Waffen, Zwangprostitution, Schutzgelderpressung Immer wieder geht die Polizei gegen Rocker-Gruppen vor

BONN · In der Rocker-Szene dreht sich vieles um Macht und Geld aus illegalen Geschäften. Die Ermittler machen Druck, aber selbst von Verboten zeigen sich die Clubs wenig beeindruckt. Sie gründen einfach neue Gruppen.

Das gilt besonders für den weltgrößten Motorcycle Club (MC), die Hells Angels. Regelmäßig machen sie Schlagzeilen: Dabei geht es zum Beispiel um Waffen, Zwangprostitution, Schutzgelderpressung und manchmal sogar Mord.

Im Mai 2012 durchsuchten 1200 Beamte Stützpunkte der Hells Angels in Norddeutschland. Elitepolizisten stürmten auch das Haus von Hannover-Boss Frank Hanebuth, der als einflussreichster deutscher Höllenengel gilt. Einen Monat später gab der tonangebende Club seine Auflösung bekannt. Was Politiker als Kapitulation feierten, bewerten Ermittler als cleveren Schachzug, um Vermögen zu sichern.

Kurz danach mussten die Behörden den Ex-Chef der verbotenen Kieler Hells Angels wieder freilassen. Er war verdächtigt worden, an der Tötung eines Mannes beteiligt gewesen zu sein - angeblich im Auftrag von Hanebuth, so ein Zeuge. Die Leichensuche blieb jedoch erfolglos. Im Juli 2012 ist ein Mitglied der Hells Angels in Kaiserslautern zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, weil er den Chef einer rivalisierenden Rockergang getötet hatte. Der mehrfach vorbestrafte 30-jährige Angeklagte hatte gestanden, drei Jahre zuvor den Chef einer Outlaws-Gruppe im Donnersbergkreis erstochen zu haben.

Experten fordern ein bundesweites Verbot der Clubs. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lässt die Möglichkeit prüfen. Problem: Für ein generelles Verbot müssten bundesweite Strukturen nachgewiesen werden.

Nach den USA ist Deutschland wohl der größte Rocker-Standort. 1999 habe es erst 50 Hells Angels gegeben, sagt das Bundeskriminalamt, im Jahr 2012 waren es mehr als 1200, dazu kamen rund 1000 Bandidos. In NRW sind es laut Landeskriminalamt (LKA) etwa 260 Hells Angels und 530 Bandidos.

Alle Gruppen zusammen bringen es in NRW demnach auf etwa 1100 Mitglieder. Aktiv sind sie häufig im Rotlichtmilieu und der Türsteher-Szene. "Einzelne Rocker begehen Körperverletzungen, handeln mit Drogen, verletzen das Waffengesetz oder betätigen sich als Zuhälter", sagt LKA-Sprecher Frank Scheulen. Auch die Rocker selbst weisen gern darauf hin, dass nur "einzelne schwarze Schafe" kriminell seien.

Eskalationen unter verfeindeten Gruppen nehmen zu. Bisheriger Höhepunkt ist aus Sicht der Sicherheitsbehörden ein versuchter Mord am 25. Dezember 2011 in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald): Damals war ein Rocker (26) des Clubs "MC Gremium" niedergestochen worden. Anlass war eine vermeintliche Beleidigung eines Präsidenten der Hells Angels gewesen. Der Messerattacke folgte in der Nacht zu Silvester 2011 ein Gegenschlag der Gremium-Rocker, dessen Opfer ein unbeteiligter 16-Jähriger wurde. Beide Fälle beschäftigen derzeit Gerichte.

Immer wieder kommt es zu Razzien mit Hunderten Polizisten. In NRW gelten Düsseldorf und das Rotlichtviertel von Duisburg als die Hochburgen der Szene. Die Rockerfehden haben in NRW schon Tote gefordert. 2007 töteten zwei Bandidos einen Hells Angel in Ibbenbüren, 2009 starb Bandido "Eschli" in Duisburg, erschossen von einem Hells Angel. 2012 gab es in Mönchengladbach beinahe den nächsten Toten - bei einer Straßenschlacht von Rockern.

Jüngere Meldungen um die Hells Angels betreffen erneut Rocker-Boss Frank Hanebuth. Er wurde im Juli mit 17 weiteren Angehörigen des Clubs festgenommen und sitzt in U-Haft.

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