Deutliche Überschreitungen der NO2-Werte Kommt das Diesel-Fahrverbot in Bonn?

Bonn · Ein wegweisendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen steht noch aus. Nach Einschätzung des Bonner Umweltamtes wird es in den nächsten Jahren kaum möglich sein, die Höchstwerte ohne Diesel-Fahrverbote einzuhalten.

 Auf der Reuterstraße werden Schadstoffemissionen gemessen – und Höchstwerte überschritten.

Auf der Reuterstraße werden Schadstoffemissionen gemessen – und Höchstwerte überschritten.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Kölner Bezirksregierung bereitet konkrete Szenarien für ein mögliches Diesel-Fahrverbot in Bonn, Köln und Aachen vor. Die für die Luftreinhaltepläne zuständige Aufsichtsbehörde kann ein Fahrverbot allerdings nicht direkt in die Pläne hineinschreiben, weil das Land NRW ein Verbot zurzeit nicht für zulässig hält. Ein wegweisendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu rechtlichen Voraussetzungen steht noch aus.

Zum Hintergrund: Die Stiftung Umwelthilfe hat gegen die Luftreinhaltepläne mehrerer deutscher Städte Klage eingereicht, weil diese seit Jahren die Höchstwerte für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) überschreiten. Vanessa Nolte, Pressesprecherin der Bezirksregierung, teilte dazu mit: Vorsorglich sei es geboten, „in der Fortschreibung das Erfordernis von Diesel-Fahrverboten zu prüfen und die entsprechenden Szenarien vorzubereiten“. Details stünden noch nicht fest.

Die Kölner Behörde sieht aktuell keine andere Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstwerte zeitnah ohne diesen Schritt einhalten zu können. „Es liegen leider keine anderen, ähnlich schnell umsetzbaren und wirkungsvollen Maßnahmen vor“, sagte Nolte. Im Bonner Umweltausschuss am Mittwochabend hatte Dieter Misterek aus dem städtischen Umweltamt die Politiker auf den aktuellen Stand der Fortschreibung gebracht, die bis Ende des Jahres erfolgen soll.

Umweltbelastung durch Rheinschiffe

Die Stadt entwickelt die Maßnahmen für eine sauberere Luft gemeinsam mit der Bezirksregierung. Auch nach Mistereks Einschätzung wird es in den nächsten Jahren kaum möglich sein, „ohne Diesel-Fahrverbote die Höchstwerte einzuhalten“. Fahrzeuge mit Dieselmotor produzieren mehr Stickstoffdioxid als Ottomotoren. Misterek nannte dazu Zahlen: Obwohl Diesel weniger als die Hälfte der in Bonn verkehrenden Fahrzeuge ausmachen, blasen sie 80 Prozent der Schadstoffe in die Luft.

Zwar produzierten laut Misterek Rheinschiffe mit ihren oft alten Motoren anteilig mehr Stickstoffdioxide als der Autoverkehr. Aber die dort entstehenden Schadstoffe wirkten sich kaum auf die Luftqualität in den vielbefahrenen Straßen aus. Das beschlossene Radvermietsystem und der diskutierte Bau einer Seilbahn könnten aus Sicht Mistereks helfen, die Luft zu verbessern. „Das sind alles attraktive Projekt.“ Doch bis sie wirkten, dauere es. Er nannte als weiteres Langzeitprojekt die Überlegungen der Stadtwerke, ihre Busflotte bis 2030 komplett auf Elektroantrieb umzustellen.

Weiterhin ablehnend zu einem Fahrverbot äußerte sich Umweltdezernent Helmut Wiesner: „In Deutschland gilt das Verursacherprinzip. Fakt ist, dass durch Betrug in der Autoindustrie Diesel-Autos teilweise den achtfachen Schadstoffausstoß produzieren, wie auf dem Papier steht.“ Der Fehler liege im Auto selbst. Ihm leuchte es überdies nicht ein, wer auf welche Weise ein solches Fahrverbot durchsetzen sollte. „Wir erkennen diese Autos ja nicht ohne Weiteres.“ Wiesner setzt auf die Stärkung von Nah- und Radverkehr.

Landesumweltamt misst auf der Reuterstraße

Hartwig Lohmeyer (Grüne) forderte an genau diesen Stellen mehr Investitionen. „Es wäre konsequent, hier viel Geld in die Hand zu nehmen.“ Marcel Schmitt (Bürger Bund Bonn) und Elisabeth Struwe (Allianz für Bonn) erinnerten an große Bauprojekte, die man an Reuterstraße und B9 gegen ihre Stimmen auf den Weg gebracht habe. Die zusätzlichen Verkehre würden für weitere Schadstoffe sorgen.

Ein mögliches Diesel-Fahrverbot gilt nach einem Verwaltungsgerichtsurteil in Düsseldorf nicht mehr als unwahrscheinlich. Die Richter hielten die Düsseldorfer Bezirksregierung darin an, ein solches Fahrverbot ernsthaft zu prüfen. In Bonn misst das Landesumweltamt auf Reuterstraße und Bornheimer Straße seit Jahren Überschreitungen der gesetzlich erlaubten NO2-Werte, die bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen.

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