Bonner Existenzgründer David Schirrmacher Fliege zum Selberbinden als Geschäftsmodell

Bonn · Ein länglicher Karton liegt auf dem großen Schreibtisch von David Schirrmacher. "Was haben wir denn da?", fragt der 23-Jährige. Vorsichtig holt er ein Wand-Rollbild aus China heraus. Schirrmacher freut sich und erklärt, dass ihm das Bild von einer chinesischen Geschäftspartnerin geschickt wurde. Die Kontakte der jungen Bonner Firma führen bis ins Reich der Mitte.

Das Büro ist groß, eine Couchgarnitur aus Leder und zwei große Modefotografien prägen den Raum, der Blick aus dem Fenster fällt direkt aufs Alte Rathaus. "Ja, das Büro hier am Markt ist schon traumhaft. Wir sind im April hergezogen", erklärt der junge Geschäftsmann sichtlich stolz bei einer Büroführung. Die Räume der Mitarbeiter spiegeln den typischen Start-up-Charakter wider: Computer eines bekannten kalifornischen Unternehmens, ein bisschen Unordnung, Kaffee aus der Kapselmaschine, an den Wänden hängen To-Do-Listen.

Schirrmacher ist Gründer des Modelabels "Von Floerke", das sich auf exklusive Herrenaccessoires wie Querbinder, Manschettenknöpfe, Einstecktücher und Krawatten spezialisiert hat. Die Seide kommt aus Südkorea und Italien, die Produkte werden in China zugeschnitten und konfektioniert. Die farbigen Socken aus dem Von- Floerke-Angebot hingegen sind "Made in Germany". Die Designs stammen aus der Feder Schirrmachers, aber auch seine Freundin hat ein gewisses Design-Faible, wie der 23-Jährige betont. "Meine Prämisse ist: Wir machen das, was ich geil finde und auch tragen würde", sagt der Firmeninhaber.

Derzeit erlebt das Unternehmen einen beträchtlichen Zulauf. Zu verdanken hat Schirrmacher dies einem Auftritt in der Vox-Show "Die Höhle der Löwen". Dabei präsentieren sich Existenzgründer und bieten fünf potenziellen Investoren Firmenanteile an. Judith Williams, Vural Öger und der Bonner Frank Thelen investierten insgesamt 180 000 Euro für ein Drittel des Unternehmens. Nach der Sendung beteiligten sich die KfW-Bank und die Sparkasse Köln-Bonn mit weiteren 100 000 Euro an "Von Floerke". "Frank sehe ich jede Woche. Er unterstützt uns hervorragend und gibt wichtige Tipps", sagt David Schirrmacher, während er über die Show nachdenkt. "Danach lief es bei uns wie im Rausch - alle großen Kaufhäuser fragten bei uns an, ob sie unsere Produkte vertreiben dürfen."

Vor Kurzem eröffnete der 23-Jährige sein erstes Geschäft in Wien, um "Von Floerke" zu internationalisieren. "Für den englischsprachigen Raum sind wir noch nicht professionell genug. Dafür muss man die Sprache perfekt beherrschen. So weit sind wir noch nicht, dass kommt aber noch", gibt Schirrmacher ehrlich zu.

Mit "A Gentleman's Ones" begann die Reise

Derzeit verkaufen neun Kaufhof-Filialen seine Produkte. "Es läuft hervorragend. In der ersten Woche haben wir bei Kaufhof rund 20.000 Euro Umsatz gemacht", berichtet der Jungunternehmer. Wenn man ihn fragt, was für ihn das prägendste Erlebnis 2015 war, so sagt er bescheiden: "Meine Verkaufsaktion bei Kaufhof in Berlin. Dort habe ich beraten. Endlich habe ich mal meine Kunden kennenlernen dürfen."

Bereits 2013 gründete der Bonner das Vorgänger-Unternehmen "A Gentleman's Ones", welches sich auf die Fliege zum Selbstbinden spezialisierte. "Ich habe BWL an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht studiert. Am Ende des vierten Semesters haben wir Freikarten für eine Charity-Veranstaltung bekommen, bei der Smoking-Pflicht herrschte", erklärt Schirrmacher. Er habe sich damals schlaugemacht und im Buch "Der Gentleman" gelesen, dass eine Fliege zum Selberbinden Pflicht zum Smoking sei. "Die habe ich dann im Internet bestellt und feststellen müssen, dass die sehr teuer sind und von der Qualität durchschnittlich waren", so Schirrmacher.

Kurz danach hatte er - noch während des Studiums - seinen eigenen Onlineshop für Herrenfliegen. "Ich habe damals 1.000 Euro reingesteckt, nach vier Monaten hatte ich 6.000 Euro übrig - das fühlte sich gut an", sagt der 23-Jährige. Mit "A Gentleman's Ones" habe er anschließend rund 40.000 Euro Umsatz gemacht - allerdings konnte sich niemand den komplizierten Namen merken, geschweige denn im Internet finden.

Das sollte sich im November 2014 mit dem Namen "Von Floerke" ändern. Der Name kommt nicht von ungefähr, schließlich waren die Flörkes direkte Vorfahren Schirrmachers und stellten seit 1404 für mehrere Jahre den Bürgermeister von Lemgo. "Ich habe mir Geld von meinen Eltern geliehen und die Produktpalette ausgebaut - die Strickkrawatten erwiesen sich als Volltreffer", erklärt der 23-Jährige.

Auf dem aktuellen Erfolg möchte sich Schirrmacher aber nicht ausruhen, ganz im Gegenteil: Beispielsweise sollen Hüllen für Smartphones und auch Tablets folgen. Dem GA verriet er außerdem, dass in Kürze ein Vertriebsbüro in Berlin eröffnet werden soll.

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