Kommentar zum drohenden Fahrverbot Flickschuster lässt grüßen

Bonn · Mit gestiegenen Schadstoffwerten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Reuterstraße in Bonn für bestimmte Fahrzeugtypen gesperrt wird. Wie das funktionieren soll, ist unklar.

Es ist schon ein erstaunliches, mit zahlreichen dramatischen Höhe- und Tiefpunkten dargebotenes Kammerspiel, das da gerade auf den politischen Bühnen in Bonn, Köln, Berlin und Brüssel aufgeführt wird. Das Kölner Verwaltungsgericht hält in einem noch zu prüfenden Urteil Fahrverbote für angemessen auf Straßen, auf denen seit Jahr und Tag die zulässigen Grenzwerte für Stickoxide überschritten werden.

In Bonn wären das der Belderberg und die Reuterstraße. Dann kommt die Bundespolitik mit dem Vorschlag um die Ecke, die zumindest für Fahrverbote angemessenen Grenzwerte einfach um zehn Mikrogramm nach oben zu verschieben. Ob die EU-Kommission einem solchen Bauerntrick, den die betroffenen Städte erleichtert zur Kenntnis nahmen, die Absolution erteilen würde, beantwortet jeder in Brüssel irgendwie anders.

Und kaum haben die Bonner Verantwortlichen im Stadthaus seit dem Berliner Vorschlag Ende 2018 zwei Mal tief Luft geholt, sind nun offenbar die Stickoxidwerte auf der Reuterstraße so in die Höhe gegangen, dass der erste Trick möglicherweise nicht mehr greifen wird. Und es stellt sich die Frage: Was wird als nächstes aus dem Hut gezaubert, um der Automobilindustrie als Mitverursacher dieser misslichen Situation zur Seite zu springen.

Dabei hat sich an der grundsätzlichen Ausgangslage nichts geändert. Die Stickoxidwerte sind zu hoch, die bisher vorgebrachten möglichen Eingriffe in den Verkehr auf der Reuterstraße mehr als unbefriedigend. Mit einer Pförtnerampel würde sich der Schadstoffausstoß vor oder hinter die Reuterstraße verlagern. Als Ausweichroute durch die Innenstadt stünde ausgerechnet die Straße Am Belderberg den Autofahrern zur Verfügung. Die weist ebenfalls hohe Messwerte auf, die möglicherweise wieder ansteigen würden.

Bei all diesen Vorschlägen beschleicht einen das Gefühl der Flickschusterei, obwohl die Grenzwerte wahrlich nicht vom Himmel gefallen sind. Die EU-Kommission hat sie 1999 vorgeschlagen, die EU sie 2008 bestätigt. Elf Jahre ist das nun her.

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