Problem mit ausgesetzten Tieren In Bonn leben rund 3000 Straßenkatzen

BONN · Mit der Kastrationsverordnung versucht die Stadt, dem Problem ausgesetzter und verelendeter Tiere Herr zu werden.

Wer Frodo, Frida, Fiene und Fridolin im Albert-Schweitzer-Tierheim herumtollen sieht, der ahnt nicht, was die vier Kätzchen hinter sich haben. Mit dem leblosen Muttertier waren sie im Juli in einem Feld gefunden worden. Tierfreunde retteten das hilflose Quartett. Und dank liebevoller Pflege, Impfung und in den kommenden Tagen dank Kastration und Registrierung können die Kinder der ausgesetzten Katzenmutter demnächst paarweise an Tierliebhaber abgegeben werden.

So wie auch Krümel, "ein ganz Lieber", wie die tiermedizinische Pflegerin Svenja Bilawa betont. Der heute vierjährige Kater war beim Wegzug seiner Dransdorfer Halter einfach zurückgelassen worden und hielt sich mit Essenresten der Nachbarn über Wasser. Krümel habe "schlechte Lebenssituationen" hinter sich, bis jemand das Elend nicht mehr mit ansehen konnte und ihn im Heim vorbeibrachte.

Kastrationsverbot wurde 2012 erlassen

Um Schicksale wie die von Frodo, Krümel und den laut Tierschutzvereinen derzeit rund 3000 anderen freilebenden und damit verelendeten, kranken Katzen ging es kürzlich im Umweltausschuss. Die Linken hatten das Veterinäramt aufgefordert, Bilanz über die Auswirkungen seiner 2012 erlassenen Verordnung über die Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen zu ziehen. Die Stadt hatte 2012 in Absprache mit den Tierschutzvereinen ihr Kastrationsgebot damit begründet, dass es sonst weiter zur ungeregelten Vermehrung des Katzenbestands und damit zu Verwilderung, zu Krankheitsbefall und Unterernährung ausgesetzter Tiere komme.

Katzenhalter, die gegen die Pflicht verstießen, könnten mit einer Geldbuße bis zu 1000 Euro belegt werden. Ausgenommen seien hier nur Zuchttiere. Man könne nun nach drei Jahren Laufzeit zwar keinen stabilen Rückgang nicht-kastrierter Tiere vermelden, aber doch "eine erfreuliche Tendenz in die richtige Richtung", antwortete die Verwaltung auf die Anfrage.

Vermutlich spielten wirtschaftlich schwierige Verhältnisse der Halter eine Rolle, auf eine Kastration zu verzichten. Ordnungsgeld habe aber noch nicht verlangt werden müssen, weil bei ermittelten Fällen die geforderte Kastration dann doch durchgeführt worden sei. "Wir sehen schon, dass die Verordnung und auch unsere kostenfreie Kastrations- und Kennzeichnungsaktion von 2012 erfolgreich waren", antwortet Ronald Seemann dem GA für das Albert-Schweitzer-Tierheim.

Beim Tierarzt koste die Maßnahme zwischen 80 und 160 Euro. Mit Unterstützung des Deutschen Tierschutzbundes und der Professor-Böcher-Stiftung habe es das Team um Sabine Reuter 2012 erreicht, dass rund 400 Tiere kostenlos kastriert und gechipt wurden. "In der Folge ging die Zahl der besitzerlosen und unversorgten Katzen im Tierheim erkennbar zurück."

Angebot wurde erst für 55 Katzen genutzt

Aktuell läuft, finanziert vom Tierschutzverein Bonn & Umgebung und dem Deutschen Tierschutzbund, erneut dieses Angebot für Hartz-4-Empfänger, Bürger mit Bonn-Ausweis oder Auszubildende, das aber bislang erst für 55 Katzen genutzt worden sei, so Seemann. Vielleicht sei noch nicht bekannt genug, dass auch besitzerlose Katzen, die Tierschützer an Futterstellen versorgten, mit einbezogen werden könnten.

Natürlich sei es außerordentlich schwierig, verwilderte Tiere dafür einzufangen. Aber es gebe nur einen Weg, das Leid der Katzen einzudämmen: Man dürfe nicht zulassen, dass sich frei lebende, aber auch Freigängerkatzen aus Privathaushalten weiter unkontrolliert vermehrten. Und auch ein nur in der Wohnung gehaltener Schmusetiger sei schnell mal entwischt. "Deshalb unser dringlicher Appell, jede Katze, weiblich oder männlich, frühzeitig, also ab dem fünften Monat, kastrieren zu lassen." So entlaste man auch die Tierheime, die meist ab Herbst eine Flut ungewollt Geborener versorgen müssten.

90 Katzen seien derzeit im Bonner Tierheim untergebracht, rechnet Seemann vor. 35 davon seien Jungtiere, die mit der Milchflasche großgezogen, komplett ärztlich versorgt, demnächst kastriert und für neue Halter freigegeben würden.

Fürsorglich sind auch spezielle Bonner Katzenvereine tätig, die allesamt die Kastrations- und Registrierungsverordnung für elementar wichtig halten. Die Aktiven des Vereins Katzenhilfe Bonn zum Beispiel fangen ihm gemeldete Straßenkatzen, päppeln sie auf, lassen sie kastrieren und vermitteln sie Tierfreunden. Der Verein Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg (www.katzenschutz-ev.de) zeigt ebenfalls in Form von "Katzen-Streetworking" ein Herz für Streuner. Pro Jahr lässt der Verein bis zu 600 Katzen kastrieren. In den Pflegestellen befinden sich im Schnitt zeitgleich über 100 Katzen. Jährlich vermittelt werden mehr als 150 Katzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort