Schauspieler im Interview Hannes Jaenicke beklagt Einfluss der Lobby gegen Umweltschutz

Bonn · Den Antrittsbesuch der neuen Bundesumweltministerin Svenja Schulze beim Bonner Bundesamt für Naturschutz nutzte Umweltaktivist und Schauspieler Hannes Jaenicke zur Übergabe einer Petition gegen PET-Flaschen und Plastikmüll. Am Rande des Termins sprach der GA mit Jaenicke.

 Hannes Jaenicke übergibt Umweltministerin Svenja Schulze eine Petition gegen den Plastikmüll.

Hannes Jaenicke übergibt Umweltministerin Svenja Schulze eine Petition gegen den Plastikmüll.

Foto: Stefan Hermes

Schauspieler Hannes Jaenicke sprach mit dem GA über sein Engagement für den Umweltschutz.

Sie haben soeben die Petition „Goodbye Plastic Bottles“ an die Ministerin überreicht. Glauben Sie nach Ihren Erfahrungen noch an den Erfolg solcher Maßnahmen?

Hannes Jaenicke: Wenn man darauf wartet, dass die Politik etwas tut, kann man lange warten. Wir leben in einer Lobbykratie. Die Minister, inklusive Frau Schulze, haben genau den Spielraum, den die Industrie ihnen lässt. Das beste Beispiel ist die Autoindustrie: Die regiert einfach durch. Die Amerikaner würden Herrn Winterkorn einsperren, in Deutschland bekommt er 1,7 Millionen Euro Rente und fliegt mit Privatjet von VW durch die Gegend. Das Gleiche gilt für die Pharma-, Chemie- und ganz schlimm: die Agrarlobby.

Was muss passieren?

Jaenicke: Warum ist bei uns Einwegplastik erlaubt? Das muss verboten werden. Warum ist auf den 380.000 To-Go-Bechern, die in der Stunde in Deutschland verbraucht werden, kein Pfand drauf? Politik, Industrie und der Endverbraucher müssen sich bewegen. Die Industrie ist dabei nur auf Rendite gedrillt, die Umwelt ist ihr völlig egal, sonst wäre nicht jedes Miniprodukt in Plastik eingeschweißt.

Sie drehen Filme über bedrohte Tierarten, schreiben Bestseller wie „Wut allein reicht nicht“ oder „Wie Industrie und Medien uns zum Narren halten“. Was bleibt einem überzeugten Umweltschützer noch übrig zu tun?

Jaenicke: Ich kann als Medienschaffender und Filmemacher für Aufmerksamkeit sorgen. Aber auch als Endverbraucher lässt sich was tun: Plastik vermeiden oder ein umweltfreundliches Auto kaufen.

Seit zwölf Jahren gibt es Ihre erfolgreiche Fernsehreihe „Im Einsatz“ für Orang-Utans, Eisbären oder Elefanten, um nur einige zu nennen. Warum Filme über Exoten?

Jaenicke: Es ist bekannt, dass sich das Artensterben rapide beschleunigt. 30 Prozent der einheimischen Tierarten sind vom Aussterben bedroht. Und Eisbären sind keine Exoten. Warum stirbt er aus? Weil wir ihm die Lebensgrundlage wegheizen. Warum stirbt der Orang-Utan aus? Weil wir im Baumarkt Gartenmöbel aus Teakholz kaufen, wofür sein Lebensraum, der Regenwald abgesägt wird. Man kann nicht mehr so tun, als wäre das alles weit weg und könnte uns nichts angehen. Das hat immer etwas mit unserem Konsumverhalten zu tun.

Was ist Ihr nächstes Projekt?

Jaenicke: Ich habe gerade angefangen eine Doku über das Aussterben der heimischen Sing- und Zugvögel zu drehen: Schwalben weg, Mauersegler weg, Mönchsgrasmücke weg, alles weg.

Womit wir wieder beim Insektensterben wären, das Ministerin Schulze als erstes bekämpfen will.

Jaenicke: Neonicotinoide oder Glyphosat sind eine Katastrophe. Dass dieser Gift-Minister Schmidt das noch einmal fünf Jahre verlängert hat, ist ein absoluter Skandal. Da hat Ministerin Schulze jetzt eine echte Baustelle. Auch mit Klöckner. Da mache ich mir wenig Hoffnung.

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