Tannenbusch Jugendliche diskutieren mit Stadt und Politik das Leben im Stadtteil

TANNENBUSCH · Ist der Stadtteil Tannenbusch eine No-Go-Area? Und warum hat er bei vielen Bonnern ein so schlechtes Image? Darüber diskutierten beim zweiten Jugendforum der Organisation Rheinflanke Jugendliche mit den Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber (SPD) und Katja Dörner (Grüne) sowie Vertretern der Verwaltung.

 Zum Erfahrungsaustausch mit den Jugendlichen waren auch die Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber (rechts) und Katja Dörner (links daneben) eingeladen worden.

Zum Erfahrungsaustausch mit den Jugendlichen waren auch die Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber (rechts) und Katja Dörner (links daneben) eingeladen worden.

Foto: Nicolas Ottersbach

Drei Themenblöcke, jeweils auf 20 Minuten Gesprächszeit begrenzt, stellte Moderator und Rheinflanke-Geschäftsführer Sebastian Körber den rund 25 Teilnehmern vor: Image, Perspektive und Infrastruktur sollten behandelt werden. David Stozek, der selbst nicht in Tannenbusch wohnt, hatte für jedes Feld Zitate in seiner Umgebung eingefangen: "Tannenbusch ist nicht die Bronx, hier brennen keine Mülltonnen", "No-Go-Area sagen nur die, die noch nie hier waren" oder "Ob einem was passiert kommt drauf an, wie man sich selbst verhält" lauteten die Stimmen.

In einem Punkt waren sich Politiker und Stadtverwaltung schnell einig. "Diese No-Go-Area-Debatte hat mich geärgert, das hat Tannenbusch geschadet", sagte die Integrationsbeauftragte Coletta Manemann. Die Hochhäuser seien zwar nicht schön und vielleicht abschreckend, aber das habe mit den Jugendlichen nichts zu tun. Katja Dörner fand, dass der Stadtteil viel grüner sei, als man zunächst denkt. Sie sprach aber auch von hoher Jugendarbeitslosigkeit und dass viele Heranwachsende nicht wüssten, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollten. "Was Tannenbusch ist, hängt von euch ab", sagte sie.

Vor allem Hedayat Hemat, der im Tannenbusch lebt, machte seinem Ärger über Vorurteile Luft. "Wenn du die Postleitzahl 53119 und womöglich noch einen ausländischen Namen hast, bist du sofort unten durch." Das habe er bei sich und vielen Freunden erlebt, die wegen ihres Wohnortes und ihrer Herkunft gar nicht erst zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden. Dörner berichtete aus der Bundespolitik, dass man sich dafür einsetze, Bewerbungsverfahren zu anonymisieren. "Und wenn so etwas passiert, müsst ihr euch wehren", sagte sie.

Manemann gab ihr recht. Bei der Stadt wolle man wegen solcher Vorfälle eine Anti-Diskriminierungsstelle einrichten. Hemat fragte auch, warum es im Tannenbusch so viel Müll gebe, der sich dann vor den Hochhäusern stapele. Kelber sah die Verantwortung dafür nicht nur bei den Bürgern, sondern auch den Wohnungsbaugesellschaften. "Die Müllplätze müssen abschließbar sein", forderte er. Denn nur so könne verhindert werden, dass Fremde ihren Dreck einfach woanders abladen. Mit der Infrastruktur waren die Jugendlichen größtenteils zufrieden. Sie lobten die gute Verkehrsanbindung.

Defizite gebe es bei den Spielplätzen, die besser gestaltet sein könnten. "Es sind ja wirklich viele, aber sie müssen auch gepflegt werden", sagte ein Jugendlicher. Fast zwei Monate habe es gedauert, bis eine Lampe repariert worden sei, ohne die man nicht mehr Fußball spielen konnte. Bernd Grießbach, der für die Spielleitplanung in Neu-Tannenbusch zuständig ist, nahm die Jugendlichen in die Pflicht. "Wenn etwas defekt ist, müsst ihr uns das sofort sagen."

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