Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" Hans-Martin Schmidt: Ruhender Pol des Spendenparlaments

BONN · Der Mann hat viele Facetten. Zum einen ist Hans-Martin Schmidt als Mitgründer und Motor der Bürgerinitiative Bonner Spendenparlament vielen ein Begriff. Dann kennen die Bonner ihn auch als seit 1986 langjährigen Professor des Anatomischen Instituts.

Der inzwischen eremitierte 71-jährige Wissenschaftler ist als Autor wichtiger Publikationen zur Klinischen Anatomie insbesondere der menschlichen Hand eine Kapazität seines Faches. Schmidt ist auch berufenes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie und stellt als passionierter Fotograf derzeit im Haus der Natur an der Waldau unter dem Titel "Lichtspuren" Makroaufnahmen von Blüten, Blättern und Pflanzenteilen aus. Und doch entpuppt sich der Tausendsassa beim GA-Interview als ein absolut bescheidener und freundlich lächelnder Gesprächspartner.

"Ja klar, er ist unser ruhender Pol", sagt Spendenparlaments-Kollege Wolfram Schmuck. "Ich versuche halt immer, alle Mitglieder zusammenzuhalten", antwortet Schmidt strahlend. Gut vorstellbar, warum ihn die Studenten 1992 bei der bundesweiten Aktion "Prüf' den Prof!" des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) unter 800 deutschen Professoren für seine "hervorragenden Lehrleistungen" auf den ersten Platz hievten.

"Er nimmt Studenten die Angst", titelte selbst die Boulevardpresse über den Wissenschaftler, der seine angehenden Mediziner angesichts zu sezierender Leichen so fachlich gekonnt wie sympathisch vor Ohnmachtsanfällen zu bewahren wisse. Dabei habe er sich als kleiner Knirps selbst geekelt, wenn seine Mutter die Weihnachtsgans ausnahm, erinnert er sich in dem Artikel an seine Jugend, als der Berufswunsch noch ganz fern war. Disziplin scheint ein Lebensprinzip des in Posen geborenen Hans-Martin Schmidt zu sein, der in Bremerhaven sein Abitur machte und in Würzburg Medizin studierte.

Hier war auch über die Promotion hinaus bis zur Habilitation sein Lebensmittelpunkt. In Würzburg gründete er mit Ehefrau Almuth eine Familie. Der Sohn und die Tochter sind inzwischen erwachsen. 1986 kam dann die Berufung auf eine C 3-Professur in Bonn. Er erinnere sich noch genau, mit welchen Worten der damalige Rektor ihm die Urkunde überreichte: "Sie tun mir leid. Sie werden Ihre gesamte Professorenzeit auf einer Baustelle verbringen."

Schmidt lacht. Genau so sei es gekommen. Er sei anfangs schon erschrocken über die baulichen Gegebenheiten in der Anatomie gewesen. Umso schöner seien sie jetzt. "Ich kann nur jedem raten, sich heute das wunderbare Gebäude anzusehen." Schmidts Augen strahlen.

Sein Sinn fürs auch kleingliedrig Schöne hat ihn nicht nur zur Passion für die Anatomie der menschlichen Hand, sondern im Hobby Fotografie auch zum Reiz der Pflanzen geführt. "Mein Vater war Diplomgärtner. Ich war also schon als kleiner Junge von der Pflanzenwelt, von der Schönheit kleiner Strukturen fasziniert", berichtet Schmidt. Andererseits habe er nach der Professorenkarriere auch überlegt, sich sozial sinnvoll zu engagieren.

"Da kam ich über Studentenkontakte zu diesem Projekt eines Spendenparlaments." Mit Feuereifer war Schmidt sofort dabei - und ist einer der wenigen Parlamentarier der ersten Stunde geblieben. "Heute sind wir zum großen Teil Pensionäre. Klar, wir haben ja auch mehr Zeit." Seine vielfältigen Kontakte wie seine Erfahrung in organisatorischen Fragen bringe er gerne in die Arbeit der Hilfsorganisation für sozial Schwache ein.

"Ich finde unsere Idee, in demokratisch gesitteter Debatte über die Verwendung von Spendengeldern zu entscheiden, brillant", sagt Schmidt. Spendensammeln sei natürlich nicht immer leicht. Und dass jedes der inzwischen mehr als 310 Mitglieder eigentlich nur fünf Euro monatlich einzahlen müsse, sei für manchen Mitbürger, den man hinzuzuwerben versuche, schon eine angeblich zu hohe Belastung. Er erlaube sich damit nicht Spott über diejenigen, die nur wenig Erspartes hätten, fügt Schmidt sofort hinzu. Und lächelt schon wieder freundlich und bescheiden.

Typisch bönnsch

Das sagt Hans-Martin Schmidt über seine Heimat:

  • Mein Lieblingsplatz sind die Botanischen Gärten. Ich liebe den am Poppelsdorfer Schloss.
  • An Bonn gefällt mir das schöne Ambiente und dass es hier fast schon mediterran ist.
  • Ich vermisse in Bonn einen ordnungsgemäßen Nahverkehr. Bus und Bahn sind doch viel zu teuer. Grauenhaft.
  • Typisch bönnsch ist die offene Art der Bonner, ihr rheinisches Temperament.
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