Alanus-Studenten und Flüchtlinge Gemeinsam am Schwemmholz-Tisch

BONN · Mundschutz vor, Arbeitsbrille auf und den Jackenkragen hochgezogen. Trotzdem kriecht der feine Staub in jede Ritze und legt sich wie Nebel über Gesicht, Haare und Kleidung. "Aber es macht unheimlich viel Spaß", freut sich Felix und schleift weiter.

 Aus einem eineinhalb Tonnen schweren angeschwemmtem Stamm lassen Flüchtlinge und Studenten der Alanus Hochschule einen Tisch entstehen.

Aus einem eineinhalb Tonnen schweren angeschwemmtem Stamm lassen Flüchtlinge und Studenten der Alanus Hochschule einen Tisch entstehen.

Foto: Barbara Frommann

Er gehört zu den Flüchtlingen, die zusammen mit den beiden Alanus-Studenten Miriam Nolte und Loic Devaux den riesigen Holzblock bearbeiten. Seit Anfang der Woche gestalten sie unter dem Titel "Tabula Rasa" gemeinsam einen Tisch aus Schwemmholz. Die Aktion gehört zum Projekt "Tischgespräche, Tiere, Tabula Rasa". Drei künstlerische Studentenprojekte der Alanus Hochschule haben eine Ausschreibung der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft zum Thema "Perspektive Armut" gewonnen. Jetzt werden die Projekte umgesetzt.

Bevor Studenten und Flüchtlinge allerdings mit Kettensäge und Schleifmaschinen loslegen konnten, war Muskelkraft gefragt. Am Rhein bei Mainz war der rund 1500 Kilogramm schwere Koloss angespült worden. Mit einem Kran wurde das Stück geborgen und sollte per Anhänger nach Bonn transportiert werden.

"Dabei ist uns dann das Auto kaputt gegangen", erzählte Miriam Nolte gestern vor dem Frankenbad. Angekommen in der Bonner Altstadt, wurde erst einmal ein Loch in den Stamm gebohrt. "Damit das Holz nicht bricht", so die Studentin. Schnell waren drei Beine herausgesägt, der tonnenschwere Tisch stand stabil. Erst danach ging das "Feintuning" los: Mit Schleifmaschinen glätteten die Teilnehmer die Oberfläche. Und mehr und mehr kam dadurch auch die feine Maserung des Holzes zur Geltung.

Für Felix ist das genau die richtige Arbeit. Er ist vor zwei Monaten aus Guinea geflohen. "Erst hat man meine Mutter getötet, dann wollte man auch mich umbringen", erzählt er. Jetzt lebt er in Duisdorf. In Guinea hat er Polsterer gelernt. "Ich würde gerne auch hier in meinem Beruf arbeiten", berichtet er während einer kleinen Arbeitspause. "Aber es wird noch lange dauern, bis ich die deutsche Sprache spreche."

Immer wieder bleiben Passanten stehen, beobachten die Studenten und die Flüchtlinge bei der Arbeit und kommen schnell miteinander ins Gespräch. "Und nachmittags kommen immer viele Kinder und freuen sich, wenn sie mithelfen können", erzählt Miriam Nolte. Die Gastronomen, Kioskbesitzer und Ladeninhaber aus der Nachbarschaft würden zudem regelmäßig vorbeischauen und alle mit Lebensmitteln und Getränken versorgen.

Langsam ist zu erkennen, welch imposanter Tisch aus dem Schwemmholz wird. Er soll später nur mit Leinöl imprägniert werden, damit die feine Struktur erhalten bleibt. "Vielleicht", so überlegt Miriam Nolte, "werden wir ihn für einen guten Zweck versteigern." Mit dem Erlös wollen die Studenten dann Werkzeug für andere Projekte anschaffen. "Entschieden ist aber noch nichts", so Miriam Nolte.

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