Erlebbare Stadtgeschichte Kostenlose Führungen in Bonner U-Bahn-Haltestellen

Bonn · Bei der U-Bahn-Woche führt die Werkstatt Baukultur Bonn Besucher durch die markanten U-Bahn-Haltestellen der Stammstrecke. Jede von ihnen weist Besonderheiten auf.

Der geschwungene Aufgang in Richtung Stockenstraße ist eine Besonderheit der U-Bahn-Haltestelle Universität/Markt.

Der geschwungene Aufgang in Richtung Stockenstraße ist eine Besonderheit der U-Bahn-Haltestelle Universität/Markt.

Foto: Thomas Kölsch

Jeder kennt sie, fast jeder nutzt sie, aber nur wenige nehmen sie richtig wahr: Die Haltestellen der Bonner U-Bahn sind für die meisten Menschen nicht viel mehr als Umsteigepunkte zwischen Arbeit und Privatleben, Wartehallen in Plastik und Keramik, in denen man nicht mehr Zeit verbringen möchte als nötig.

Dabei können die Stationen der sogenannten Stammstrecke zwischen dem Bonner Hauptbahnhof und Bad Godesberg die Stadtgeschichte auf eine ganz eigene Art erlebbar machen, wie die Werkstatt Baukultur Bonn eindrucksvoll beweist. Der Verein bietet bei seiner U-Bahn-Woche kostenlose Führungen durch fünf verschiedene Stationen an, um auf ihre architektonischen Besonderheiten hinzuweisen und so dafür zu werben, sie zu Baudenkmälern zu erklären. Denn tatsächlich verbirgt sich hinter der Fassade mehr, als auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Die Bonner U-Bahn war Ende der 1960er Jahre ein Prestigeprojekt der Bundesregierung und ein Versuch, das einstige Bundesdorf zumindest symbolisch zur Großstadt zu erklären. „Bonn war bei der Eröffnung der Stammstrecke am 20. März 1975 die kleinste Stadt in Westdeutschland mit einem derartigen Streckennetz“, erklärte Alexander Kleinschrodt von der Werkstatt Baukultur bei der ersten Führung am Montagabend in der Haltestelle Universität/Markt. „Dabei legte man Wert auf ein modernes, zukunftsweisendes Design: weiche Kanten, Vieleck-Formen oder auch Lichtbänder, die mich immer an die Weltraumästhetik aus dem Film '2001' erinnern.“

Uni gelbgrün, Juridicum blau

Architekt Alexander Freiherr von Branca, der später auch einige Münchener U-Bahn-Stationen gestaltete, hatte sogar die einzelnen Haltestellen mit Kennfarben versehen. Gelbgrün für die Uni, blau für das Juridicum, schokobraun für das Museum Koenig. „Leider werden bei Reparaturen häufig Elemente verwendet, die nicht in den Originalfarben vorliegen oder eine andere Schriftart verwenden – dabei wäre gerade so etwas vermeidbar“, sagte Kleinschrodt. „Es fehlt einfach die Sensibilität für den Denkmalschutz. Immerhin sind die U-Bahn-Stationen Zeitkapseln für Architekturgeschichte.“

Bei den zahlreichen Zuhörern traf er damit auf offene Ohren. „Ich bin 1976 als Student in Bonn gewesen. Aber damals habe ich kaum mitbekommen, dass es in der Stadt eine U-Bahn gibt“, sagte Helmut Bolt. „Ich finde es aber extrem spannend, die Hintergründe zu den Stationen zu erfahren.“ Ähnlich äußerte sich Bettina Nöthe. „Ich finde es bewundernswert, dass die Werkstatt Baukultur so ein Angebot macht und Bürger über Gestaltungsideen aus jener Zeit aufklärt.“

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