Hilfe für Bonner Flüchtlinge In der Heimat verfolgt, in Unterkünften bedroht

Bonn · Sie sind Tausende Kilometer geflohen und doch nicht sicher: Homosexuelle Flüchtlinge werden in den Unterkünften oft drangsaliert. Der Bonner Klaus Maresch und sein Mann haben zwei junge Iraker aufgenommen.

 Klaus Maresch (links) und sein Partner Frank Lotz haben zwei homosexuelle Flüchtlinge aufgenommen.

Klaus Maresch (links) und sein Partner Frank Lotz haben zwei homosexuelle Flüchtlinge aufgenommen.

Foto: Barbara Frommann

Diesen Anblick wird Klaus Maresch wohl nie vergessen. Achmet saß wie „ein Häufchen Elend“ auf einem Stuhl auf der Terrasse und streichelte geistesabwesend eine der vielen Katzen. „Es war wirklich ein jämmerlicher Anblick. Er erinnerte mich an ein verwundetes Reh“, erzählt Maresch und blickt zu Achmet hinüber. Der quittiert die Geschichte mit einem Strahlen und man sieht gleich, dass sich der 22-jährige Flüchtling hier längst zu Hause fühlt.

Welches Martyrium der junge Mann in der Vergangenheit erlebt hat, das weiß Maresch nicht genau. Aber: „Es müssen wirklich traumatische Erlebnisse gewesen sein.“ Denn der 22-Jährige floh nicht nur vor den IS-Kämpfern aus seiner Heimatstadt Mossul, sondern vor allem auch vor den Anfeindungen und dem Hass seiner Landsleute.

Als Homosexueller wurde Achmet sowohl im Irak als auch in den Flüchtlingsunterkünften in Deutschland immer wieder bedroht, gedemütigt und drangsaliert. „Achmet hatte teilweise so große Angst, dass er nicht in sein Asylbewerberheim zurückkehrte, sondern auf Parkbänken schlief“, erzählt der Bonner Imker. Nur durch Zufall wurden Klaus Maresch und sein Mann auf den jungen Iraker aufmerksam. Doch für die beiden Graurheindorfer war schnell klar: Hier müssen wir helfen.

Bis Achmet jedoch in die kleine Wohnung im ersten Stock des Hauses einziehen konnte, waren noch einige bürokratische Hürden zu überwinden. Mittlerweile ist der 22-Jährige nicht mehr allein in dem Haus. Mit Messut ist ein weiterer Iraker eingezogen, der ebenfalls wegen seiner Homosexualität Schreckliches durchmachte. Er lebte zuvor in einer Unterkunft in Bornheim. Noch immer ist die Angst vor seinen ehemaligen Mitbewohnern allgegenwärtig.

Beide Flüchtlinge besuchen derzeit Deutschkurse. Spätestens in einem halben Jahr werden sie die Sprache jedoch so weit beherrschen, dass sie an ihre Ausbildungen anknüpfen können. Denn Achmet hat einen Abschluss als Kulturwissenschaftler, Messut hat im Irak Zahnmedizin studiert.

„Sie werden ihre Kultur niemals vergessen“, weiß Maresch. „Aber sie werden auch niemals mehr zurückgehen können.“ Denn Homosexualität ist in der arabischen Gesellschaft noch immer ein Tabu. Selbst gegenüber ihren Familien haben sie sich bisher nicht geoutet. Ganz anders im Hause Maresch. „Wir müssen uns hier nicht verstecken. Wer zu uns kommt, der muss damit klarkommen und nicht umgekehrt“, baut er das Selbstbewusstsein der jungen Männer auf.

Maresch wünscht sich, dass sich in Bonn mehr Menschen bereiterklären, homosexuelle Flüchtlinge aufzunehmen. „Wenn die Kinder aus dem Haus sind, hat man doch mehr Platz, als man braucht. Ich kann nur jedem empfehlen, einen Flüchtling aufzunehmen. Ich habe ausschließlich nette, junge Menschen kennengelernt, die einfach nur in Frieden leben wollen“, appelliert er.

Klaus Maresch bietet Interessenten Hilfe und Unterstützung an. Wer Fragen hat, der kann sich per E-Mail an info@bafmw.org melden.

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