Salafisten in Bonn Festgenommener gilt als Statthalter einer Terrorgruppe

BONN · Wie brisant der Salafismus, eine ultrakonservative Strömung im Islam, ist, zeigte sich am Montag in Theorie und Praxis: Während sich am Abend Bonner Bürger im Ratsaal mit dem Thema befassten (siehe Artikel unten), hatten Beamte des Bundeskriminalamtes am gleichen Tag den 20 Jahre alten Mohammed Salim A. in Bonn festgenommen.

Wie Marcus Köhler, Pressesprecher und Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, mitteilte, wird Mohammed Salim A. dringend verdächtigt, die terroristische Vereinigung Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) zu unterstützen. Seit knapp einem Jahr soll er auch als Mitglied der IBU aktiv sein und Kämpfer für den Heiligen Krieg angeworben haben. Mohammed Salim A. besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft, ist deutscher und afghanischer Staatsangehöriger. Nach Informationen des General-Anzeigers war der 20-Jährige am Montag am Stiftsplatz festgenommen worden. Er soll in Offenbach am Main wohnen und war wohl auf dem Weg zu seinem Anwalt in Bonn.

Mittlerweile ist die Terrorgruppe bundesweit bekannt, weil die aus Kessenich stammenden Brüder Yassin und Mounir Chouka im Namen der IBU immer wieder Drohbotschaften via Internet verbreiteten. Zuletzt noch im Mai nach den salafistischen Ausschreitungen in Lannesdorf: Yassin Chouka hatte zum Mord an Mitgliedern von Pro NRW und an Journalisten aufgerufen. Konkret werfen die Ermittler Mohammed Salim A. vor, Geld an die IBU weitergeleitet zu haben. Der Staatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof zufolge geht es um 800 Euro, die A. im August 2010 über eine Filiale eines Finanzdienstleisters in Offenbach an einen Mittelsmann der IBU in Pakistan überwiesen haben soll. Zudem soll sich der 20-Jährige ab Oktober 2011 als Mitglied in die IBU eingebracht haben und zugleich Statthalter der Organisation in Deutschland und Kontaktperson für Mounir und Yassin Chouka gewesen sein. Beide hat das Bundeskriminalamt ebenfalls seit längerem im Visier.

Aufgabe von A. soll es nach Aussage von Staatsanwalt Köhler gewesen sein, "Informationsmaterial über die aktuelle politische Situation in Deutschland zu sammeln und an die Medienstelle der IBU in Waziristan (eine Region in Pakistan, Anm. d. Red.) zu übermitteln." Auch verdächtigt die Staatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof den Deutsch-Afghanen, in Deutschland Kämpfer für den sogenannten Heiligen Krieg, den militanten Dschihad der IBU rekrutiert und Gelder für die Organisation beschafft zu haben. Zuletzt soll A. geplant haben, Deutschland zu verlassen, um sich der IBU in Waziristan anzuschließen.

Laut Köhler ist gestern Nachmittag Haftbefehl gegen Mohammed Salim A. "wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung IBU erlassen und in Vollzug gesetzt worden". Das Bundeskriminalamt werde nun die weiteren Ermittlungen übernehmen.

Bei der IBU handelt es sich um eine militante islamistische Organisation, die sich 1998 in Afghanistan gegründet hatte, wo sie auch von den Taliban geduldet worden war. Im Gegenzug hatte die IBU die Taliban-Krieger im Kampf gegen die Nordallianz unterstützt.

Auch ein weiterer Hauptvertreter des deutschen Salafismus, Abu Maleeq, macht wieder von sich reden: Die Staatsanwaltschaft hat nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur Anklage wegen Sachbeschädigung gegen den zum Islam konvertierten Ex-Rapper Deso Dogg aus Berlin gestellt, der sich häufig in Bonn aufhält und auch am Tag der Krawalle in Lannesdorf anwesend war. Abu Maleeq soll in Köln einem Journalisten das Filmen einer Moschee untersagt haben. Als dieser weiterfilmte, soll er dem Reporter die Kamera entrissen und sie zu Boden geworfen haben. Das Verfahren sei aber vorläufig eingestellt, da der radikale Islamist untergetaucht sei. val/voa/dpa

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