Jesuitenkolleg in Bonn Flüchtlinge sollen nicht ins Ako

BONN · Die Stadt will keine Flüchtlinge in einem vom Aloisiuskolleg (Ako) angebotenen Internatsgebäude unterbringen. Das teilte gestern Ako-Rektor Pater Johannes Siebner in einem Elternbrief mit. "Die Idee war, im Blick auf die Situation in Syrien und unter dem Eindruck der Schicksale von so vielen Flüchtlingen vor Lampedusa der Stadt Bonn kurz- oder mittelfristig Unterstützung bei der schwierigen Unterbringung von Flüchtlingen anzubieten", schreibt der Rektor.

Seit März sei er in Gesprächen ermutigt worden, die Idee weiterzuverfolgen. "Nach zunächst sehr positiven Rückmeldungen und ersten konkreten Ideen kam aber dann im Mai eine für uns sehr überraschende und auch nicht nachvollziehbare Absage aus der Stadtverwaltung." Jetzt wolle er trotzdem die Eltern an der Diskussion teilhaben lassen. "Weil uns die derzeitige so große Not von so vielen Menschen, etwa der Christen und der Jesiden im Irak und in Syrien, nachdenklich und betroffen macht."

Stadtsprecher Marc Hoffmann antwortete auf GA-Anfrage, dass man grundsätzlich dankbar für jedes Angebot zur Unterbringung von Flüchtlingen sei, denn die Zahl der Hilfesuchenden steige ständig. "Wir benötigen daher weitere Unterbringungsmöglichkeiten." Jeder Standort werde eingehend geprüft. Aber: "Im Fall des Ako nehmen wir das Angebot zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wahr." Gründe dafür diskutiere die Stadt generell nicht in der Öffentlichkeit. Es gebe keine allgemeingültigen Kriterien für die Unterbringung von Flüchtlingen. Man untersuche jeden potenziellen Standort und wäge ab, ob er in Frage komme.

"Dabei spielt beispielsweise die Lage der Immobilie oder die Erreichbarkeit mit Bus und Bahn eine Rolle", so Hoffmann. Das Ako hatte der Stadt ihre Immobilie Jägerhaus, ein am Seiteneingang zur Petersbergstraße separat auf dem Kollegsgelände gelegenes Internatsgebäude für 20 Schüler, angeboten. Die einst zum Besitz der Fabrikantenfamilie von der Heydt gehörige Miniaturausgabe eines Jagdschlosses steht "wegen der momentanen Unterbelegung im Internat" frei, erläutert Pater Siebner.

Die einfach ausgestatteten Zimmer seien möbliert. Es fehle für den Aufenthalt von rund einem Dutzend Flüchtlingen nur eine Küche, die mobil eingesetzt werden könne. "Wir wollen kein Geld daran verdienen, sondern würden bewusst nur den Betriebskostenausgleich erwarten. Wir wollen den Flüchtlingen und der Stadt helfen", betont der Rektor. Er habe sowohl die Lehrer und Erzieher als auch die Schulpflegschaft in die Überlegungen einbezogen und gehe jetzt in die Diskussion mit Eltern und Schülern.

"Natürlich würde es das Kolleg verändern, wenn wir zum Beispiel alleinstehende Frauen oder Mütter mit kleinen Kindern bei uns unterbringen", weiß Pater Siebner. Die Schüler hätten einen Anspruch auf den geschützten Raum. Die Gäste würden Abläufe verändern. Aber sie hätten ja auch Schicksale, die das Kolleg interessierten und berührten. "In diesen Tagen reden wir doch wieder mit ganz neuer Dringlichkeit über die Notwendigkeit menschenwürdiger Unterbringung von Flüchtlingen."

Derzeit 677 Flüchtlinge in Bonn

Derzeit hat die Stadt 677 Flüchtlinge untergebracht. Sie geht davon aus, dass bis Ende 2014 mindestens 800 Flüchtlinge versorgt sein müssen. 2014 erhält sie dafür einen pauschalierten Landeszuschuss von 1,832 Millionen Euro. Die Ausgaben für alle Personen inklusive Regelsatz, Kosten der Unterkunft inklusive Miete und Krankenhilfe betrügen jedoch rund 8,95 Millionen Euro. "Deshalb brauchen wir zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten. Wir werden weitere Gebäude anmieten und Container aufstellen. Wenn ein neuer Standort feststeht, werden wir uns dazu äußern", sagt Stadtsprecher Marc Hoffmann.

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