Ehemalige Kiesgrube Im Kessel von Rheindorf geht's rund

AUERBERG · Wo früher Kies und Sand abgebaut wurden, kicken heute Fußballer jeden Alters und Geschlechts. Im Kessel von Rheindorf geht's rund, am Büdchen können sich alle stärken.

„Kessel? Was ist der Kessel?“ Dieser Frage eines quasi „Neu-Graurheindorfers“, der „erst“ acht Jahre im Stadtteil lebt, muss nachgegangen werden. Die Antwort wird auf einen Blick bei einem Spaziergang von Graurheindorf nach Auerberg offensichtlich: „Kessel“ steht in fetten schwarzen Lettern auf einem knallgelb gestrichenen Büdchen, das wiederum auf dem Sportplatz Kopenhagener Straße steht. Mit Kessel ist allerdings nicht der kleine Kiosk des TV Rheindorf gemeint, sondern der gesamte Platz, auf dem die Fußballspieler des „Kultvereins aus dem Bonner Norden“ trainieren.

Warum Kessel? „Der Begriff ergibt sich aus der Lage; hier wurden früher Kies und Sand abgebaut und dafür ein Kessel in den Hang ,gefräst’“, erklärt Joachim Klaßen, Geschäftsführer des TV Rheindorf. „Der Kessel hat durch seine Form Stadionatmosphäre. Viele neue Plätze liegen auf der grünen Wiese, in total offenem Gelände, da kommt keine Stimmung auf“, so Klaßen. „Bei uns schon. Es geht sehr familiär zu; man sieht, wer reinkommt, die Zuschauer sitzen geballt auf einem Punkt, und manchmal wird es auch ordentlich voll“, sagt Jugendleiter Thomas Lützeler. „Der Sportpark Nord hat bei Weitem nicht diese Atmosphäre“, so Klaßen.

Und der hat kein Büdchen, das mit soviel Herzblut geführt wird wie beim TV Rheindorf. An jedem Spieltag steht hier seit zwei Jahren Alexander Lenk hinter dem Tresen. Es sei denn, der Job lässt es nicht zu. Sonst brät der stellvertretende Vorsitzende und C-Jugend-Trainer, der durch seine fußballspielende Tochter zum TV Rheindorf kam, Bratwürste, Frikadellen und Chicken-Nuggets, frittiert Pommes, gibt Kaffee umweltgerecht im Porzellanbecher mit Vereinslogo aus, verkauft Süßigkeiten und Limo. Bier gibt es nur an Spieltagen der Erwachsenen. Sein Pommes-Verkaufsrekord am Wochenende liegt bei 60 Kilogramm.

Büdchen finanziert Schiedsrichterkosten

Warum er sich die ganze Arbeit macht? „Weil keiner das Büdchen missen, aber keiner die Arbeit machen will“, weiß er. „Und weil es mir Spaß macht.“ Er wird sogar manchmal angerufen, ob das Büdchen heute aufmacht, weil der Anrufer daheim nicht kochen möchte. Oder jemand erkundigt sich, ob es noch Frikadellen gibt und sich der Weg lohnt. Manchmal verkauft Lenk auch Schaschlik. Immer dann, wenn es den ersten Vorsitzenden Mark Vey wieder mal gepackt und er für hundert Mann gekocht hat.

Allein ist Lenk nie: Vereinsmitglieder Heike Gierlich, Jessica und Karl-Heinz Monitor sind immer da, wenn das Büdchen offen ist. „Wir sind das lebende Inventar“, sagen sie lachend. Mit den Einnahmen aus den moderaten Preisen finanziert der Verein die Schiedsrichterkosten. Da kommen an einem intensiven Spielwochenende schnell 200 bis 300 Euro zusammen. Der TV Rheindorf hat übrigens 450 Mitglieder, überwiegend Auerberger, aber das Einzugsgebiet reicht über Graurheindorf bis nach Castell. 300 sind aktive Sportler. Es gibt 13 Jugend- und drei Herrenmannschaften und eine Damenmannschaft.

Vor fünf Jahren waren es „nur“ sechs Jugendmannschaften. „Der Kunstrasen, den wir im Frühjahr 2018 bekommen haben, ist ein Mitglieder-Magnet. Wir hätten ihn nur gerne früher gehabt und nicht als Letzte“, sagt Klaßen. Für den Mitgliederzuwachs spricht sicher auch, dass es beim TV Rheindorf ohne Leistungsdruck zugeht, der Fußball als Breitensport zählt. „Zu uns kann jeder kommen und gucken, ob Fußball etwas für ihn ist“, sagt Lützeler.

Deutlich schwieriger ist es, qualifizierte Trainer zu finden, wissen Klaßen und Lützeler. „Unser Wunsch ist es deshalb, das volle Angebot aufrechterhalten zu können und Sponsoren zu finden. Am liebsten regelmäßige Spender. Hier ist nicht die finanzstärkste Gegend – und die Kosten für einen Trainingsanzug liegen schnell bei 35 Euro“, so Klaßen. Einen Kessel-Cup gibt es seit vergangenem Jahr auch: 48 Mannschaften des Fußballkreises Bonn – von Bambinis bis F-Jugend – traten bei der Premiere an. Die zweite Auflage ist für das erste Juli-Wochenende geplant. Im Kessel, versteht sich.

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