Beethovenhalle in Bonn Denkmalpfleger sichern die Originalausstattung

Bonn · Damit bei der Sanierung der Beethovenhalle nichts Schützenswertes verloren geht, sichern Denkmalpfleger die Originalausstattung. Viele Teile werden später wieder eingebaut.

 Auch die Steckdose bekommt eine Inventarnummer.

Auch die Steckdose bekommt eine Inventarnummer.

Foto: Martin Wein

Blaues Linoleum auf den Treppenstufen, rote Terrazzoplatten an den Rändern, pfirsichgelbe Wände und Glasbausteine für viel Licht. Für die einen war dieses Dekor-Ensemble jahrzehntelang nur eine Fluchttreppe der Beethovenhalle, die kaum jemand benutzte. Für Constanze Falke ist das Treppenhaus eine Zeitblase aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.

„Hier ist alles noch original erhalten – Farben und Formen inspiriert vom Bauhaus“, erklärt die Kunsthistorikerin und Denkmalpflegerin. Im Auftrag der Stadt Bonn und der Erbin des Architekten Siegfried Wolske begleitet Falke die denkmalgerechte Instandsetzung der Halle. Schließlich stehe das Gebäude gerade deshalb unter Schutz, weil noch so viel ursprüngliche Bausubstanz erhalten sei.

Zusammen mit Tjorven Leicht und Ritsuko Ueda steigt Falke hinauf ins Obergeschoss. Die beiden jungen Frauen absolvieren ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Jugendbauhütte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Nun helfen sie mit einer Inventur ein Wochenende lang, das zu sichern, was an kleinteiliger Originalsubstanz der Beethovenhalle erhaltenswert ist.

Für die Sanierung müssen große Teile des Gebäudes bis auf den Rohbau zurückgebaut werden. Die Inventur soll vermeiden, dass dabei – wie bei vergangenen Renovierungen – Schützenswertes verloren geht. Und das ist eine ganze Menge: Schon nach drei Stunden haben die Frauen 400 Kleinteile auf ihrer Liste.

Die Säulen aus wertvollem Carrara-Marmor im Foyer sind darunter, Baukunst, aber auch die 30 bereits abgehängten Kugellampen aus dem Eingangsbereich. „Die werden noch heute produziert, das Stück für 800 Euro. Da ist es doch auch günstiger, die vorhandenen zu erhalten“, findet Falke.

In manchen Fällen sind es winzige Details, an denen Denkmalschützer Altes von später Ersetztem unterscheiden. Da sind zum Beispiel die Türklinken. Die habe der Architekt seinerzeit eigens für die Halle entworfen. In den öffentlichen Bereichen sind sie aus massivem Messing, hinter der Bühne aus Aluminium. 1959 wurden sie mit messingfarbenen Schlitzschrauben befestigt. „Die Kreuzschraube war noch nicht erfunden“, so Falke. Was mit Kreuzschrauben montiert wurde, muss also später eingesetzt worden sein.

Dass ein Ratsmitglied ihr nach einer Hausführung nach dieser Erläuterung vorhielt, es sollten für hohe Mehrkosten noch einzelne Schrauben erhalten werden, traf Falke hart. „Der hat die ganze Zeit geredet und den Zusammenhang nicht verstanden.“ Mehrkosten, das möchte die Vertreterin der Urheberrechte des Architekten ausdrücklich betonen, werde die Erhaltung des Inventars nicht erzeugen, ganz im Gegenteil. Und einer angemessenen technischen Aufrüstung stehe nichts im Wege.

So werde die Decke der Halle schon aus Brandschutzgründen mit LED-Beleuchtung ausgerüstet. „Die alte Beleuchtung wurde viel zu heiß.“ Und auch wenn viele Steckdosen aus dem Baujahr 1959 nun einen Aufkleber tragen, sollen nur die Abdeckungen erhalten bleiben, damit die öffentlich zugänglichen Räume ein einheitliches Aussehen behalten. In einem fensterlosen Technikraum entdecken die jungen Leute einen Lichtschalter aus Bakelit, einem Vorläufer von Kunststoff. Auch er bekommt eine Inventarnummer als Sammlerstück fürs Museum.

Dann gilt es, noch eine echte Zeitkapsel zu bewundern: Ganz oben hinter der Halle öffnet Rizuko Ueda eine Holztür mit einer 1 aus Aluminium. Dahinter eine winzige Kabine aus Holz mit einem verstaubten Bullauge, einer Ablage und einer dänischen Designlampe. Es ist eine der vier Dolmetscherkabinen; seit dem Regierungsumzug wurde sie nicht mehr benutzt. Alles hier ist noch so wie 1959, nur ziemlich verstaubt. Man kann sich leicht vorstellen, wie bei internationalen Veranstaltungen hier ein Herr mit Seitenscheitel und Hornbrille für die Vertreter der Welt übersetzte, was Deutschland zu sagen hatte.

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