"100 Köpfe: Wir sind Bonn" Horst-Dieter Tontarski: Tafel als neue Lebensaufgabe

BONN · Horst-Dieter Tontarski gehört zu den Ehrenamtlichen, die 1300 Bonner mit 520 Weihnachtspaketen versorgen.

 Ruhestand kommt für Horst-Dieter Tontarski nicht in Frage. Der 63-Jährige ist im Team der Bonner Tafel aktiv.

Ruhestand kommt für Horst-Dieter Tontarski nicht in Frage. Der 63-Jährige ist im Team der Bonner Tafel aktiv.

Foto: Barbara Frommann

Er kommt gerade nach einem auch körperlich anstrengenden Elf-Stunden-Arbeitstag nach Hause. "Wir packen derzeit unsere Weihnachtspakete. Da heißt es anpacken", sagt Horst-Dieter Tontarski. Mit "uns" meint der 63-Jährige das Team der Ehrenamtlichen der Bonner Tafel. Tontarski hat erneut einen Tag lang unzählige gespendete Waren angenommen, sortiert, aufgeteilt und dann in Weihnachtspakete für 520 bedürftige Bonner Familien gepackt. "Wir versorgen rund 1300 Personen mit hochwertigen Sachen. Viele hatten uns extra Wunschzettel gegeben."

Der ehemalige Bundeswehrsoldat, der bis vor zehn Jahren auf der Hardthöhe arbeitete, ist ein sachlicher Mensch. "Ich stamme aus Bremen", sagt der Vater zweier erwachsener Töchter und lacht. Wenn Tontarski aber von seiner "neuen Lebensaufgabe", der Essensvergabe der Tafel spricht, wird das Nordlicht fast emotional. "Ich habe mein ganzes Leben keine Probleme gehabt, war immer gesund. Dafür bin ich dankbar und will davon etwas an andere weitergeben."

Nein, nach der Pensionierung wollte er nicht den Haushalt umkrempeln. Jetzt lacht Tontarski wieder. Seine Frau kümmere sich da bestens, schaue auch nach den drei Enkeln. Er wolle Menschen helfen, die im Leben nicht so viel Glück hatten. Im GA las er von der Bonner Tafel. Und da war er mit seinem verwaltungstechnischen Know-how, mit seinem Organisationstalent, mit seinem zupackenden Naturell genau der Richtige. Seit er im Vorstand sei, bleibe die praktische Arbeit natürlich auch erhalten. "Ich kann da doch jetzt nicht sagen: Macht Ihr mal den Kram mit dem Packen."

Tontarski erzählt gerne von der guten Kooperation im 115-köpfigen Helfer-Team. "Ich konnte mir vorher gar nicht vorstellen, was es für Armut bei uns gibt", sagt er nun ernst. Die Bedürftigen, die sich ja auch ausweisen müssten, erzählten einiges aus ihrem traurigen Alltag. "Da sind wir plötzlich auch Sozialberater. Da muss man manchmal aufpassen, nicht selbst zu heulen." Tontarski schluckt - und erzählt Geschichten von Menschen, die Krankheit in die Armut stürzte, von Müttern, die von ihren Männern verlassen wurden, von Geschlagenen, von immer mehr Flüchtlingsfamilien, die vorsprächen.

Dann kommt der 63-Jährige auch schnell wieder auf sicheres Terrain. Die Tafel könne ihre Hilfe nicht weiter expandieren, obwohl der Bedarf da sei. Das liege aber nicht an fehlenden Helfern, das läge nicht an den Flüchtlingen, sondern nur an der letztlich begrenzten Warenmenge, die man von den Einzelhändlern noch zur Verfügung gestellt bekomme. Es sei natürlich zu begrüßen, dass Händler inzwischen genauer hinschauten, welche Lebensmittel sie dann doch noch verkaufen könnten. Aber es gebe leider noch eine ganze Reihe Geschäfte, die nicht mit der Tafel kooperieren wollten.

"Es steht und fällt alles mit dem Geschäftsführer. Wenn der seine Restbestände einfach nur in den Müll knallen will, können wir nichts machen", sagt Tontarski. Da sei Überzeugungsarbeit gefordert. Die Tafel-Helfer nützten doch jedem Händler. "Wir machen denen sogar ihre Rampe blitzblank sauber. So sparen die Personal." Tontarski, der auch als Schatzmeister im Betriebssportkreisverband Bonn/ Rhein-Sieg und auch als Badminton-Spieler beim Betriebssport Hardthöhe mitmischt, kehrt zum sachlichen Ton zurück. Dieser Tage packe man also mit Hochdruck die letzten Weihnachtspakete. "Und dann haben wir mal zwei Wochen Ferien." Das sei auch gut für die Bedürftigen, die die Arbeit der Tafel so besser wertschätzen könnten. "Und das ist gut für die Händler", lacht Tontarski. "Dann sehen die nämlich mal, was wir für sie an Entsorgung leisten.

Pro Monat verteilt die Bonner Tafel durchschnittlich zehn bis 15 Tonnen Obst und Gemüse, 3.000 Brote, 10.000 Brötchen, 2.000 Stück Gebäck, 1.000 Kilogramm Feinkost/Milchprodukte, 1.000 bis 3.000 Kilogramm Konserven und Sonstiges. Um die Lebensmittel zu verteilen, sind die vier Fahrzeuge rund 4.000 Kilometer pro Monat unterwegs.

Das sagt Horst-Dieter Tontarski über Bonn

  • "An Bonn gefällt mir... alles. Ich lebe seit 25 Jahren in dieser schönen Stadt. Ich konnte es nicht besser treffen."
  • "Ich vermisse... die Renovierung aller Sportstätten."
  • "Mein Lieblingsplatz ist ... nein, nicht die Mackestraße 51 bei der Bonner Tafel. Es ist mein Zuhause bei meiner Frau Elke."
  • "Typisch Bönnsch... sind die netten Rheinländer. Ich komme aus Norddeutschland."

Kontakt und Infos zur Tafel unter 02 28/ 9 76 88 08 und per Mail an bonnertafel@t-online.de

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