Architektenwettbewerb fürs Festspielhaus Jury entscheidet am Dienstagabend

BONN · Zehn Architekturbüros, die zur Weltspitze gehören, wollen das Konzerthaus bauen. Zwei Entwürfe werden ausgewählt.

Die Spannung steigt vor der Entscheidung im Wettbewerb für das Beethoven-Festspielhaus am Dienstagabend. Seit Montag tagt die 30-köpfige Jury unter Vorsitz von Engelbert Lütke Daldrup (57) im Post Tower. Die zehn Wettbewerbsbeiträge werden einzeln vorgestellt und diskutiert, Sachverständige werden gehört, alle Fragen erörtert, die für dieses komplexe Projekt von Bedeutung sind.

Für Heinrich Küpper, Festspielhaus-Projektbeauftragter der Deutschen Post, sind diese intensiven Untersuchungen im Vorfeld eminent wichtig, will man später in der Bauphase keine Überraschungen erleben. Seine Devise: "Alle Risiken müssen auf den Tisch." Von 8 bis 15 Uhr sitzt die Jury am Dienstag zusammen. Das Votum wird dann den Investoren vorgelegt, die, so Küpper, nochmals erörtern, "was gut und finanziell baubar ist". Und kurz nach 17 Uhr soll der Juryvorsitzende die Namen zweier Büros verkünden und deren jeweiligen Entwurf zum Sieger küren.

Lütke Daldrup ist ein ausgewiesener und erfahrener Städteplaner und nicht erst seit April dieses Jahres, als er zum Staatssekretär für Bauen und Wohnen in die Berliner Senatsverwaltung berufen wurde, mit Architekturwettbewerben vertraut. Lütke Daldrup, der Professuren in Berlin und Leipzig hat, kennt außerdem das Projekt Festspielhaus sehr gut. Denn als Vorsitzender des Bonner Städtebau- und Gestaltungsbeirats war er mit dem neuen Standort betraut. Den findet er übrigens "sehr interessant", wie er dem General-Anzeiger verriet. Er sei bestens geeignet, um "den Perlen am Rhein" (er meint damit die Beethovenhalle und die Oper) eine weitere hinzuzufügen.

Wie sich die Kandidaten des Wettbewerbs mit dem Standort arrangieren, "wie sich die neue Halle in das städtebauliche Umfeld einfügt und neben dem Baudenkmal Beethovenhalle behauptet", das sind Kriterien, die bei der Beratung der Jury eine Rolle spielen. Als weitere nennt Lütke Daldrup die Ästhetik der Architektur, die Funktionalität und akustische Qualität sowie die Wirtschaftlichkeit.

Die Jury könne dabei, so der Vorsitzende, auf intensive Vorprüfungen durch Experten zurückgreifen, die die Post als Herrin des mittlerweile eine Million Euro teuren Verfahrens veranlasst hat. Außerdem liegen, so Lütke Daldrup, detaillierte Unterlagen der einzelnen Architekturbüros zur Beratung vor. Ganz begeistert ist er vom hochkarätigen Bewerberfeld: "Es sind gute Architekten, die alle sehr gute Erfahrungen mit solchen Projekten haben."

Einige Büros waren schon beim ersten Festspielhaus-Wettbewerb 2008/09 dabei. Die irakische, in London lebende und weltweit agierende Architektin Zaha Hadid stellte damals ihren als "Diamant" bezeichneten Entwurf vor, der dann zu den Finalisten gehörte. Der zweite war die "Welle" des Büros Hermann/Valentiny aus Luxemburg. Ebenfalls im ersten Wettbewerb vertreten waren der Japaner Arata Isozaki, der einen Kubus und einen Polyeder vorschlug, den er "Rheinkristall" nannte, sowie David Chipperfield.

Sein Entwurf "Kolonnaden" zählte zu den vier integrativen Entwürfen, die die Beethovenhalle in ihre Planung einbezogen. L-förmig legte sich Chipperfields klassizistisch anmutender Konzertkomplex um Siegfried Wolskes Beethovenhalle. Für viele Beobachter galt der Gewinner des Praemium Imperiale 2013 und Architekt des Berliner Neuen Museums und neuen Folkwang-Museums in Essen als Favorit für den Wettbewerb 2008/09. Schließlich brachte auch Helmut Jahn, Architekt des Post Towers, mit seinem Büro Murphy/Jahn einen Entwurf ins erste Rennen ums Festspielhaus ein: "Saiteninstrument" nannte sich der futuristische Glas- und Stahlkeil, der sich ein Stück weit über den Rhein reckte.

Es wird spannend sein, zu sehen, welche Elemente in den Entwürfen der jeweiligen Architekturbüros im aktuellen Wettbewerb wieder auftauchen und wo völlig neu gedacht wurde. Die Post hat neben diesen fünf von 2008/09 her bekannten Architekten fünf weitere Büros eingeladen. Etwa gmp Architekten: Gerkan, Marg und Partner ist mit 300 auf 13 Standorten weltweit verteilten Mitarbeitern eines der größten Architekturbüros Deutschlands. Mit dem Hauptbahnhof in Berlin, Fußballstadien in Südafrika und Brasilien ist gmp bekannt geworden. Auch Kulturbauten - darunter zwei Opernhäuser in China - wurden realisiert.

Das von Ben van Berkel und Caroline Bos in Holland gegründete UNstudio mit Sitzen in Amsterdam, Shanghai und Hongkong bearbeitet ein Spektrum, das vom Städtebau bis zum Wohnungsbau reicht. In Deutschland bekannt wurden sie durch ihr originelles Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart. UNstudio hat auch das 450 Plätze umfassende Musiktheater in Graz gebaut. Mit dem wie eine Rampe ansteigenden Opernhaus in Oslo hat das Büro Snøhetta mit Dependancen in Oslo, New York, Innsbruck und San Francisco 2008 weltweit für Furore gesorgt und etliche Preise abgeräumt. Erfahrungen im Konzerthausbau kann auch kadawittfeld aus Aachen vorweisen: In Planung sind derzeit Konzerthäuser in Riga und in Padua, realisiert wurde das sich mit einer breiten Glasfront in die Natur öffnende Keltenmuseum am Glauberg in Hessen.

Mit dem Architekten des Kameha Grand Bonn, Karl-Heinz Schommer, ist auch ein Bonner mit von der Partie. Schommer hatte 2004 den ersten Festspielhaus-Entwurf überhaupt vorgelegt. Die Initiatorin der Festspielhaus-Idee, Karin Hempel-Soos, ging damals mit dem Modell zu Multiplikatoren, politischen Entscheidern und potenziellen Sponsoren. Schommers Entwurf sah einen organisch gebildeten Konzertsaal vor, der von einem Glaskubus umgeben ist.

Wer entscheidet? Die Deutsche Post hält sich bedeckt über die Zusammensetzung der Wettbewerbs-Jury. Gesetzt sind neben dem Vorsitzenden Lütke Daldrup der Bonner OB Jürgen Nimptsch. Mit dabei sind unter anderem der Sonderbeauftragte des Post-Vorstands für das Festspielhaus Hans-Dieter Petram, Post-Kommunikationschef Christof Erhardt und IHK-Präsident Wolfgang Grießl.

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