Diskussion in der Bonner Uni Kritik an verkürzter Lehrerausbildung

Bonn · NRW-Staatssekretär kündigt bei einer Diskussion an der Universität Verbesserungen an. Auch die Überforderung von Lehrkräften wird thematisiert.

 Diskutieren angeregt (v. l.): Armin Himmelrath, Mathias Richter, Annette Scheersoi, Peter Geiss und Jürgen Nimptsch.

Diskutieren angeregt (v. l.): Armin Himmelrath, Mathias Richter, Annette Scheersoi, Peter Geiss und Jürgen Nimptsch.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Hörsaal I der Uni Bonn ist locker gefüllt am Montagabend, als Prorektor Klaus Sandmann die Podiumsdiskussion eröffnet. Etwas mehr als eine Stunde wurde über die Anforderungen und die Ausbildung künftiger Lehrkräfte unter dem Titel „Was brauchen gute Lehrerinnen und Lehrer?“ diskutiert. Die Veranstaltung gehörte zum Jubiläumsprogramm der Universität und präsentierte im Anschluss studentische Forschungsprojekte in einer Ausstellung.

Auf dem Podium saßen Mathias Richter, Staatssekretär im NRW-Schulministerium, Jürgen Nimptsch, langjähriger Schulleiter der Integrierten Gesamtschule Bonn-Beuel und ehemaliger Oberbürgermeister, Annette Scheersoi von der Fachdidaktik Biologie, Peter Geiss aus der Abteilung der Didaktik der Geschichte und Lasse Brauner, Referendar in Bonn. Moderiert wurde die Diskussion von Autor Armin Himmelrath.

Bei der Frage nach aktuellen und künftigen Anforderungen fand besonders das Thema der Inklusion große Aufmerksamkeit. Hierzu fehlen Inhalte im Studium, berichtet Lasse Brauner aus seinem Referendariat: „Wir müssen jetzt schauen, wie wir damit umgehen.“ Auch Staatssekretär Richter bestätigte die Probleme und den Handlungsbedarf. Durch Erfahrungsberichte aus dem Publikum bekam auch die häufige Überforderung von Lehrkräften Aufmerksamkeit. Hier diagnostizierte Geiss eine zu schlecht funktionierende Kommunikation – die Probleme, von denen die Praxis berichten könne, müssten gerade bei der Inklusion ernst genommen werden.

Insgesamt ließ sich als große Konfliktlinie die Frage nach der Relation von pädagogischen und fachlichen Inhalten im Studium ausmachen. Die Lehrerausbildung an der Universität Bonn ist bereits durch eine starke Verbindung der Fachbereiche geprägt: Lehramtsstudenten besuchen zum Beispiel dieselben Veranstaltungen wie ihre Kommilitonen ohne dieses Studienziel.

Studieninhalte, wie der Umgang mit Inklusion, sollten besser eingebunden werden, forderte Jürgen Nimptsch, schließlich unterrichte man „Kinder und nicht Fächer“. Dagegen stellte Geiss fest, dass Kinder und Fächer keinen Gegensatz darstellen müssten und man durch breite fachliche Ausbildung mit der Begeisterungsfähigkeit von Kindern besser arbeiten könne. Auch eine Lehrerin im Publikum berichtete von fachlichen Lücken bei Referendaren oder Studenten und plädierte für eine umfassende fachliche Bildung.

Um dies zu bewältigen, sei jedoch die Verkürzung des Referendariats bei gleichzeitiger Steigerung der Inhalte nicht förderlich gewesen, so Scheersoi. Innerhalb dieser Frage fällt der Bericht Lasse Brauners auf: Für ihn sei ein sehr wichtiger Teil des Lehrerdaseins die Fähigkeit zur Selbstreflexion.

In der Schlussrunde zeigten sich alle Beteiligten versöhnlich – auch bei der Frage der Relation von Fachlichkeit und Pädagogik. Staatssekretär Richter teilte mit, die Landesregierung plane, den aktuellen Lehrermangel kurz- und langfristig zu verbessern und dabei auch die Ausbildung künftiger Lehrer mit einzubeziehen. Aktuell kommt ein Professor auf 95 Studenten. Eine bessere Verzahnung der Ausbildungsteile wie Inklusion und Medienkompetenz müsse dringend erfolgen, war man sich einig.

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