie geht es mit dem Runden Tisch weiter?

Schneider-Bönninger: Wir werden ihn fortsetzen. Das nächste Treffen ist noch vor der Sommerpause geplant. Es ist eine Mission von mir, Sport und Kultur zu verbinden. Beides zusammen ist Bonns starkes Doppel. Es gibt so viele Schnittmengen, Synergien, die man ausschöpfen kann. Sport und Kultur haben dieselben Ziele im Blick: Teilhabe, Toleranz und Talente. Deshalb haben wir bereits eine interne dezernatsübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, in der Kollegen aus den Ämtern und allen Einrichtungen wie Theater, Sport- und Bäderamt und so weiter zusammenkommen, um gemeinsame Projekte mit Vertretern aus Sport und Kultur vorzubereiten. Ich würde mir ein Tandemticket Sport und Kultur wünschen. Toll wäre beispielsweise eins für die Baskets und das Beethoven Orchester. Die Menschen besuchen beides, Sport und Kultur. Im Alltag sind für sie die Diskussionen, wie sie in den letzten Jahren hier in Bonn geführt wurden, doch im Grunde gar kein Thema.

Woher rührt das Konkurrenzdenken?

Schneider-Bönninger: Das liegt sicher daran, dass öffentliche Mittel immer begrenzt sind. Fest steht, wir werden in den nächsten Jahren mächtig in den Sport investieren müssen. Wir haben den Sportentwicklungsplan, den ich als Initialzündung für eine Art Gründerzeit im Sport sehe. Wir müssen an die Sporthallen ran, ebenso an die Bäder. Ich glaube, wenn verstärkt in den Sport investiert wird, dann wird sich auch das Konkurrenzdenken von selbst erledigen.

Welche Sportanlagen stehen oben auf Ihrer Liste?

Schneider-Bönninger: In den letzten Jahren sind eine Vielzahl von Tennenplätzen in moderne Kunstrasenplätze umgewandelt worden. Jetzt sollen die beiden größten Sportanlagen, der Sportpark Nord und die Sportanlage Pennenfeld zu Leuchttürmen entwickelt werden, also die Flaggschiffe für den Sport in Bonn werden. Die ersten Beschlüsse liegen hierzu bereits vor. Das Thema Barrierefreiheit wird in Zukunft eine große Rolle spielen. Wir werden ohnehin auf der Basis des Sportentwicklungsplans für alle Sportstätten einen Finanzplan für die nächsten zehn, 15 Jahre entwickeln müssen. Diese Mittel, vor allem für die größeren Projekte in der Bonner Sportlandschaft, müssen dann zusätzlich bereitgestellt werden. Und dafür werde ich kämpfen.

Bis Entscheidungen zur jetzt gestarteten Bürgerbeteiligung für die Bäder vorliegen, wird es dauern. Wie wollen Sie das Problem des Schulschwimmens zeitnah lösen?

Schneider-Bönninger: Schulschwimmen ist immens wichtig. Deshalb hat das Sport- und Bäderamt bereits eine Schulschwimm-Offensive gestartet. Wir versuchen, die Situation zu verbessern – mit den Möglichkeiten, die da sind.

Wie soll das aussehen?

Schneider-Bönninger: Ich kann natürlich nicht garantieren, dass alle Stunden nach Lehrplan stattfinden können. Wir arbeiten aber daran, bis zum neuen Schuljahr im Dialog mit den Schulen die Belegungspläne zu optimieren, damit der Schwimmunterricht in Bonn möglichst lehrplankonform stattfinden kann.

Wann wird das Dach des Frankenbads saniert?

Schneider-Bönninger: Das Frankenbad kommt wie geplant mit in die Bürgerbeteiligung. Die Politik hatte ja beschlossen, das Dach des Frankenbads vorgezogen zu sanieren. Wir wollen allerdings auch die Sanierung des Hardtbergbads vorziehen. Wir werden vorschlagen, mit der energetischen Sanierung anzufangen, damit wir dort alsbald ein funktionsfähiges Bad bekommen.

Wie schnell kann das umgesetzt werden?

Schneider-Bönninger: Wenn hierfür die notwendigen Beschlüsse kurzfristig gefasst werden, könnte bei reibungslosem Verlauf ab 2023 ein modernisiertes Hardtbergbad zur Verfügung stehen.

Aber im Frankenbad regnet es schon rein....

Schneider-Bönninger: Das SGB hat ein Architekturbüro mit der Planung beauftragt. Jetzt werden dort Varianten erarbeitet. Danach können wir etwas zum Zeitplan sagen. Klar ist, es kann nicht alles auf einen Schlag gehen. Aber wir müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Schwimmbetrieb weitergeht, solange über die Zukunft der Bäder nicht entschieden ist.

Kommen wir zur Kultur: Wie steht es mit den Bauplänen für Oper und Schauspiel?

Schneider-Bönninger: Wie Sie wissen, haben wir die Vorlage erst einmal zurückgestellt, weil wir uns intensiv mit der Beethovenhalle beschäftigen müssen, um zu evaluieren, was wir bei den Planungsprozessen in Zukunft optimieren können. Zurzeit klären wir, wie wir vor diesem Hintergrund in der großen Frage, ob die Oper generalsaniert oder neu gebaut werden muss, weiterkommen. Wir werden sobald wie möglich einen Vorschlag machen. Unabhängig davon ist mir aber wichtig, dass wir uns auch über die Frage der Inhalte unterhalten: Wie sind die Häuser in Zukunft inhaltlich aufgestellt? Ich bin überzeugt, wir müssen die Türen aller Einrichtungen noch weiter für die Stadtgesellschaft öffnen, wenn wir sie zukunftsfähig machen wollen. Nicht nur Zahlen sind relevant, sondern auch Inhalte!

Ab 2023 muss die Kultur 3,5 Millionen Euro jährlich einsparen. Ist das realistisch?

Schneider-Bönninger: Ich bin derzeit dabei, mir über alle Strukturen einen Überblick zu verschaffen. Wir werden vor allem schauen, wie wir Synergieeffekte erzielen und Strukturen optimieren können. Auch müssen wir mit Bund und Land Gespräche führen, insbesondere mit Blick auf die künftige Förderung des Beethovenfestes als nationale Aufgabe.

Es gab in Bonn schon Überlegungen, die Oper etwa mit der Kölner Oper zusammenzulegen, um zu sparen. Ist das eine Option für Sie?

Schneider-Bönninger: Das lehne ich strikt ab. Bonn braucht eine eigene Oper. Außerdem befindet sich die Bonner Oper, wie ich finde, an einem großartigen Standort.

Die Auflösung des Vertrags mit Christian Lorenz als künstlerischem Leiter der Beethoven Jubiläums Gesellschaft kurz vor Beginn des Jubiläumsjahrs 2020 hat viele in der Stadt überrascht. Haben Sie Sorge, dass sich das negativ auf das Festprogramm auswirken könnte?

Schneider-Bönninger: Ich meine, wir haben allen Anlass, optimistisch zu sein. Allein aus den ersten drei Förderrunden fließen acht Millionen Euro für Veranstaltungen und Projekte nach Bonn, das ist kein geringer Betrag. Hinzu kommen die Programme der großen bundesgeförderten Einrichtungen in Bonn. An der grundsätzlichen Linie ändert sich ja auch nichts. Die Jubiläums-gGmbH wird mit Malte Boecker und Ralf Birkner alles dransetzen, das Programm weitgehend so umzusetzen, wie es veröffentlicht wurde. Und schließlich hat die Gesellschaft mit dem Beethovenfest, dem Theater und dem Beethoven Orchester großartige Mitstreiter, die das Jubiläum in Bonn ganz wesentlich mitgestalten und prägen. Nehmen Sie nur einmal Dirk Kaftan, der mit seinen Ideen, Projekten und Formaten einen ganz eigenen Beethoven-Spirit erzeugt.

In der freien Kulturszene gibt es häufig Kritik, die Stadt unterstütze sie finanziell zu wenig...

Schneider-Bönninger: Im Vergleich zu anderen Städten würde ich das so nicht unbedingt sagen. Aber auch da werde ich mir Gedanken machen, wie man die freie Kultur noch besser unterstützen kann. Ich habe in der freien Szene eine Aufbruchstimmung festgestellt und sehe den großen Wunsch nach einem intensiveren Dialog mit uns. Dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern insbesondere um die Wertschätzung und Anerkennung dieser Arbeit. Für mich ist die freie Szene auch immer der Entwicklungsmotor einer Stadt. Das kann man zurzeit sehr schön an der Nutzung und Bespielung der alten VHS sehen. Ich finde es fantastisch, was die freie Kulturszene dort selbst verwaltet auf die Beine bringt. Ein anderes positives Beispiel ist die Initiative in Beuel, die das Kreativquartier entwickeln will.

Welche Prioritäten haben Sie sich bis Ende des Jahres gesetzt?

Schneider-Bönninger: Ganz oben auf der Liste steht für mich die Umsetzung der Ergebnisse aus der Sportentwicklungsplanung: Wir müssen ein Bewusstsein erzeugen, wie wichtig es ist, die Jahrhundertaufgabe der Sanierung im Sportbereich anzunehmen. Dieser Plan darf kein Schubladenpapier werden.

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