Ex-WCCB-Investor Kim reist als Häftling in die Heimat zurück

BONN · Der Traum vom baldigen Leben in Freiheit ist für den ehemaligen Investor des World Conference Center Bonn ausgeträumt: Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat das Auslieferungsersuchen von Kims Heimat Südkorea als zulässig und damit für rechtens erklärt. Das teilte OLG-Sprecher Martin Kessen am Mittwoch mit.

Damit steht fest: Der im Mai 2013 von der Wirtschaftsstrafkammer wegen besonders schweren Betruges zum Nachteil der Stadt Bonn und der südkoranischen Investmentfirma Honua zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilte Kim wird nicht wie geplant in die Türkei abgeschoben und damit in die Freiheit entlassen.

Ende Januar saß er bereits auf gepackten Koffern, als ihm ein vom WCCB-Insolvenzverwalter erwirkter Erzwingungshaftbefehl präsentiert wurde. Der sollte Kim dazu bringen, endlich Auskunft über den Verbleib vieler verschwundener WCCB-Millionen zu geben.

Der Plan von Insolvenzverwalter Christopher Seagon ging auf. Um endlich das Gefängnis verlassen zu können, zeigte sich Kim auskunftsfreudig und war Seagon zufolge kooperativ. Das Bonner Amtsgericht hob den Erzwingungshaftbefehl auf, und am 8. April sollte Kim in den Flieger nach Istanbul steigen.

Doch der Flug musste unmittelbar vorher wieder storniert werden: Die für das Auslieferungsersuchen zuständige Generalstaatsanwaltschaft Köln erwirkte beim OLG im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens von Südkorea einen weiteren Haftbefehl gegen Kim, um ihn daran zu hindern, sich der Strafverfolgung in seiner Heimat zu entziehen.

Wenn die Bundesregierung der Auslieferung zustimmt, wird Kim, dessen Frau und Kinder während seiner Haft die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielten, gegen seinen Willen und als Häftling zurückkehren in seine Heimat.

Denn, so der OLG-Sprecher: "Gegen ihn besteht ein Haftbefehl des Seoul Central District Court vom 24. Februar 2012". Und diesem Haftbefehl zufolge soll Kim auch in der Heimat betrügerisch tätig gewesen sein. Die südkoreanische Justiz wirft Kim vor, im Juni 2008 Wertpapiere seiner Firma SMI Hyundai Corporation an ein südkoreanisches Unternehmen weit über Wert verkauft zu haben.

Auch in der Stadt Bonn täuschte Kim vor, seine SMI Hyundai sei eine potente Firma, hinter der das Weltunternehmen Hyundai stehe. Ob der ihm in der Heimat vorgeworfene Betrug im Zusammenhang mit seiner damaligen verzweifelten Suche nach Finanzmitteln für das WCCB steht, konnte man beim OLG nicht sagen.

Fest steht: Das Auslieferungsersuchen stützt sich auch auf eine Straftat im Zusammenhang mit der Firma Honua, die Kim seinerzeit unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu brachte, zig Millionen in das WCCB zu investieren.

Wie OLG-Sprecher Kessen klarstellte, hat das OLG nicht geprüft, ob ein hinreichender Tatverdacht gegen Kim bestehe: "Ein hinreichender Tatverdacht wird in Auslieferungsverfahren grundsätzlich nicht geprüft." Es gehe lediglich um die Fragen, ob das Ersuchen die formellen Voraussetzungen erfülle und ob die Tat auch nach deutschem Recht strafbar sei. Das habe der 2. Strafsenat in seinem Beschluss bejaht.

Was Kims bevorstehende Auslieferung für die Schadensersatzforderungen der Stadt Bonn gegen ihn bedeutet, lässt sich noch nicht absehen. Am 24. Januar, kurz vor der erstmals drohenden Abschiebung Kims, reichte die Stadt beim Landgericht schnell noch eine sogenannte Feststellungsklage ein.

In der beantragt die Stadt, erst einmal festzustellen, dass ihr von Kim und auch von seinem ebenfalls im Mai 2013 wegen Betruges verurteilten damaligen Rechtsberater Ha-S. C. aus betrügerischer Handlung mindestens fünf Millionen Euro Schadensersatz zustehen (AZ: 1 O 36/14).

Sollte die 1. Zivilkammer das bejahen, kann die Stadt eine erneute Klage mit einem genau bezifferten Schaden einreichen. Ob und wie die Stadt ihre Forderung im Fall eines Sieges vor Gericht gegen Kim durchsetzen kann, ist fraglich.

Per Dringlichkeitsentscheidung war die Verwaltung im Januar ermächtigt worden, diese "zivilrechtliche Feststellungsklage" gegen Kim und C. zu erheben. Die Dringlichkeit begründete die Verwaltung damals mit der möglichen Entlassung von Kim aus der Haft und Abschiebung ins Ausland zu Ende Januar.

Davon habe sie erst am 20. Januar Kenntnis erlangt. Weil keineswegs gesichert sei, dass der Stadt eine zustellungsfähige Anschrift Kims im Ausland bekanntgegeben werde, sei hinsichtlich der Klageerhebung Eile geboten. Der Stadtrat genehmigte diese Entscheidung nachträglich in seiner Ratssitzung Ende Januar.

Peter Finger (Grüne), der mit Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch die Dringlichkeitsentscheidung unterschrieben hatte, betonte, dass die Stadt diesen Klageweg beschreiten musste, weil sie sonst keine andere Möglichkeit mehr gehabt hätte, ihre Ansprüche gegenüber Kim geltend zu machen.

Wie berichtet, hatte Nimptsch bereits im Dezember 2013 überlegt zu klagen. Eine damalige Dringlichkeitsentscheidung zog er zurück, nachdem Kim einer Verlängerung seiner bereits 2010 abgegebenen Verjährungsverzichtserklärung zugestimmt hatte. Im Rat war die Klage kontrovers diskutiert worden, weil sie für die Stadt mit einem hohen Prozessrisiko, sprich hohen Kosten verbunden sei. Die könnten je nach Höhe der Klagesumme bis zu eine Million Euro betragen.

Die Finanzierung

Im Dezember 2005 entschied der Stadtrat: SMI Hyundai Corporation wird Investor des WCCB und sollte 40 Millionen Euro Eigenkapital beisteuern. Das Land NRW gab einen Zuschuss von 35,79 Millionen, der Bund das Grundstück im Wert von rund 43 Millionen, und ein 74,3-Millionen-Kredit der Sparkasse an die Bauherrn-GmbH des Investors rundete die Finanzierung ab.

Doch das Eigenkapital blieb aus, trotzdem durfte Investor Man-Ki Kim losbauen. Bei der Kapitalakquise Kims kamen schließlich "Heuschrecken" aus Zypern und Hawaii ins Spiel, und eines Tages lag die WCCB-Eigentümerschaft fernab Bonns und später beim Insolvenzverwalter. Nun muss die Stadt die Zeche zahlen.

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