Großeinsatz der "Ermittlungsgruppe Tannenbusch" Vier Festnahmen in Bonner Drogenszene

Bonn · Die Bilanz der "Ermittlungsgruppe Tannenbusch": 89 Personen- und 46 Fahrzeugkontrollen, fünf Strafanzeigen, vier Festnahmen, 200 Gramm Kokain, kleinere Mengen Marihuana, 1.620 Euro Bargeld und ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Der Kampf gegen die Drogenkriminalität in Neu-Tannenbusch geht weiter. Am Donnerstagmittag durchsuchte die Bonner Polizei in der Nähe des ehemaligen Tannenbusch-Centers, an der Oppelner Straße und dem Kattowitzer Weg, zwei Wohnungen. In einem Objekt wurde sie fündig: So stellten die Einsatzkräfte, die von Drogenspürhunden unterstützt wurden, unter anderem 200 Gramm Kokain sicher.

Die Beamten kontrollierten insgesamt 89 Personen sowie 46 Fahrzeuge und fertigten fünf Strafanzeigen und vier Ordnungswidrigkeitenanzeigen. Im Verlauf des Einsatzes konnte ein 26-Jähriger, dem das aufgefundene Kokain nach ersten Ermittlungen zuzuordnen ist, nach einer Fahndung festgenommen und ins Polizeipräsidium gebracht werden. Die Ermittlungen gegen ihn dauern an.

Zwei weitere Männer wurden wegen Drogendelikten vorläufig festgenommen. Die 17 und 33 Jahre alten Tatverdächtigen, bei denen die Beamten insgesamt 1.620,- Euro Bargeld sowie kleinere Mengen Marihuana fanden, wurden nach Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Drogenhandels aus dem Polizeigewahrsam entlassen. in 22-Jähriger führte ein unerlaubtes Einhandmesser mit sich, das wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz sichergestellt wurde.

Kampf gegen die Drogenkriminalität in Bonn
3 Bilder

Kampf gegen die Drogenkriminalität in Bonn

3 Bilder

Die Durchsuchungen waren ein Puzzleteil verschiedener Maßnahmen, die die Polizei mit Unterstützung von Stadt, Zoll und der Autobahnpolizei am Donnerstag umsetzte. Insgesamt waren 100 Kräfte im Einsatz. Am Verteilerkreis, an der Abfahrt Richtung Tannenbusch, führten die Beamten Fahrzeugkontrollen durch, an der Anschlussstelle Bornheim wurde der fließende Verkehr unter die Lupe genommen.

Nachmittags standen weitere Überprüfungen an, zum Abschluss dann kontrollierten die Beamten am Kunstmuseum Fernreisebusse, die unter anderem aus Amsterdam nach Bonn kamen. Wie viele Personen und Autos überprüft und was genau sichergestellt wurde, konnte die Polizei am Donnerstag noch nicht sagen. Eine Abschlussbilanz des Einsatztages wird am Freitag vorliegen.

Neu-Tannenbusch verstärkt im Blick

Seit Juni haben die Einsatzkräfte Neu-Tannenbusch verstärkt im Blick, eigens dafür wurde sogar eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet. Rund 1.800 Personen und Fahrzeuge wurden seitdem kontrolliert, mehr als 100 Strafanzeigen geschrieben und 23 Verdächtige festgenommen.

Doch warum Neu-Tannenbusch? „Wir haben dort eine schwierige Situation“, beschrieb Sondereinsatzleiter Bernd Heller. Gedealt werde dort zwar schon immer. Seit aber das Tannenbusch-Center im vergangenen Jahr abgerissen wurde, habe sich die Drogenszene verlagert, sei nun deutlich sichtbar auf Straßen und sogar in Hausfluren. Darüber habe es Beschwerden von Anwohnern gegeben. Hinzu komme, dass die Jugendlichen in dem Stadtteil im Bonner Norden „etwas brutaler, aggressiver und gewaltbereiter sind als andere 15-Jährige“. Und: Auch Salafismus und Islamismus seien ein Problem. Der Schwerpunkt der Bonner Szene in diesem Bereich liege in Tannenbusch.

Im Vordergrund der Sondereinsätze aber steht der Kampf gegen Drogen- und Straßenkriminalität. „Es geht darum, Präsenz zu zeigen, aber auch repressiv tätig zu werden“, erklärte Heller. Die Beamten gehen dabei vor allem gegen Dealer und Gewalttäter, aber auch gegen Kurierfahrer vor. So beschäftigt sich der Zoll unter anderem mit der Frage, wie das Rauschgift nach Tannenbusch hinein- und wieder herauskommt – der Grund für die Fahrzeugkontrollen im Umfeld der Autobahnen.

„Jeder kann ein Schmuggler sein“

Welcher Wagen angehalten wird, dafür habe man mit der Zeit einen Blick, erzählte ein Zollbeamter. „Jeder kann ein Schmuggler sein“, ist er sicher. Und erzählt von einer Familie, die mit einem Baby unterwegs war und im Zuge einer Drogenkontrolle überprüft wurde. Trotz Unschuldsbeteuerungen fanden die Beamten Rauschgift. Versteckt in der Windel des Kindes.

Die Einsätze im Bonner Norden gestalten sich häufig schwierig: Nicht nur, dass Häuser und Tiefgaragen teilweise miteinander verbunden sind, es laut Polizeisprecher Simon Rott also zahlreiche Fluchtmöglichkeiten gebe. Darüber hinaus ist es für die Polizei „nicht leicht, unbeobachtet nach Tannenbusch zu gelangen“, beschrieb Heller. Der Grund: Es kommt vor, dass die Verdächtigen frühzeitig gewarnt werden – teilweise werden dafür Familienangehörige eingesetzt.

Um zu verhindern, dass die Dealer flüchten, bevor die Beamten eintreffen, versucht die Polizei stets neue Wege zu gehen – und das im doppelten Sinn. Auf der einen Seite geht es darum, andere Wege als über den Verteilerkreis zu erschließen, um in den Stadtteil hineinzukommen, so Rott. Auf der andere Seite muss die Tarnung stets erneuert werden, wie zum Beispiel im April, als die Beamten in einem verdunkelten Linienbus anrückten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort