Bonner Friedhöfe Kein Tag ohne Beschwerden

BONN · Auf den 40 Bonner Friedhöfen sprießt das Unkraut. Der Wildwuchs bereitet Probleme. Neben dem ungepflegten Erscheinungsbild beklagen sich immer mehr Bonner auch darüber, dass die Grünabfallbehälter zu selten geleert werden.

Der Alte Friedhof in Bonn zieht mit seinen imposanten Grabmälern bekannter Persönlichkeiten nicht nur Trauernde, sondern immer mehr auch Touristen an. Was die dort teils auf den Gräbern und darum herum erblicken, macht teilweise alles andere als einen gepflegten Eindruck. „Wir können nichts verwahrlosen lassen. Schließlich müssen wir wirtschaftlich sein und uns vermarkten“, sagt Heinz-Josef Houf vom Amt für Stadtgrün.

Das Amt kümmert sich nicht nur um die städtischen Grünflächen, sondern ist auch für die 40 Friedhöfe in den vier Stadtbezirken mit einee Fläche von 1,2 Millionen Quadratmetern zuständig. „Wir erhalten viele Beschwerden, telefonisch oder per Mail. Es vergeht kein Tag ohne“, berichtet Houf. Neben dem ungepflegten Erscheinungsbild beklagen sich immer mehr Bonner auch darüber, dass die Grünabfallbehälter auf den Friedhöfen zu selten geleert werden. „Das ist hier und da sicher versäumt worden“, räumt Houf ein. Aber: „Bei unseren Kontrollen haben wir festgestellt, dass viele offenbar ihren privaten Gartenabfall über den Friedhof entsorgen.“

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, wird gerade an einem neuen Konzept gearbeitet. Danach soll Bonnorange künftig mit einem Spezialfahrzeug die Leerung der Grünabfall-Sammelkörbe übernehmen. Zudem seien viele der rund 200 Mitarbeiter während der Ferienzeit in den Grünanlagen von Schulen und Kindergärten beschäftigt gewesen.

Bestattungsformen waren schon immer ein Teil der jeweiligen Kultur, zeugten von Respekt und Wertschätzung. Doch die Zeiten ändern sich. Der Trend geht auch bei Bestattungen hin zu Billiglösungen. Eine Entwicklung, die Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Auch Bonn muss sich anpassen. „Es ist schwieriger geworden. Wir müssen dringend mit innovativen Angeboten reagieren“, sagt Houf. Zwar ist die Zahl der Bestattungen mit rund 2600 jährlich konstant geblieben, doch der Anteil der Urnengräber – derzeit 60, in den nächsten Jahren rund 80 Prozent – wächst stetig.

Mit der Folge, dass immer größere Flächen brach liegen. Und diese ungenutzten Parzellen bereiten Houfs Mitarbeitern jede Menge Arbeit. „Früher haben Angehörige die Gräber sauber gehalten. Doch jetzt sehen wir, dass große Teile gar nicht mehr genutzt werden oder Familien mit der Pflege offenbar überfordert sind. Immer häufiger breitet sich dann Unkraut auf noch gepflegte Nachbargräber aus“, sagt der Amtsleiter. Die Zahl der Beschwerden nehme dementsprechend zu.

Um das Unkraut besser in den Griff zu bekommen, wurde der Fuhrpark gerade erst um fünf Infrarot-Abflammgeräte erweitert. Damit soll der sichtbare Wildwuchs verbrannt werden – die Wurzel bleibt jedoch in der Erde. „Nach ein paar Wochen ist wieder alles nachgewachsen, und wir müssen erneut ran“, weiß Ulf Rüffer, für Pflege und Unterhalt der städtischen Anlagen zuständig. Das Wetter habe in diesem Jahr ein Übriges getan. „Der feuchte Sommer war für Unkraut geradezu ideal.“

Auch der aggressive Buchsbaumzünsler bereitet den Gärtnerkolonnen Sorgen. Ihm könne man nur per Handarbeit begegnen. Entweder rausreißen oder abschneiden, nach dieser Devise gehen die Mitarbeiter vor. Allerdings nur in den öffentlichen Bereichen der Anlagen. „Das machen wir natürlich nicht auf den Gräbern“, sagt Rüffer. „Das ist die größte Plage, die wir je auf unseren Grünflächen hatten“, fügt Houf hinzu.

Weitergehen wie bisher kann es nicht, weiß Houf. Nicht nur die veränderte Bestattungskultur zwinge zum Umdenken, sondern auch der demografische Wandel. Schon jetzt hat er die Erweiterungsflächen, die im Friedhofskonzept von 1996 ausgewiesen waren, an das Stadtplanungsamt zurückgegeben. Kein Tabu dürfe auch die Schließung kleinerer Friedhöfe sein.

Um den Veränderungen Rechnung zu tragen, bietet das Amt für Stadtgrün verschiedene Bestattungsformen an. „In Bonn gibt es alles – außer Seebestattung“, sagt Houf. Es gibt den Friedhain, den Memoriam-Garten der Friedhofsgärtner-Genossenschaft, die pflegefreien Reihengräber oder Kolumbarien. „Der Trend geht eindeutig hin zu pflegeleicht. Wir müssen in Zukunft mehr All-Inclusive-Angebote machen und den Angehörigen Alternativen anbieten“, ist Houf überzeugt. Dafür müsse man sich jedoch frühzeitig mit dem eigenen Tod beschäftigen. „Aber wer macht das schon?“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort