Alte Schätze Gebäudereste des früheren Jesuitengymnasiums erzählen Bonner Geschichte

Bonn · Hinter den Fassaden an Bonngasse und Friedrichstraße schlummert Bonner Geschichte. Dort finden sich Reste des früheren Jesuitengymnasiums.

Reste des alten Bonner Jesuitengymnasiums (Beethoven) sind noch sichtbar.

Reste des alten Bonner Jesuitengymnasiums (Beethoven) sind noch sichtbar.

Foto: Benjamin Westhoff

Wie das so ist mit Schätzen: Mitunter schlummern sie jahrelang unter der Erde, und plötzlich kommen sie zum Vorschein. Während sich mancher Bonner derzeit am vorübergehenden Anblick der historischen Fassaden gegenüber dem Hauptbahnhof erfreut, bleibt ein anderes Stück Bonner Stadtgeschichte vorläufig weiter im Verborgenen: das ehemalige Jesuitengymnasium an der Bonngasse. Obwohl seit mehr als 200 Jahren außer Betrieb, sind Reste des Gebäudes weiterhin sichtbar.

Es war ein Artikel im General-Anzeiger, der Roland Goseberg aufmerken ließ. Darin ging es um ein Matrikelbuch, das Ludwig van Beethoven als Schüler des damals kurfürstlichen Gymnasiums auswies. Die Lehranstalt war der Vorläufer des heutigen Beethoven-Gymnasiums. „Kommen Sie ruhig mal vorbei und schauen Sie es sich an“, meldete sich Goseberg, der sein Büro in der Friedrichstraße hat und dort auf Teile des historischen Bonns blicken kann, in der Redaktion.

Jesuiten zogen 1736 ins Gebäude an der Bonngasse

Bereits 1626 bauten die Minoriten neben ihrem Konvent in der Brüdergasse ein neues Schulhaus zur Unterrichtung der weltlichen Jugend in Gymnasialfächern. Später übernahmen die Jesuiten die Schule und zogen 1736 an die Bonngasse. Das dortige Gebäude stand – deutlich zurückversetzt zur Straßenflucht – der Jesuitenkirche axial gegenüber. Vom damaligen Schulhof aus ließ sich die imposante Fassade der Jesuitenkirche noch wesentlich besser betrachten, als dies heute in der engen Bonngasse der Fall ist. Und auch das Gymnasium mit seinen Seitenflügeln und dem geschweiften Giebel wäre heute gewiss ein Blickfang – auch wenn es gemessen an der zeitgenössischen Architektur nicht mehr als ein profaner Zweckbau gewesen sein dürfte.

So weit, in aller Kürze, der historische Rückgriff. Heute ist das Entree längst überbaut worden: Das „Hotel Beethoven“ und die Gastwirtschaft „Ewige Lampe“ residieren hier. Und doch gibt es wenigstens zwei Bonner, die den Anblick des im neuzeitlichen Stadtbild versunkenen Gebäudes wenigstens in Teilen noch täglich vor sich haben. Genau hier arbeiten Roland Goseberg und Claus Vaske. Wer in der Friedrichstraße die Stufen zu ihren Büros ins oberste Stockwerk hinaufsteigt, der gewinnt beim Blick aus den Fenstern eine Ahnung vom „alten Bonn“: In zweiter oder gar dritter Reihe offenbart das Karree zwischen Friedrich- und Sternstraße, Bonngasse und Kasernenstraße so manchen Backsteinbau, der den Feuersturm des Bombenangriffs vom 18. Oktober 1944 überdauerte.

Goseberg führt die Internetagentur Rheinline, Vaske ist Comedy-Autor und zählte lange Zeit Harald Schmidt zu seinen Kunden. Hinter den Schreibtischen sind historische Steinsäulen aus der Gründungszeit zu sehen, und auf dem Dachboden offenbart sich der Blick auf Teile der Sandsteineinfassungen der Fenster. Zum Wagnis wird der Gang durch ein längst aufgegebenes Treppenhaus, das einst in den Altbau hineinführte. Zwischen Vorder- und Hinterhaus sieht man noch Teile der alten Schulfassade, nämlich die Einfassungen von Portal und Fenstern.

Unter Napoleon wurde die Schule französisch

Die Geschichte der Schule ist lang und bewegt: 1774 wurde die Einrichtung kurfürstliches und damit staatliches Gymnasium. Der Jesuitenorden war vom Papst aufgehoben worden, seine Einkünfte fielen an den Landesherrn. Maximilian Friedrich investierte das Geld in den Vorläufer der Bonner Universität, die Akademie. Die Gymnasiasten waren nun Besucher von deren „Unterklassen“. Ende des Jahrhunderts hieß die Schule „École Centrale“, nach einer Verordnung Napoleons „Lycée Impérial“ und wurde eine französische Schule mit überwiegend französischen Schülern. Für wenige Jahre war Deutsch eine Fremdsprache. 1814 hieß das Lycée wieder Gymnasium, nach dem Umzug an die Adenauerallee und dem Ersten Weltkrieg Staatliches Gymnasium. 1925 genehmigten die Preußen den Namen Staatliches Beethoven-Gymnasium.

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