Teure Verträge Immer mehr Bonner ärgern sich über Werber von Unitymedia

Bonn · Die Klagen über aggressive Werber im Auftrag des Kabelnetzbetreibers Unitymedia reißen nicht ab. Nachdem der GA über die Masche der Werber berichtet hatte, melden sich immer mehr Betroffene bei der Bonner Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW.

 Susanne Bauer-Jautz von der Verbraucherzentrale Bonn betreut die betroffenen Kunden.

Susanne Bauer-Jautz von der Verbraucherzentrale Bonn betreut die betroffenen Kunden.

Foto: Benjamin Westhoff

Nicht nur aus Tannenbusch, sondern aus allen Stadtteilen hätten sich Bewohner – meist Senioren sowie Mieter mit Migrationshintergrund, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, hilfesuchend an sie gewandt. Dabei schilderten sie immer die gleiche Vorgehensweise: Mit dem Hinweis, dringend die Fernsehsteckdose in der Wohnung überprüfen zu müssen, hätten sich externe Vertriebspartner des Unternehmens aufdringlich Zutritt verschafft. Dort hätten sie dann neue Verträge mit höheren Kosten präsentiert, die gleich unterschrieben werden müssten, da die Leitung sonst ab sofort „tot“ sei (der GA berichtete).

Obwohl sich fast täglich Betroffene melden, befürchtet Bauer-Jautz, dass die Dunkelziffer weit höher ist. „Wir erleben immer wieder, dass sich gerade ältere Menschen genieren, weil sie auf diese Masche reingefallen sind. Daher glauben wir, dass viele aus Scham keine Hilfe suchen und auch nicht ihr Widerspruchsrecht in Anspruch nehmen.“ Besonders dreist ist für sie ein Fall aus dem Schieffelingsweg in Duisdorf. Dort hatte ein Handwerker in der Wohnung einer älteren Mieterin gearbeitet. Da er mehrmals zu seinem Auto gehen musste, um passendes Werkzeug zu holen, sei die Tür nicht immer verschlossen gewesen.

„In einem unbeobachteten Augenblick sind dann gleich drei Werber durch die offene Eingangstür gekommen und standen bereits im Wohnzimmer. Geklingelt hatten sie zuvor nicht“, berichtet Bauer-Jautz. Die ältere Dame sei so geschockt gewesen, dass sie sofort unterschrieben habe. „Einen Vertrag, der umfangreiche Internetleistungen enthielt, die sie gar nicht braucht“, so Bauer-Jautz. „Hier sprechen wir nicht nur von dubiosen Geschäftspraktiken sondern schon von Täuschung“, fügt die Verbraucherberaterin hinzu.

Verbraucherberatungsstelle wurde von externen Dienstleistern beschimpft

In Tannenbusch wird die Verbraucherberatungsstelle NRW jetzt erneut mit einer Postwurfsendung vor dieser Methode warnen. Dafür lässt sie in diesen Tagen unter dem Titel „Achtung vor Abzocke an der Haustür!“ eine Broschüre in türkischer, arabischer, französischer und deutscher Sprache an alle Haushalte verteilen. Mit welchen Methoden die Werber agieren, das haben Mitarbeiterinnen aus dem Quartiersbüro der Verbraucherberatungsstelle bereits selbst erfahren. Denn nachdem die ersten Warnhinweise verteilt worden waren, wurden sie von externen Dienstleistern des Unternehmens persönlich sowie telefonisch beschimpft. „Aber wir lassen uns so schnell nicht einschüchtern“, kommentiert Bauer-Jautz diese Aktion.

Auf Unterstützung durch die Bundesnetzagentur können Hilfesuchende nicht hoffen. „Wir sind nicht der richtige Ansprechpartner“, sagt Carolin Bongartz. „Wir werden nur aktiv, wenn sich Verbraucher über unseriöse Telefonwerbung beschweren“, ergänzt die Sprecherin. Sie empfiehlt allerdings Betroffenen, sich an die Wettbewerbszentrale (www.wettbewerbszentrale.de) zu wenden.

Um allem Ärger aus dem Weg zu gehen rät Susanne Bauer-Jautz eindringlich: „Niemanden in die Wohnung hineinlassen und nichts an der Haustür unterschreiben.“ Wurde man dennoch überrumpelt, dann sollten Betroffene unbedingt ihr Widerrufsrecht nutzen. Bei Problemen helfen die Mitarbeiter der Bonner Beratungsstelle in der Stadthauspassage, Thomas-Mann-Straße 2-4, oder unter 02 28/ 88 68 38 01 weiter. „Wir sind hartnäckig und geben nicht auf. Wir wenden uns in jedem einzelnen Fall an die Geschäftsleitung des Netzbetreibers“, versichert sie.

„Primär führen unsere Vertriebsmitarbeiter mit Bestandskunden und potenziellen Neukunden Beratungsgespräche, in denen es um Leistungen von Unitymedia geht. Wohnungen sollen unsere Mitarbeiter nur betreten, wenn sie darum gebeten werden“, erklärte Helge Buchheister von Unitymedia noch im Januar auf GA-Anfrage. Allerdings könne man ein Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter nie ausschließen. „Stellen wir ein Fehlverhalten fest, kann das auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“, so der Unternehmenssprecher.

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