Devin Townsend Interview mit dem Rockmusiker: "Ja, ich bin besessen"

Bonn · Drei ungewöhnliche Bands, alle dem Progressive Rock verschrieben, treten am Donnerstag, 9. Juli, bei der Classic Rocknacht auf dem Kunst!Rasen auf. Neben Dream Theater und Haken steht The Devin Townsend Project auf dem Programm.

 Devin Townsend (Mitte) und seine Band sind diesen Donnerstag bei der Classic Rocknacht auf dem Kunst!Rasen zu hören. Die Band steht für orchestralen Progmetal.

Devin Townsend (Mitte) und seine Band sind diesen Donnerstag bei der Classic Rocknacht auf dem Kunst!Rasen zu hören. Die Band steht für orchestralen Progmetal.

Foto: TOM HAWKINS/INSIDEOUT

Devin Townsend ist nicht nur ein ungewöhnlicher Meister an der Gitarre, sondern vor allem ein vielseitiger Rockmusiker und Komponist, der seine Fans immer wieder mit neuen Projekten und schier grenzenloser Fantasie überrascht. Mit dem 43-jährigen Kanadier sprach Cem Akalin.

Devin, wie würden Sie jemandem Ihre Musik beschreiben, der noch nie von Ihnen gehört hat?

Devin Townsend: Dynamisch und abwechslungsreich, eine hoch orchestrierte expansive Musik, die auf Hard Rock und Heavy Metal basiert, dicht produziert und mit einer großen Menge an Ambient-Elementen versehen. Kraftvoll, wenn man in der richtigen Stimmung dafür ist.

Was halten Sie von dieser Beschreibung: Der Rote Armee Chor trifft auf Happy Metal, die italienische Oper auf Fantasy Rock, Symphonisches auf Heavy Rock, virtuoser Rockgitarrist auf Spacefun?

Townsend: (lacht) Gefällt mir! Ich denke, das Einzige, was angemessen erscheint, ist die Dichotomie zwischen zwei Gegensätzen: Zucker überzogene Alpträume.

Spaß beiseite: Es gibt kaum einen Musiker, der mit einer solchen Besessenheit ein kreatives Projekt nach dem anderen verwirklicht. Was treibt Sie?

Townsend: Ich bin sehr zielorientiert. Ich mag es nicht, interessante Ideen unverwirklicht liegen zu lassen... Ich bin besessen, ja, aber ich denke, meine Arbeit kann diese Neigung gut kanalisieren.

Woher kommt diese Flut an musikalischen Ideen? Woher kommen diese zum Teil wahnwitzigen Lyrics?

Townsend: Es gibt immer Ideen, das stimmt. Und einige sind besser als andere, aber die Ideen fließen ziemlich konstant. Ich neige dazu, die Texte sehr automatisch zu schreiben und achte mehr darauf, dass sie gut zur Musik klingen, als darauf, was der Inhalt tatsächlich aussagt. Ich halte mich nicht für eine großen Lyriker, und ich gebe zu, dass das oft in seltsamen Empfindungen endet.

Extreme Metal, Alternative, Hard Rock, Progressive Metal, New Age... Gibt es irgend ein Genre, in dem Sie sich zu Hause fühlen?

Townsend: Das kann ich so nicht sagen. Ich beschreibe meine Arbeit immer als eine Art von Gefummel im Dunkeln, bis ich eine Form entdeckt habe. Dann nehme ich meine Taschenlampe, analysiere sie eine Weile, halte sie fest, dann verlasse ich dieses Gebiet und bewege mich weiter. Das Ziel ist herauszubekommen, wo das Licht ist...

Sie spielen mit Stilen und nutzen sie, wie es Ihnen gefällt. Sie machen immer wieder eine Verwandlung durch, wie ein Schmetterling, der aus einem Kokon schlüpft. Können Sie biografisch erklären, woher Sie diese Vielseitigkeit haben? Kommen Sie aus einem musikalischen Elternhaus? Aus einer kosmopolitischen Familie?

Townsend: Eine musikalische Familie ja, aber nicht unbedingt kosmopolitisch. Ich denke, dass das Leben immer wieder fordert, dich persönlichen Veränderungen zu stellen. Da der Prozess meines musikalischen Schaffens von meinen konkreten Erfahrungen abhängt, ist es unvermeidlich, am Ende über Veränderungen zu reden. Meine Veranlagung bittet mich einerseits, an einem Ort zu verweilen und mich gegen Veränderungen zur Wehr zu setzen, aber meine Realität lässt das nicht zu. Ich denke, das alles ist das Ergebnis eines wilden, humorvollen Dramas.

Sie scheinen musikalisch tatsächlich Ihre Persönlichkeit total nach außen zu stülpen. Ist Musik ein persönliches Ventil?

Townsend: All meine Kenntnisse, meine musikalischen Fähigkeiten sind letztlich doch nur ein Mittel zum Zweck: nämlich meine Gefühle zu artikulieren, und das in einer Art und Weise, bei der ich mich in anderen Lebensbereichen doch unwohl fühlen würde.

Es gibt ja Alben, auf denen Sie alle Instrumente selbst bedienen, Stücke mit bis zu 300 Spuren aufgenommen haben. Können Sie einem Normalsterblichen erklären, wie man da den Überblick behält?

Townsend: Mir geht es ja nicht darum, einen Wettbewerb um die "komplizierteste Aufnahme" zu gewinnen. Es ist eher eine Art Zwang, die richtigen emotionalen Glocken zum Läuten zu bringen. Bitte glaube mir, wenn ich etwas auf 300 Spuren aufnehme, das ist ein Alptraum, und ich versichere Ihnen, ich bin dann sehr viel sterblicher als je zuvor. (lacht)

Information zur Classic Rocknacht

Classic Rocknacht mit Dream Theater, Devin Townsend Project und Haken. Donnerstag, 9. Juli, ab 18 Uhr. Kunst!Rasen, Charles-de-Gaulle-Straße, Tickets in den GA-Geschäftsstellen ab 56,60 Euro.

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