Flic Flac-Premiere in Bonn Höchstleistung in Gefängniszellen

BONN · Zirkus Flic Flac gastiert vor der Beethovenhalle. Zur Inszenierung der Jubiläumsshow "Höchststrafe" agieren die Artisten als Häftlinge, Bühnenhelfer als Wärter.

Die Gefängniszellen sind karg und düster. Initialen sind in die Wände geritzt, gleich daneben hängen Pin-up-Fotos aus einschlägigen Herrenzeitschriften. Knastatmosphäre pur – und das direkt vor der Beethovenhalle. Die Zellen gehören zum Bühnenbild im Flic-Flac-Zelt.

„Höchststrafe“ lautet der Titel der Jubiläumsshow anlässlich des 25-jährigen Bestehens, mit der die Truppe jetzt in Bonn gastiert. Das Motto zieht sich jedoch nicht nur durch die Kulisse, auch die Artisten passen sich an: Alle tragen Anstaltskleidung mit entsprechender Häftlingsnummer auf dem Rücken, die Bühnenhelfer sind an ihren Uniformen als Gefängniswächter zu erkennen.

Doch bevor Attraktionen, Nervenkitzel und spektakuläre Stunts geboten werden, gibt es noch viel zu tun. Die Lichttechnik ist noch nicht final installiert, die Gefängniszelle für die Band muss noch hergerichtet, Trapeze, Rampen und Luftnetze unter der Zirkuskuppel befestigt werden. Der „Globe of Speed“, die Stahlkugel mit einem Durchmesser von sechseinhalb Metern, in der bis zu zehn Motorradfahrer gleichzeitig kreuz und quer rasen, steht noch abseits der Bühne. Aber: „Wir liegen absolut im Zeitplan, zur Premiere heute wird alles perfekt sein“, verspricht Rudi Bauer.

Flic Flac zeigt die Jubliäumsshow in 40 deutschen Städten

Seit 23 Jahren gehört die gebürtige Ukrainerin Irina Rizaeva zum Ensemble. Mit acht Jahren hat sie ihre Liebe zum Jonglieren entdeckt. Sie besuchte die angesehene Zirkusschule in Kiew und wurde dort ausgebildet. „Ich jongliere morgens, mittags und abends. Ich habe immer meine Bälle dabei“, erzählt die Künstlerin, die eine besonders spektakuläre Nummer präsentiert. „Die beherrscht sonst niemand auf der Welt“, erklärt sie und klettert in ihre Zelle, die nicht nur mit Gitterstäben, sondern auch mit Glasscheiben gesichert wurde. Darin jongliert sie mit bis zu acht Gummibällen gleichzeitig. „Andere werfen nur nach oben oder nach unten. Aber ich arbeite in mehreren Dimensionen“, erläutert sie und führt ihr Kunststück vor.

Sie wirft jeden Ball exakt justiert, sodass er von der Scheibe hinter ihr abprallt. In einem speziellen Winkel schnellt der Ball dann über mindestens zwei Seitenwände zielgenau in ihre Hand zurück. Für diese Übung muss sie jedoch nicht nur körperlich fit, sondern auch hochkonzentriert bei der Sache sein. „Das ist die eigentliche Anstrengung“, ergänzt sie.

Schon die Eltern waren beim Zirkus

Ein echtes Zirkuskind ist der 23-jährige Nicolai Kuntz. Schon seine Eltern gehörten zum Flic-Flac-Team. „Ich bin hier aufgewachsen. Mir war früh klar, dass ich Artist werden will“, lacht er. Er tritt gleich mit zwei Nummern auf: Am Schwungtrapez dreht er Pirouetten, wenig später lässt er bis zu drei Diabolos über den dünnen Faden tanzen.

Am Trapez muss er besonders aufmerksam sein. In einer Höhe von rund acht Metern schwebt er dann unterhalb der Zirkuskuppel. „Dort oben bin ich allein auf mich gestellt, während ich bei der Diabolo-Nummer mehr Kontakt zum Publikum habe“, so der 23-Jährige. Fit muss er jedoch für beide Einlagen sein. „Ich mache jeden Tag Ausdauer- und Krafttraining.“

Ihr Herz hat die gebürtige Ukrainerin Julia Galenchyk schon in jungen Jahren an den Zirkus verloren. Dass sie dort allerdings auch die Liebe ihres Lebens findet, das ahnte sie nicht. Zusammen mit ihrem Mann Dmytro Tukeiev präsentiert sie eine romantische Liebesgeschichte an den Strapaten, in ihrer Solokür schwebt sie ohne Sicherung im Luftnetz in schwindelerregender Höhe über den Köpfen der Zuschauer. Kraft und Vertrauen brauche sie dafür. Deshalb würde sie an den Strapaten auch nur mit ihrem Mann arbeiten. „Ich muss mich auf meinen Partner hundertprozentig verlassen können. Das würde ich mit keinem anderen Artisten machen“, erklärt sie.

In 40 deutschen Städten ist die Flic-Flac-Jubiläumsshow zu sehen. Das Gastspiel in Bonn sticht jedoch mit einer Besonderheit hervor: Aufgrund von Lärmbeschwerden beginnt hier das Programm bereits um 19 Uhr, in den 39 anderen Städten um 20 Uhr.

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