Steigende Personalkosten Kleine Kitas fürchten das Aus

Bonn · Seit September 2015 jubeln auch Bonner Erzieher über die erzielten Tariferhöhungen für den Sozial- und Erziehungsdienst. Seither sehen sich aber gerade kleine Kindertagesstätten (Kitas) in großer finanzieller Not. „Nach den Tarifsteigerungen für Erzieher können die Träger die Personalkosten kaum mehr zahlen."

 Die Mädchen und Jungen der Kita Huckepack spielen mit der Erzieherin und Vorsitzenden Désirée Grothues im Sandkasten.

Die Mädchen und Jungen der Kita Huckepack spielen mit der Erzieherin und Vorsitzenden Désirée Grothues im Sandkasten.

Foto: Roland Kohls

Unsere Einrichtung befürwortet eine Aufwertung des Erzieherinnenberufs und begrüßt das Tarifergebnis“, erklärt Désirée Grothues für die Elterninitiative Huckepack, die in der Gronau seit mehr als 25 Jahren 18 Kinder im Alter von eins bis sechs Jahren betreut.

„Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, dass wir nicht genau wissen, wie wir unsere Kita in Zukunft finanzieren sollen“, ergänzt sie, und die Anspannung ist bei Grothues deutlich spürbar. Denn die Verträge ihrer drei Erzieherinnen und einer Kinderpflegerin seien an diesen neuen Tarif gekoppelt.

Und der sehe eine deutliche Erhöhung der Gehälter rückwirkend zum 1. Juli 2015 vor. „Die Zuschüsse von Stadt und Land wurden bislang aber nicht entsprechend angepasst. Viele nicht-städtische Einrichtungen sind deshalb von Schließung bedroht“, behauptet Grothues.

Probleme wie diese sind Susanne Seichter natürlich bekannt. Die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Bonn vertritt zwei Dutzend hiesige Kitas, darunter auch Huckepack. 2015 hatte sich der Verband im Rahmen der landesweiten Kita-Streiks auf die Seite der Demonstrierenden gestellt.

Neuer Tarif hat weitere Auswirkungen

Jetzt erläutert Seichter, dass die finanzielle Lage kleiner Anbieter seit Langem prekär sei. Der neue Tarif habe natürlich weitere Auswirkungen, „aber nicht in der Weise, dass sie wirklich von Existenzängsten bedroht sein müssten“, schränkt sie ein.

Man warte momentan darauf, dass der Referentenentwurf zum aktuellen Kinderbildungsgesetz (Kibiz), der nur eine Übergangsregelung für drei Jahre bilden soll, bald vom Land beschlossen werde. Das hieße ab 2016 eine Verdoppelung der Steigerung der Kindpauschalen von 1,5 auf drei Prozent.

Warum klagten also kleine Träger?

Sie müssten die Tarifsteigerungen bislang rückwirkend selbst zwischenfinanzieren, antwortet Seichter. „Sie haben das im Prinzip auch geschafft, zum Teil haben sie Rücklagen. Oder sie sparen bei Sachkosten, strukturieren ihren Einkauf neu. Dann gibt es eben kein Bio-Essen mehr.“ Oder keine zusätzliche Soziales-Jahr-Leisterin im Team.

Ob das nicht allzu sehr an die Qualität gehe? Ja sicher, antwortet Seichter. „Aber da kann man nichts machen. Da speckt man eben an der Stelle ab, wo es geht.“ Sie rechne damit, dass die vom Verband vertretenen Bonner Träger „einigermaßen Oberkante Unterlippe stehen bleiben“ können, bis es 2019 ein neues Kibiz geben werde. Mit den Einrichtungen, für die es derzeit eng werde, führe der Verband Gespräche.

„Und wir finden auch Wege, wie es weitergehen kann.“ Elterninitiativen mögen doch bitte auch die Hilfe des Jugendamts nutzen, meint Seichter. „Das berät, sämtliche Möglichkeiten, die das Kibiz bietet, auch auszuschöpfen.“

Was die Huckepack-Vorsitzende Désirée Grothues derzeit wenig trösten kann. Auf GA-Nachfrage legt sie Zahlen auf den Tisch: Die Mehrbelastung durch Tariferhöhung betrüge für das laufende Kita-Jahr 12 000 Euro. Werde die Kindpauschale wirklich erhöht, könne die Elterninitiative die entstandene Deckungslücke trotzdem nicht vollständig schließen. „Für unsere Einrichtung bedeutet dies knapp 3000 Euro zusätzlich.

Die Dynamisierungsquote reicht also nicht aus, den Kostensteigerungen nachzukommen“, sagt Grothues. Zudem müsse man die Tariferhöhung rückwirkend zum 1. Juli 2015 selbst auffangen. Die Vorsitzende ist enttäuscht: Die Politik lasse kleine Einrichtungen allein und ignoriere das Problem.

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