Gegen Ex-IHK-Präsidenten Grüner verliert 100-Millionen-Wette um Beethovenhalle

Bonn · Nach der Kostenexplosion in der Beethovenhalle steht der Grünen-Politiker zur Wette mit Wolfgang Grießl. Der frühere Präsident der Industrie- und Handelskammer hatte Recht mit seiner Einschätzung über die Sanierung der Beethovenhalle.

Nur noch zwei Millionen fehlen, dann hat Wolfgang Grießl seine Wette gewonnen. Vor zwei Jahren setzte der damalige Präsident der Industrie- und Handelskammer 1000 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Jugendorganisation darauf, dass die Sanierung der Beethovenhalle mehr als 100 Millionen Euro kosten und nicht rechtzeitig abgeschlossen sein würde. Nach den ursprünglichen Plänen der Stadt sollte die denkmalgeschützte Halle jetzt schon fertig sein. Tatsächlich wird offenbar auch der mehrfach verschobene Termin im April 2020 wieder gerissen.

„Das ist hochnotpeinlich“, sagt Grießl, der jahrelang für das umstrittene Festspielhaus-Projekt gekämpft hatte. „Wir feiern 2020 Beethovens Geburtstag und haben keine angemessene Halle dafür.“ Mit „etwas gesundem Menschenverstand“ habe jeder schon bei Sanierungsbeginn 2016 sehen können, dass das Projekt ins Trudeln geraten würde. Asbestfunde seien bei einem Gebäude aus den 50er Jahren erwartbar gewesen. Man habe auch gewusst, dass unter der Beethovenhalle der Schutt einer alten Klinik liege. Die Projektzeit sei mit zwei Jahren viel zu knapp bemessen gewesen. „Wo bleibt jetzt in dieser Stadt der Aufschrei?“, fragt Grießl mit Blick auf die damaligen Festspielhaus-Gegner.

1000 Euro fürs Theater Marabu

Der einzige, der Grießls Wette angenommen hat, ist Tom Schmidt. „Ich war überzeugt, dass die Planungen der Stadt belastbar sein würden“, sagt der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer. Das Städtische Gebäudemanagement müsse jetzt alles daran setzen, weitere Verzögerungen und Kostensteigerungen zu vermeiden. Eigentlich fand Schmidt Grießls Wette ziemlich daneben: „Das macht man nicht als IHK-Präsident!“ Trotzdem stehe er zu der Vereinbarung.

Sobald die 100-Millionen-Grenze überschritten ist, will Schmidt 1000 Euro aus seiner Privatkasse für ein Jugendprojekt ans Theater Marabu überweisen. Noch Anfang 2017 hatte die Stadt die Kosten der Beethovenhalle mit 61,5 Millionen Euro prognostiziert. Gestiegene Baupreise, Schwierigkeiten bei der Suche nach Weltkriegsmunition, Hohlräume im Untergrund und viele andere Probleme auf der Großbaustelle haben die Prognose auf zuletzt 96,5 Millionen Euro getrieben. Zusammen mit anteiliger Mehrwertsteuer sind es 98 Millionen Euro. Diese Steuer bekommt die Stadt nicht erstattet.

Komplexe Konstruktion

Kommunen sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Dass Bonn für die Sanierung trotzdem nicht den vollen Mehrwertsteuersatz aus eigener Kasse übernehmen muss, liegt an einer komplexen Konstruktion im Hintergrund. Die Stadt führt Beethovenhalle und World Conference Center Bonn (WCCB) als Betrieb gewerblicher Art und hat mit ihrer Tochterfirma BonnCC GmbH eine so genannte unechte Betriebsführung vereinbart. Damit, so das Presseamt, könne sie im „steuerlichen Sinn als Unternehmer handeln“ und Vorsteuer abziehen. Das Finanzamt habe das Modell abgesegnet.

Allerdings rechnet die Stadt damit, dass später fünf Prozent der Veranstaltungen in der Beethovenhalle „steuerschädliche“ Eigenveranstaltungen wie Brauchtumssitzungen sein werden. Sie bekommt deshalb fünf Prozent der 19-prozentigen Mehrwertsteuer nicht vom Finanzamt zurück – was derzeit rund 1,5 Millionen Euro der Sanierungskosten ausmacht.

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