"4 Pfoten für Sie" Hunde-Besuchsdienst will in Bonn Fuß fassen

BONN · Hunde sollen im Besuchsdienst für demente Menschen eingesetzt werden. "Tiere bringen auch von Demenz Betroffenen Lebensfreude und Lebensqualität in den Alltag. Dabei steht das Prinzip von Normalität im Vordergrund", erläutert Änne Türke das Projekt.

 Ein eingespieltes Team: Claus Parlow, Labrador Frodo und Gabi von Hagen.

Ein eingespieltes Team: Claus Parlow, Labrador Frodo und Gabi von Hagen.

Foto: Max Malsch

"Ja, Frodo, ganz ruhig bleiben", sagt Gabi von Hagen zu ihrem Labrador und führt ihn und die offenbar konfuse Dame neben ihr sicher über den Zebrastreifen. Der schöne weißgelbe Labrador hat auch diese Prüfung wunderbar bestanden. Von Hagen streichelt den knapp Dreijährigen stolz übers Fell. Die vielbefahrene Straße mit einer Person, die offensichtlich plötzlich in die andere Richtung ausbrechen will, zu überqueren, sei für einen quicklebendigen Hund nicht selbstverständlich.

"Frodo lässt sich einfach nicht aus der Ruhe bringen. Und jetzt nach dem Kurs erst gar nicht", meint "Herrchen" Claus Parlow, der auf der anderen Seite gewartet hat. Der Vorsitzende der Bonner Behinderten-Gemeinschaft, seine Frau und nicht zuletzt eben Frodo haben eine Ausbildung des Kölner Vereins "4 Pfoten für Sie" durchlaufen. Der Labrador wird im Besuchsdienst für demente Menschen einsatzbereit sein.

"Tiere bringen auch von Demenz Betroffenen Lebensfreude und Lebensqualität in den Alltag. Dabei steht das Prinzip von Normalität im Vordergrund", erläutert Änne Türke das Projekt. Die Diplom-Sozialarbeiterin und Altenpflegerin stellte "4 Pfoten für Sie" unlängst der Bonner Behinderten-Gemeinschaft vor. Die besonders ausgebildeten Hunde gingen mit ihren Haltern und den Menschen mit Demenz spazieren. Durch Streicheln, Bürsten, Spielen und Füttern würden bei den Erkrankten offenbar doch nicht verschüttete Erinnerungen und natürlich auch die Motorik angeregt. "Unsere Hunde wirken als Türöffner, sie fördern auch die Sinneswahrnehmung. Die Begleitung erfolgt stundenweise, und Angehörige können diese Zeit für eigene Bedürfnisse nutzen", so Türke.

Rund 75 Prozent der Menschen mit Demenz würden ja zu Hause von Angehörigen betreut. Das gehe bei genau diesen Betreuern häufig bis an die Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit, weiß Türke. "Unsere ehrenamtlichen Besuchsteams bieten hier wenigstens stundenweise Entlastung und einen unbürokratischen Zugangsweg zu Tieren." Die Kosten für den Besuchsdienst, der aber keine Therapie bedeute, könnten über die Pflegekasse abgerechnet werden. Türke plant nun, den Dienst in Bonn auszuweiten. Der Behinderten-Gemeinschaft stellte sie die Idee vor, dass gerade auch sensible Gehörlose mit ihren Hunden in diesem ehrenamtlichen Bereich aktiv werden könnten. "Gehörlose haben zweifelsfrei besondere Kompetenzen, mit ihren Hunden auf andere Menschen eínzugehen", meint Türke. Sie hat dafür aktuell einen Antrag beim Landesministerium und den Pflegekassen laufen.

Claus Parlow und seine Frau Gabi von Hagen stehen auf jeden Fall voll und ganz hinter dem Projekt. Zu ihren Füßen sitzt brav Frodo, der wegen seiner anfangs augenscheinlich großen Füße den Namen des "Herr der Ringe"-Hobbits verpasst bekam. Der Labrador springt oder bellt nach dem Kurs aus Prinzip niemanden an, auch nicht aus Freude.

Derzeit üben seine Halter mit ihm intensiv, dass er Türen öffnet, also Türklinken herunterdrücken kann. Parlow wirft seinen Schlüsselbund ein paar Meter weiter weg auf den Bürgersteig. Frodo mit dem "4 Pfoten für Sie"-Leibchen schaut ihn aufmerksam an. Wenn das Medikamente wären, würde Frodo sie keineswegs anknabbern wie wohl die meisten Hunde, berichtet Parlow. "Hol' mir die Schlüssel, Frodo", ruft das Herrchen. Der Labrador startet, kreist um den Bund - und hat ihn mit seinen Zähnen schon erwischt. Brav bringt er die Schlüssel zurück. Auch dieser Test ist bestanden.

Das Projekt

"4 Pfoten für Sie" ist ein bundesweites Projekt. In der Region wird es von Altenpflegerin Änne Türke geleitet. Hunde-Besuche bei Menschen mit Demenz werden von geschulten Ehrenamtlichen bei den Betroffenen durchgeführt. Besitzer und Hunde werden in einem 40-stündigen Qualifizierungskurs auf die gemeinsame Aufgabe vorbereitet und weiter begleitet. Weitere Infos unter 0 22 03/36 91-1 11 74, nach einer E-Mail an a.tuerke@alexianer.de und im Internet auf www.4-pfoten-fuer-sie.de.

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