Gastronomie in Bonn Kein Live-Fußball mehr in Kneipen

BONN · Fußballfreunde müssen in der kommenden Bundesligasaison wohl länger suchen, bis sie eine Kneipe finden, in der die Spiele übertragen werden. Denn nach nur einem Jahr hat der Bezahl-Programm-Anbieter Sky die Preise wieder kräftig erhöht.

 Montagabend im Südbahnhof: Nur wenige Gäste sind gekommen, um das Fußballspiel der 2. Bundesliga, 1. FC Kaiserslautern gegen 1860 München, gemeinsam in der Kneipe zu sehen.

Montagabend im Südbahnhof: Nur wenige Gäste sind gekommen, um das Fußballspiel der 2. Bundesliga, 1. FC Kaiserslautern gegen 1860 München, gemeinsam in der Kneipe zu sehen.

Foto: Horst Müller

Zahlreiche Bonner Wirte machen das Spiel nun nicht mehr mit und haben den Sender gekündigt. Der Tenor: Man kann gar nicht so viel Bier verkaufen, um die Mehrkosten aufzufangen.

So ist der Südbahnhof an der Ermekeilstraße künftig keine sogenannte "Sportsbar" mehr. Betreiber Heinz Nauroth ist frustriert: Mitte 2013 sollte er statt 200 dann 357 Euro fürs Monats-TV-Abo zahlen. Wie berichtet, gab es da schon einen Aufschrei bei den Gastronomen der Stadt.

Nun kommt es noch dicker: "Man schämt sich nicht, auf 527 Euro netto monatlich zu erhöhen, was wiederum eine Steigerung um knapp 50 Prozent bedeutet", wendet sich Nauroth an seine Gäste. Angesichts roter Zahlen bei Sky vermutet er, dass die Kneipen mithelfen sollen, "die Wunden der geschundenen Aktionäre ein wenig zu pflegen".

Sollte für den Südbahnhof die Rechnung aufgehen, müssten 0,2 Liter Kölsch statt 1,50 dann 4,16 Euro kosten oder pro Spiel ein Eintritt von sechs Euro verlangt werden. So verzichtet der Südbahnhof lieber auf die Übertragung. So wie das Barroon am Roonplatz.

Während Salah Cheko, der neue Inhaber des Havanna in Poppelsdorf, gerade auf den Vertreter von Sky wartet, hat Tong Nguyen vom Sweetheart an der Bad Godesberger Löbestraße bereits gekündigt. Statt 260 sollte er nun 430 Euro zahlen. "Da verzichte ich auf den Fußball."

Es seien extra zu den Spielen in der Regel rund zehn Leute gekommen, "die sehe ich nur einmal pro Woche". Nun soll an Wochenenden ein Fußball-Liveticker über den Bildschirm laufen. Das Salvator in der Innenstadt zeigt schon seit Anfang des Jahres kein Sky mehr, Ragnar Fleischmann vom Nyx an der Vorgebirgsstraße will es sich noch einmal überlegen und rechnen.

"Erst mal habe ich meinen Vertrag gekündigt", sagt Fleischmann. Vergangenes Jahr habe er einen Skygroschen eingeführt - 50 Cent extra fürs erste Getränk - und dabei immer noch draufgezahlt. Bei manchen Ligaspielen komme nur ein Gast, bei Spitzenspielen könnten es aber schon mal 60 werden, sagt Ragnar Fleischmann.

In der Wache an der Heerstraße ist soviel Andrang, wenn Borussia Dortmund spielt. Sonst hat Tobias Epping bei der Bundesliga "die Hütte nicht voll". Vor zwei Wochen hat er sein Abo gekündigt.

"Ich habe keine große Wahl", sagt Jan Rossmüller, der neben der Butcher's Sportsbar an der Kaiserstraße noch Lokale in Siegburg und Troisdorf betreibt. "Ich definiere mich über den Sport." Statt erst 290, ab 2013 dann 450, seien ab der neuen Saison nun 635 monatlich fällig.

"Das sind Preistreiber", kritisiert Rossmüller Sky. "Die Bundesliga schreit nach immer neuen Stars, und die Lizenzgebühren steigen." Der Wirt gibt noch zu bedenken, dass es im Sommer und im Winter eine Spielpause gibt, "und trotzdem bezahlst du durch".

"Sky bietet eine attraktives Portfolio überwiegend exklusiver und hochwertig produzierter Live-Sport-Berichterstattung. Dafür verhandeln wir regelmäßig über neue Sportrechte", sagt Britta Krämer, Sprecherin von Sky. So mache der Fußball einen großen Anteil aus, hinzukämen aber auch etwa die Formel 1 und Wimbledon sowie die Produktion der Programme.

"Aufgrund der sich verändernden Lizenzkosten für Programminhalte und sonstiger Kosten müssen wir unsere Preise in regelmäßigen Zeitabständen überprüfen und anpassen. Die aktuelle Situation macht auch in diesem Jahr eine Anpassung erforderlich", sagt Krämer, die die Zahl der Kündigungen von Bonner Wirten nicht kommentieren möchte. Man müsse das abwarten.

Krämer denkt schon, dass viele Wirtshäuser auch jetzt noch mit den Übertragungen Geld verdienen und es auch weiterhin tun werden. Sie rät dazu, genau nachzurechnen, wie es mit und ohne Sportübertragungen aussehen würde. "Die Gastronomie ist ein wichtiger Partner für uns", sagt die Sprecherin.

In Gaststätten in Geselligkeit Fußball zu schauen, sei ein Erlebnis. "Wir vertreiben Sky überall da, wo sich Menschen aufhalten." Den Vorwurf von Wirt Nauroth, die Aktionäre sollten beruhigt werden, bestreitet die Sprecherin des Bezahlsenders.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Zum Thema
Aus dem Ressort