Statistik der Polizei In drei Tagen mehr als 50 Unfallfluchten

Bonn · Die Zahlen schrecken auf: 4376 Mal fuhren Täter im Jahr 2016 davon, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Dabei ließen sie 233 Mal Verletzte zurück.

 Ein Zettel unter dem Scheibenwischer reicht nicht aus. Schuldig ist jeder, der den Unfallort verlässt, ohne dass Personalien und Sachverhalt festgestellt werden konnten.

Ein Zettel unter dem Scheibenwischer reicht nicht aus. Schuldig ist jeder, der den Unfallort verlässt, ohne dass Personalien und Sachverhalt festgestellt werden konnten.

Foto: picture alliance / Jens Wolf/dpa

Es ist die Zahl der Unfallfluchten, die den Bonner Polizisten (zuständig für Bonn, Bad Honnef, Königswinter und den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis) Sorge bereitet. Wie berichtet, machten sich die Verursacher im vergangenen Jahr 4376 Mal davon, ohne sich um den Schaden zu kümmern – das entspricht jedem vierten Unfall, sagt Thomas Giershausen von der Führungsstelle Direktion Verkehr.

233 Mal ließen sie dabei sogar Verletzte zurück, 19 davon wurden so schwer verletzt, dass sie ein Krankenhaus aufsuchen mussten. Das seien erstaunlich viele, sagte Unfallflucht-Ermittler Siegfried Dreibholz. „Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Zahl kontinuierlich steigt.“ Von Montag bis Mittwoch dieser Woche zum Beispiel habe es bislang mehr als 50 Unfallfluchten gegeben.

Unfallflüchtige in Bonn sind häufig betrunken

Doch es gibt auch etwas Positives: Mit mehr als 60 Prozent ist die Aufklärungsquote sehr hoch, die Chance, mit der Straftat durchzukommen, also sehr gering. Diesen Erfolg kann sich vor allem die 2011 eingerichtete Ermittlungsgruppe auf die Fahnen schreiben. Landet ein Unfall auf ihrem Schreibtisch, fahren sie „raus“ – befragen Zeugen, nehmen Lackspuren, untersuchen zurückgebliebene Teile auf Individualnummern, vermessen den Schaden, fotografieren jedes kleinste Detail.

Selbst „mikroskopisch kleine Spuren werden festgestellt“, sagt Alberto Coppola, Leiter Direktion Verkehr. Aber: „Im Idealfall hat jemand das Kennzeichen abgelesen“, so Dreibholz. Doch auch Teile davon seien sehr hilfreich. „Wichtig ist vor allem eins: schnell zu sein“, sagt Dreibholz. Die meisten Unfallfluchten werden innerhalb der ersten 24 Stunden aufgeklärt; dauert es eine Woche, sinken die Chancen. „Den“ Unfallflüchtigen gibt es übrigens nicht. „Es zieht sich durch die gesamte Bevölkerung“, so Dreibholz. Gründe seien neben Alkoholkonsum und der Sorge vor finanziellem Schaden auch die Angst, den Eltern oder dem Partner einzugestehen, einen Unfall verursacht zu haben. „Deshalb haben wir auch ungefähr 20 falsch erstattete Anzeigen im Monat.“ Soll heißen, dass die Verursacher bei der Polizei angeben, selbst Opfer zu sein. Meist kommen die Beamten den Tätern aber auf die Schliche – und erstatten Anzeige wegen Vortäuschens einer Straftat. „Dann ist schon mal der Führerschein weg“, sagt Dreibholz.

Pro Monat gibt es rund20 falsch erstattete Anzeigen

Empfindliche Strafen warten auch auf die „echten“ Unfallflüchtigen: Je nach Schwere der Tat, ist von der Geld- bis zur Freiheitsstrafe alles drin. Aber: Schuldig ist jeder, der den Unfallort verlässt, „ohne dass Personalien und Sachverhalt festgestellt werden konnten“, so Copolla. Soll heißen, dass der Zettel unter dem Scheibenwischer nicht zählt. Man müsse versuchen, den Geschädigten ausfindig zu machen. Gelinge dies nicht, müsse die Polizei alarmiert werden. Außerdem sei es zwar so, dass jemand, der einen Unfall mit geringem Sachschaden im ruhenden Verkehr verursacht hat, 24 Stunden Zeit habe, um zur Polizei zu gehen, ergänzt Dreibholz. Das gelte aber nur bei „geringfügigem Schaden“. „Die gibt es heute aber gar nicht mehr“, sagt Coppola. „Schließlich kostet ein Außenspiegel mittlerweile schon um die 1800 Euro.“

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