Fehlende Fläche im Stadtgebiet Kein Platz für neue Firmen in Bonn

Bonn · Einem neuen Gutachten zufolge fehlen rund 218 Hektar Fläche im Stadtgebiet, um die Nachfrage von Unternehmen zu decken. Ein Ausweg wäre eine Kooperation mit den Nachbarn.

 Auch im Gewerbegebiet Buschdorf wird es allmählich immer enger.

Auch im Gewerbegebiet Buschdorf wird es allmählich immer enger.

Foto: Benjamin Westhoff

In den wenigen Gewerbegebieten der Bundesstadt wird es immer enger. Es fehlen rund 218 Hektar, um die potenzielle Nachfrage von Unternehmen zu decken, die sich neu ansiedeln oder ihren Standort erweitern wollen. Das ist das Ergebnis eines neuen Gutachtens im Auftrag der Wirtschaftsförderung. Die Experten raten Bonn dringend, Gewerbe- und Industrieflächen gemeinsam mit den Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis zu vermarkten. Mit einer linksrheinischen Stadt sind die Bonner schon im Gespräch.

„Das Ende der Fahnenstange ist erreicht“, fasste Gutachter Dominik Geyer (Büro Jansen) kürzlich vor dem Wirtschaftsausschuss zusammen. In der Stadt gibt es laut Studie insgesamt noch etwa 36,4 Hektar freie Gewerbeflächen, wovon nur 1,3 Hektar im Mehrschichtbetrieb industriell nutzbar sind. Im Eigentum der Stadt befinden sich 21,5 Hektar, von denen allerdings nur 7,8 Hektar kurzfristig aktiviert werden können. „Ein Unternehmer hat bei einer Standortentscheidung aber nur eine Perspektive von maximal zwei Jahren“, betonte Geyer. Wenn produzierende Firmen abwandern, verstärke sich das Übergewicht des Dienstleistungssektors in Bonn noch mehr. Das berge auch Risiken für die Stadtgesellschaft: Gering qualifizierte Arbeitskräfte könnten „abgehängt“ werden – mit weiter wachsenden Sozialausgaben als Konsequenz.

Zehn zusätzliche Flächen gefunden

Die Gutachter haben das Stadtgebiet einer aufwendigen Analyse unterzogen und zehn zusätzliche Flächen gefunden, auf denen Gewerbe und Industrie zumindest denkbar wären. Bis zum Jahr 2030 könnten dort theoretisch 44 Hektar geschaffen werden. Unter anderem halten die Experten 5,8 Hektar an der Schlesienstraße in Tannenbusch für möglich, 18 Hektar an der Autobahn A 565 zwischen Lengsdorf-Süd und Ückesdorf und 15 Hektar auf dem Messdorfer Feld am Hermann-Wandersleb-Ring.

„Dort sind sicher kontroverse Diskussionen zu erwarten“, räumte Geyer ein. Victoria Appelbe, Leiterin der Bonner Wirtschaftsförderung, kündigte dazu eine Verwaltungsvorlage bis zum Jahresende an. „Wir werden eine politische Befassung mit Potenzialflächen vorschlagen“, sagte sie.

Doch selbst wenn die Zusatzflächen alle erschlossen würden, könnte Bonn die erwartete Unternehmensnachfrage nicht einmal annähernd decken. Die Gutachter haben mithilfe verschiedener Prognose-Methoden bis zum Jahr 2035 einen Bedarf von etwa 254 Hektar für Gewerbe und Industrie ermittelt. Einziger Ausweg: die Kooperation mit den Nachbarkommunen. Im Rhein-Sieg-Kreis, für den das Büro Jansen ebenfalls ein Gutachten erstellt hat, gibt es demnach Flächenreserven von rund 230 Hektar.

Kooperation als einziger Ausweg

Meckenheim entwickelt seinen Industriepark Kottenforst weiter, Rheinbach bereitet 49 Hektar Im Wolbersacker für eine industrielle Nutzung vor, und allein in Bornheim-Süd und Alfter-Nord gibt es demnach noch Flächenpotenziale von etwa 160 Hektar.

Die Bezirksregierung Köln genehmigt im Rahmen eines neuen Regionalplans aber nur dann neue Gewerbeflächen, wenn die jeweilige Kommune den Bedarf dafür nachweist. „Darum ist eine gemeinsame Flächenpolitik mit Bonn eine Win-win-Lösung für alle Beteiligten“, unterstreicht Hermann Tengler, Chef der Wirtschaftsförderung im Rhein-Sieg-Kreis. Die Grundidee: Kosten für Flächenkauf und die Erschließung werden ebenso geteilt wie die Einnahmen aus Steuern. „Es geht aber auch darum, Wertschöpfung und Jobs in die Region zu holen oder hier zu halten“, sagt Tengler.

Die Städte würden jetzt über die Flächenvorschläge der Gutachter beraten. Gemeint sind die linksrheinischen Kommunen, weil die Gegend auf der anderen Seite des Stroms schon stark verdichtet ist. Außerdem sei die Regionalbahn 23 als Verbindung zwischen Bonn und der Eifel ein wichtiger Faktor, so Tengler. Vielleicht gibt es bald ein erstes konkretes Projekt: Mit einer Stadt, berichtete Bonns Wirtschaftsförderin Appelbe, werde bereits intensiv über eine bestimmte Fläche gesprochen.

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