Rentner verklagt SWB-Fahrer Knochenbrüche nach Sturz im Bus

BONN · Vor gut einem Jahr, am 29. Januar 2014, stieg Rolf Koenen am Bonner Bahnhof in den Bus. Kurze Zeit später brach er sich das Jochbein und den Kiefer.

Der 76 Jahre alte Mann aus Swisttal-Buschhoven, der an jenem Tag Besorgungen in der Bonner Innenstadt zu machen hatte und danach, wie gewöhnlich, in der ehemaligen Bushalle an der Karlstraße einkaufen gehen wollte, hat Probleme mit den Beinen und dem Rücken und geht am Stock. Er fragte den Busfahrer noch, ob der zur Karlstraße führe. Dieser bejahte.

Eine Frau, die direkt hinter dem Fahrer saß, bot dem körperlich beeinträchtigten Mann ihren Sitzplatz an. Gerade, als Koenen sich dort setzen wollte, sei der Bus scharf angefahren, berichtet Koenen. Er fiel in den Gang, brach sich das Jochbein und den Kiefer, verlor sein Gebiss und musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Elf Tage wurde er stationär behandelt. Seitdem habe er unter den finanziellen Folgen des Unfalls zu leiden, sagt der Heizungs- und Sanitärinstallateur im Ruhestand, unter den körperlichen, denn neben den Knochenbrüchen habe sich auch der Zustand seines Rückens verschlechtert, und unter den psychologischen, denn vor dem Busfahrer hat er nun Angst. "Früher war es für mich schon anstrengend, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Jetzt geht gar nichts mehr. Ich muss mir immer ein Taxi nehmen."

Koenen macht die Stadtwerke Bonn (SWB) und den Busfahrer für seinen Zustand verantwortlich. Doch der Verkehrsbetrieb sieht die Sache so: Wer einen Bus betritt, der muss selbst für einen sicheren Halt sorgen - jedenfalls im Normalfall. Auch Gerichtsurteile geben dem Verkehrsbetrieb in dieser Hinsicht recht. Dass es sich nicht um ein normales Einsteigen oder ein normales Anfahren des Busfahreres gehandelt hat, muss erst einmal nachgewiesen werden.

Koenen hat sich also mit Hilfe von Zeitungsanzeigen auf die Suche nach Zeugen gemacht, allerdings erfolglos. "Das Problem ist, dass bei solchen Unfällen die Betroffenen natürlich alles andere im Kopf haben, als direkt Zeugen anzusprechen und sich ihre Kontaktdaten aufzuschreiben", sagt sein Rechtsanwalt Andreas Föhr. Der Experte für Strafrecht und Verkehrsrecht vertritt immer wieder Mandaten in ähnlich gelagerten Fällen gegen die SWB.

"Das Schadensmanagement der Stadtwerke ist aus Sicht der Betroffenen suboptimal", sagt Föhr. Als Entschädigung haben die Stadtwerke Koenen 300 Euro angeboten. "Das ist lächerlich, verglichen mit meinem Schaden - allein das neue Gebiss hat deutlich mehr gekostet." Zumal Koenen eine Abfindungserklärung hätte unterschreiben und auf alle Ansprüche gegen Dritte verzichten müssen. Weil ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die SWB ohne Zeuge wenig Erfolg verspricht, hat Koenen Strafanzeige gegen den Busfahrer wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben, ein Gerichtstermin ist für März anberaumt.

Zu dem laufenden Verfahren wollten sich die Stadtwerke auf Anfrage nicht äußern. Ganz allgemein sei es nicht Pflicht der Fahrer, die Fahrgäste zu beobachten, sagte SWB-Sprecher Werner Schui. Lediglich wenn Fahrgäste eine erkennbar schwere Behinderung wie eine Amputation oder Blindheit hätten, müssten Fahrer darauf achten, dass sie nicht gefährdet werden.

Darauf würden die Busfahrer, gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel und die älter werdende Gesellschaft, auch geschult. In einem Schreiben der Stadtwerke an Koenen, das dem General-Anzeiger vorliegt, heißt es: Koenen habe nach dem Schließen der Bustüren damit rechnen müssen, dass der Bus von der Haltestelle abfährt und sich hinreichend festen Halt verschaffen müssen. Denn ganz grundsätzlich ist jeder Fahrgast eines öffentlichen Verkehrsmittels dazu verpflichtet. "Das steht in den Beförderungsbedingungen und wird so gehandhabt, seit es den öffentlichen Nahverkehr gibt", so Schui. Seiner Meinung nach müsse dann aber auch auf den Busse stehen: "Betreten auf eigene Gefahr", sagt Koenen.

Wer hat den Unfall am Mittwoch, 29. Januar 2014, gegen 15.25 Uhr, im Bus der Linie 609 am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) beobachtet? Zeugen können sich beim Anwalt von Rolf Koenen, Andreas Föhr, Anwaltssozietät Franken-Grillo-Steinweg unter 0228/9699911

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