GA-Serie: Bonner Köpfe Klaus-Peter Kapellner hat einen Lebenslauf wie ein Geschichtsbuch

Bonn · Klaus-Peter Kapellner war mehr als 45 Jahre als Polizist im Einsatz und seit 2014 Leiter der Bonner City-Wache. Während seiner Dienstzeit hat er vieles erlebt: von der Fußballweltmeisterschaft bis zum Gladbecker Geiseldrama.

 Klaus-Peter Kapellner vor der Bonner City-Wache. Sie leitete er am Ende seiner Laufbahn vier Jahre lang bis zu seiner Pensionierung.

Klaus-Peter Kapellner vor der Bonner City-Wache. Sie leitete er am Ende seiner Laufbahn vier Jahre lang bis zu seiner Pensionierung.

Foto: Benjamin Westhoff

Anti-Terroreinsätze, Weltwirtschaftsgipfel, Fußball-Weltmeisterschaften 1974 und 2006, Objektschützer zu Bonner Hauptstadtzeiten, Gladbecker Geiseldrama: Sein Lebenslauf liest sich wie ein Geschichtsbuch der deutschen Nachkriegszeit. „Nein“, sagt Klaus-Peter Kapellner, „langweilig war es wirklich nie. Bei allen wichtigen Ereignissen der letzten Jahrzehnte war ich dabei.“ Mehr als 45 Jahre war der 62-Jährige als Polizist in ganz NRW im Einsatz, seit 2014 dann Chef der City-Wache in der Bonner Innenstadt. Seit Anfang des Monats hat das Leben des Polizeihauptkommissars einen anderen Rhythmus: Kapellner hat seinen Schreibtisch an der Bornheimer Straße geräumt und sich in den Ruhestand verabschiedet. Als sein Nachfolger leitet Norbert Tannert jetzt die Wache.

Beim Blick zurück wird Kapellner dankbar und demütig zugleich. „Natürlich wurde ich schon mit Messern und Pistolen bedroht. Aber mir ist nie etwas passiert“, erzählt er. „Zum Glück musste ich allerdings auch nie auf einen Menschen schießen.“ Wichtig sei, dass man stets wachsam ist und nicht in Routine verfällt. Auch im Ruhestand funktionieren seine Schutzmechanismen: „Wenn ich mit jemandem spreche, den ich nicht kenne, dann habe ich stets die Hände vor der Brust, um mich im Ernstfall schnell verteidigen zu können“, sagt er. „Das ist mir in den vielen Jahren im Polizeidienst in Fleisch und Blut übergegangen.“

Geboren in Marl, bewarb er sich 1972 als 16-Jähriger für die Grundausbildung zum „Mittleren Polizeivollzugsdienst“. Nur zwei von 24 Bewerbern wurden genommen. „685 Deutsche Mark habe ich damals verdient. Das war ganz ordentlich“, schmunzelt er.

Erste Station nach der Ausbildung war die Bereitschaftspolizei. „Damals war ich bei der WM eingesetzt und habe eigentlich einen der besten Plätze im Stadion gehabt“, erinnert er sich. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre ging es zum Objektschutz nach Bonn. „Das war die Zeit, als auch wir vom Haarerlass betroffen waren. Am Bahnsteig erkannte man sofort, wer bei der Bundeswehr oder der Polizei arbeitete“, sagt er und lacht.

Nach weiteren Prüfungen besuchte er die Fachhochschule in Köln. Mit dem Diplom in der Tasche kam er zurück nach Bonn und gehörte zum Team des Schutzbereichs 1, dem damaligen Regierungsviertel. Die Überwachung aller Kölner Telefonzellen im Rahmen der Ermittlungen zur Schleyer-Entführung, die Vorbereitung des Weltwirtschaftsgipfels, die Friedenskundgebungen und Kontrollen per Hubschrauber gehörten zu seinem Arbeitsalltag. An der Verfolgung der Gladbecker Geiselnehmer Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner sowie dem Zugriff auf der A 3 war Kapellner ebenfalls unmittelbar beteiligt. Einsätze, die er mit Routine absolvierte.

Den 5. Mai 2012 werde er allerdings nie vergessen: An diesem Tag eskalierte eine Kundgebung der rechtsextremen Partei Pro NRW vor der König-Fahd-Akademie in Bad Godesberg. Die Stimmung kippte binnen Sekunden, als Pro-NRW-Anhänger Islam-Karikaturen zeigten. Zwei Polizisten wurden bei den Ausschreitungen durch Salafisten verletzt. „Es dauerte lange, bis wir uns zu den verletzten Kollegen vorgearbeitet hatten. So etwas hatte ich zuvor selbst mit der Einsatzhundertschaft nicht erlebt.“ Würde er sich dennoch wieder für den Polizeidienst entscheiden? „Jederzeit“, antwortet er ohne Zögern.

In Zukunft wird der 62-Jährige mehr Zeit für Freunde und Familie – Sohn, Tochter und einen fünfjährigen Enkel – haben. Auch die Hobbys rücken jetzt stärker in den Vordergrund. Wandern und Radfahren im Kottenforst oder entlang des Rheinufers gehören zu seinen liebsten Freizeitbeschäftigungen. Zwar im „Pott“ geboren, ist Kapellner mittlerweile im Rheinland heimisch. „Dazu gehört der Karneval. Ich gehöre schon eine Ewigkeit zu den Wiesse Müüs.“

Und so ganz aufs Altenteil zurückziehen will er sich dennoch nicht. Bei einer Erstaufnahmeeinrichtung der Bezirksregierung will er künftig aushelfen.

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