Fehlerhaftes Bauprojekt in der Bonner Innenstadt Haus der Bildung: Teures Chaos auf der Baustelle

Bonn · Wie konnte das Prestigeprojekt „Haus der Bildung“ so schieflaufen? Ein vertraulicher Bericht des Rechnungsprüfungsamtes enthüllt, warum die Kosten für das Bauprojekt um acht Millionen Euro gestiegen sind.

Eröffnungstermin mehrfach verschoben, der Bau acht Millionen Euro teurer als geplant: Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) hat dem zuständigen Ratsausschuss eine akribische Untersuchung vorgelegt.

Der vertrauliche 300-Seiten-Bericht, der dem GA vorliegt, seziert die geradezu chaotischen Zustände, die über Jahre auf der Baustelle am Mülheimer Platz geherrscht haben. Aus den Fehlern, fordern die Prüfer, müsse das Städtische Gebäudemanagement Bonn (SGB) künftig lernen.

Fehler 1: Zu niedrige Kostenplanung. Im April 2010 beschloss der Rat den Umbau des Alten Stadthauses und die Errichtung eines Anbaus für rund 19,4 Millionen Euro. Dabei wusste das SGB zu diesem Zeitpunkt laut RPA-Bericht längst, dass es eher 21 Millionen Euro werden würden. Um die politische Vorgabe zu halten, setzte das SGB überall den Rotstift an – bis hin zur Innendämmung, die ohnehin nur dem Mindeststandard der damaligen Energiesparverordnung entsprach.

Als auch das nicht reichte, kürzte es sämtliche Posten pauschal um fünf Prozent und verlor damit jegliche Sicherheitspuffer. Gerade wegen der Unwägbarkeiten beim Umbauten „im Bestand“ wäre aber ein Risikozuschlag von 20 Prozent nötig gewesen, so die Prüfer.

Fehler 2: Kommunikations- und Kompetenzprobleme. Neben dem Gewinner des Architektenwettbewerbs hatte das SGB auch einen externen Projektsteuerer engagiert. Doch: „Mangelnde Abgrenzung von Aufgaben und Kompetenzen führte immer wieder zu Missverständnissen in den Kommunikationswegen und Verantwortlichkeiten“, heißt es im RPA-Bericht.

Dem Architekten werfen die Prüfer vor, nicht alle Koordinationsaufgaben erfüllt zu haben. Das Büro, das mit der Stadt noch immer über offene Rechnungen und mögliche Mängel streitet, wollte sich auf GA-Anfrage vorerst nicht äußern. Das SGB war zudem auch mit dem externen Projektsteuerer unzufrieden, weil der mit einer zu großen Zahl anderer Bauprojekte – zum Beispiel im Sportpark Nord – überlastet gewesen sei.

Fehler 3:Überforderung im SGB. Der städtische Projektleiter schulterte von 2011 bis Herbst 2014 alle Bauherrenaufgaben allein. Gleichzeitig lief die Fertigstellung des World Conference Centers Bonn (WCCB), für deren Kontrolle der leitende SGB-Mann ebenfalls zuständig war. Als die RPA-Prüfer sich später sein Büro anschauten, stießen sie auf „lose Blattsammlungen“, wo sie eine geordnete Aktenablage erwartet hätten. So blieben Nachträge von Firmen lange unbearbeitet, was zu weiteren Verzögerungen auf der Baustelle führte. Insolvenzen und unzuverlässig arbeitende Auftragnehmer sorgten für weitere Probleme.

Planungs- und Ausschreibungsmängel

Erst nachdem das SGB Ende 2014 eine neue Projektleitung installiert hatte, konnte das Haus der Bildung vollendet werden – im August 2015 mit anderthalb Jahren Verzug. Ob es bei Endkosten von rund 27 Millionen Euro bleibt, ist unklar, weil die Stadt noch mit Firmen im Streit liegt: Wie hoch die Schadensersatzforderungen gegen die Stadt und umgekehrt sind, wollte Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann mit Verweis auf laufende juristische Auseinandersetzungen nicht beantworten.

Laut RPA haben allein die „Planungs- und Ausschreibungsmängel“ beim Rohbau Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro verursacht. Durch das vom SGB ignorierte Risiko „Bauen im Bestand“ und Ersatzvornahmen kamen weitere 1,1 Millionen Euro dazu. Fazit der Prüfer: „Professionelle Projektorganisation, Kostentransparenz, Bauherrenkompetenz sowie Vergabe- und Vertragsgestaltung“ seien „in vielen Bereichen stark verbesserungswürdig“ gewesen.

Bis auf Detailfragen sieht das auch Marion Duisberg so, die das SGB seit Jahren kommissarisch leitet. „Prinzipiell“, schreibt sie in einer vertraulichen Stellungnahme, stimme sie dem Prüfbericht zu. Der kritisierte Projektleiter sei jetzt in einem anderen Bereich des SGB eingesetzt, teilte Vize-Stadtsprecher Hoffmann mit. Derzeit werte die Stadt den Prüfbericht „vor dem Hintergrund möglicher arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ aus.

Zur Beethovenhalle schweigt die Stadt

Und welche Konsequenzen zieht das SGB aus den RPA-Empfehlungen? Dazu sagte Hoffmann nur: „Es handelt sich um allgemeingültige Empfehlungen, die bei sorgfältiger Umsetzung von Planungs- und Bauarbeiten zu beachten sind und daher auch beachtet werden.“ Zum Stand der Sanierung der Beethovenhalle schweigt die Stadt im Moment. Im Januar ging sie noch von 61,5 Millionen Euro Gesamtkosten aus. Bei der Beethovenhalle hat Stadtdirektor Wolfgang Fuchs die politische Federführung, während die Bauherrenfunktion wieder beim SGB liegt – in Zusammenarbeit mit einem externen Projektsteuerer.

Wie berichtet, nimmt die Organisationsarbeitsgruppe des Stadtdirektors die Abläufe im SGB seit März 2015 unter die Lupe. Der Abschluss „der komplexen Untersuchung“, so Hoffmann, sei zum Jahresende geplant.

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