Orkan "Friederike" Im Wald besteht Lebensgefahr

Bonn · Stadt Bonn und Forstamt warnen davor, kurz nach dem Orkan durch Ennert und Kottenforst zu laufen. Allein im Stadtgebiet sind mehr als 50 Einzelbäume durch die Sturmwinde gefallen.

Die Stadt ist beim Sturmtief „Friederike“ am Donnerstag noch mit einem blauen Auge davongekommen. Der Orkan hat aber vor allem im Wald seine Spuren hinterlassen. Die Behörden raten nun dringend, Kottenforst, Ennert und Stadtwald in den nächsten Tagen nicht zu betreten, da immer noch Bäume oder Äste fallen könnten.

Freitagmorgen auf der Waldau: Viele Spaziergänger und Jogger scheinen es zu wissen, dass es nach einem Sturm dort noch gefährlich ist. Denn es sind weit weniger Leute auf den Wegen unterwegs als sonst. Eine Frau ist mit ihrem Hund in Richtung Uniklinikum unterwegs, stößt 100 Meter hinter dem Wildgehege auf ein Hindernis: Mehrere Tannen liegen quer über dem Weg, es gibt kaum ein Durchkommen. Das ist nicht die einzige Stelle: Der „Weg der Artenvielfalt“ ist an mehreren Stellen versperrt, an den freien Stellen liegen überall Äste und altes Laub herum. Kurz vor dem Wildschweingatter kommt man nur über einen Umweg durchs Dickicht vorbei.

Die Stadt rät dazu, den Wald dieses Wochenende lieber zu meiden. Die Kinder sollten sich auch besser andere Spielplätze suchen als den auf der Waldau. Die meiste Arbeit kommt nun auf die Stadtförsterei zu: Die Mitarbeiter beginnen jetzt, „die Wege erst einmal abzulaufen. Das wird mehrere Tage, wenn nicht Wochen dauern“, sagte Andrea Schulte vom Presseamt. Die Kollegen müssten sich zunächst einen Überblick verschaffen. Dazu nähmen sie die wichtigsten Straßen, Wald- und Rettungswege unter die Lupe.

50 umgestürzte große Einzelbäume

Auch außerhalb des Waldes gab es Schäden. Rund 50 umgestürzte große Einzelbäume im Straßenraum und auf Friedhöfen zählte das Amt am Tag nach dem Sturm. Hinzu kommen Bäume auf Sportanlagen, wie etwa dem Sportplatz Hohe Straße in Tannenbusch und dem Sportpark Nord sowie im Hardtberg- und im Ennertbad.

Der Stadtordnungsdienst verzeichnete bis in den späten Donnerstagnachmittag hinein insgesamt etwa 100 sturmbedingte Einsätze. Am Freitag gab es laut Stadt fünf Einsätze in Folge des Sturms. Am Kaiserplatz drohten Ziegel vom Dach der Kreuzkirche zu stürzen, weshalb ein Kran aufgebaut und die Straße Am Hofgarten teilweise gesperrt wurde.

Für die Verkehrssicherheit der Bäume sind die Kommunen wie auch Privateigentümer zuständig, sagt Cora Fahron-Bekono von der Baumpflegefirma Herkenrath, die ihren Hauptsitz in Hennef hat und Baumkontrollen vornimmt. „Bei einem Sturm übernehmen wir allerdings keine Gewährleistung. Das ist höhere Gewalt.“ Je nach Bodenbeschaffenheit könnten bei schweren Stürmen durchaus auch gesunde Bäume kippen. Das sei bei Straßenbäumen schon mal der Fall, weil sie aufgrund ihres Umfelds leichter erkrankten.

Wer im Falle eines Falles seine Haftpflicht in Anspruch nehmen will, weil ein umgestürzter Baum Schäden angerichtet oder gar Personen verletzt hat, muss ein Baumprotokoll vorweisen können. Das heißt, gesunde Bäume müssen in aller Regel alle zwei Jahre kontrolliert werden, bei nachgewiesenen erkrankten Bäumen sollte die Kontrolle jährlich erfolgen, so Fahron-Bekono. Der Baumkontrolleur sichtet bei der Kontrolle den Baum und prüft, ob das Laub dicht genug und die Rinde intakt ist. Dabei wird auch der Stamm abgeklopft, um eventuelle Hohlräume zu entdecken. „Anschließend erstellt der Baumkontrolleur ein Protokoll, das der Eigentümer gut aufbewahren sollte.“

Stadt Bonn hat rund 80.000 Bäume

Die Baumkontrolle kostet Fahron-Bekono zufolge pauschal 19.90 Euro plus Mehrwertsteuer. Je nach Entfernung werde auch ein Anfahrtsweg berechnet. Ist eine Pflege und die Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Baumes erforderlich, richten sich die Kosten nach dem Aufwand der Maßnahmen, so Fahron-Bekono. lis

Die Stadt Bonn hat rund 80.000 Bäume in ihrer Obhut. „Jeder wird regelmäßig kontrolliert. Die Intervalle sind abhängig von der Baumart, Alter, Standort und dem Zustand des Baumes. Sie variieren zwischen zweimal jährlich und alle zwei Jahre“, erklärte Schulte. In der Regel erfolge die Überprüfung durch eigene Kontrolleure. Mitunter beauftrage die Stadt Bonn auch externe Experten.

Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft, sagte dem GA: „Umgefallene Bäume versperren viele Wanderwege rechts und links des Rheins. Ich bitte alle Bürger, am Wochenende den Wald zu meiden und besser am Rhein spazieren zu gehen. Im Wald besteht Lebensgefahr.“ Alle verfügbaren Forstmitarbeiter seien im Einsatz, räumten Wege frei und würden Bäume auf Standsicherheit kontrollieren. „Eine heftige Windböe kann ausreichen, um vom Sturmtief losgerüttelte Bäume zum Umkippen zu bringen.“

Am kommenden Montag wollen alle Revierförster zusammenkommen, um eine Sturmbilanz zu ziehen. „Erst dann können wir sagen, wie viele Kubikmeter Holz umgestürzt sind. Es hat besonders Fichten und Kiefern erwischt“, so Schölmerich. Das Sturmtief Friederike will er bezüglich der Schäden in der Natur nicht mit dem Orkan Kyrill von 2007 vergleichen.

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