Verschiedene Interessen für Kulturdenkmäler Hängepartie um Denkmalschutz für Bonner Projekte

Bonn · Ob bei der Beethovenhalle, der Rheinaue oder dem Frankenbad - an verschiedenen Stellen in Bonn treffen Interessen des Denkmalschutzes und der Stadtentwicklung aufeinander. Die Folge: Viele Projekte geraten ins Stocken. Ein Überblick.

Die herrlichen Straßenzüge aus der Gründerzeit in der Südstadt, das Bonner Münster oder das Beethovenhaus gehören selbstredend dazu, aber auch das Frankenbad oder die Hicog-Siedlungen in Tannenbusch und Muffendorf: 4152 Gebäude oder „Bereiche“ stehen in Bonn nach Auskunft des städtischen Presseamtes derzeit unter Denkmalschutz. In Zukunft dürften es noch ein paar mehr werden. Auch wenn das nach gewaltig viel klingt: Damit ist die Bundesstadt keineswegs überproportional geschützt. In Aachen etwa stehen 3600 Baudenkmale, in Wuppertal gar 4200 und in Köln 7000. Nur die Landeshauptstadt Düsseldorf fällt mit 1600 geschützten Denkmalen deutlich ab.

Der Denkmalschutz wird in Bonn häufig angeführt, wenn eine städtebauliche Entwicklung stockt. Denkmalschützer wie Landeskonservatorin Andrea Pufke vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland widersprechen. „Es ist gesetzliche Aufgabe der Kommunen, eine mögliche Schutzwürdigkeit rechtzeitig zu prüfen“, sagt sie. Dabei gehe es um ein geregeltes Verfahren für einen fairen Abstimmungsprozess. Oft seien fortschrittliche Nutzungen auch mit den Erhaltungsinteressen des Denkmalschutzes gut vereinbar.

Strittige Fälle in Bonn

Gerade die öffentliche Hand habe indessen die kontinuierliche Bauunterhaltung auch bei vielen Baudenkmälern vernachlässigt. „Dann sind die Bauten irgendwann in keinem ansehnlichen Zustand mehr. Und man beklagt sich über die nun hohen Sanierungskosten oder zieht sogar einen Abriss in Betracht, weil der Erhalt wirtschaftlich nicht mehr vertretbar erscheint“, sagt Pufke. Das könne vermieden werden, wenn sich alle Akteure frühzeitig abstimmten und sich die Bauherren kostenlose Expertisen der Denkmalschutzexperten besorgten.

So eindeutig es in manchen Fällen sein dürfte, aktuell beschäftigen Politik und Verwaltung einige strittige Fälle:

Rheinaue: „Die Rheinaue wird ein Baudenkmal“, ist sich Pufke ziemlich sicher. Im Herbst 2014 hat der LVR das bei der Bezirksregierung Köln beantragt. Die ist zuständig, weil es auch um Flächen des Landes geht. Bis Oktober hätten Anhörungsgespräche und Ortstermine mit allen Eigentümern stattgefunden, erklärt Vanessa Nolte aus der Pressestelle der Bezirksregierung. Derzeit befinde man sich in Abstimmung mit der Stadt. Die hatte einer Eintragung als Denkmal nämlich widersprochen, weil sie befürchtet, dass die Rheinaue dann für Veranstaltungen nicht mehr nutzbar ist.

„Die Rheinaue ist als Bürgerpark mit großen Freiflächen gerade für solche Veranstaltungen angelegt worden“, entgegnet Pufke. Auch die Klimakonferenz hätte in der geschützten Rheinaue stattfinden können, ist sie sich sicher. „Das ist immer eine Frage der Abstimmung.“ Selbst eine Bebauung der Randzonen hält sie nicht grundsätzlich für unmöglich. Wann die Bezirksregierung ihr Verfahren abschließt, vermag Sprecherin Nolte nicht zu sagen. Es gebe keine verbindlichen Fristen. „Jede Einschätzung wäre reine Spekulation“, sagt sie.

U-Bahn: Ein formelles Verfahren zum Schutz der bunten Haltestellen gibt es noch nicht, erklärt Pufke. „Aber wir haben an der U-Bahn Interesse.“ Einige Stationen halte das LVR-Amt in Zusammenarbeit mit der Werkstatt Baukultur in Bonn für denkmalwürdig, da sie kaum verändert worden seien. Die U-Bahn sei zentraler Bestandteil des Ausbaus von Bonn zur Bundeshauptstadt in den 1970er Jahren. Die SWB sei deshalb schriftlich gebeten worden, nennenswerte Änderungen an den Haltestellen mitzuteilen. „Die Haltestellen sind zwar etwas in die Jahre gekommen“, sagt Pufke. Mit einfachen Mitteln der Bauunterhaltung sei dies aber zu beheben.

Oper: Der Landschaftsverband hatte eine Denkmaleigenschaft des Opernhauses bereits vor zwölf Jahren verneint, weil am Gebäude zu viel verändert worden war. Die aktuellen Überlegungen zu einem Neubau habe das Amt aber veranlasst, sich das „nochmals sauber anzuschauen“, so Pufke. Dabei gehe es vor allem um eine gerichtsfeste Bewertung und die Einbeziehung neuer denkmalpflegerischer Erkenntnisse. An der Einschätzung von damals werde sich vermutlich aber nichts ändern.

Stadthalle Bad Godesberg: Das Gebäudeensemble von 1955 steht trotz einiger Erweiterungen in späteren Jahren seit 2012 unter Denkmalschutz. Trotz guter Auslastung ist ein Abriss im Gespräch, um Platz für ein neues Opernhaus zu schaffen. Pufke kann sich das schwer vorstellen. „Ich habe von dieser Idee noch gar nichts gehört“, sagt sie. Ihr Kenntnisstand sei die geplante Sanierung der Stadthalle ab 2020. „Einen Abrissantrag müssten wir natürlich prüfen.“ Solche Gedankenspiele riefen bisweilen die Bedeutung wichtiger Bauten erst öffentlich in Erinnerung.

Hicog-Siedlungen: Die Wohnsiedlungen in Alt-Tannenbusch, Plittersdorf und Muffendorf waren Anfang der 1950er Jahre für Mitarbeiter des US-amerikanischen High Commissioner of Germany (Hicog) errichtet worden. Wegen ihrer erhaltenen Geschlossenheit stehen sie als Beispiele für Siedlungsbau in der Nachkriegszeit unter Schutz. Während die Bewohner sich wiederholt über die schleppende Sanierung durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) beklagen, freut sich Pufke darüber, dass es eine Ansprechpartnerin gebe. Das helfe, das Erscheinungsbild zu bewahren. Die Probleme seien indessen nicht dem Schutzstatus oder der denkmalpflegerischen Abstimmung zuzuschreiben.

Frankenbad: Das 1963 eröffnete Bad soll nach dem Beschluss des Stadtrats mit der Eröffnung des neuen Kombibads in Dottendorf schließen. Allerdings ist das Gebäude seit 1996 ein Baudenkmal. Architekturhistoriker Andreas Denk hebt vor allem die gelungene Öffnung des Foyers zum Platz und des Schwimmbeckens zum Atrium hervor. „Für das Denkmal ist es wichtig, dass die Integrität des Baus erhalten bleibt“, betont Pufke. Das schließe auch die Schwimmbecken mit ein. Allerdings gebe es verschiedene Beispiele von Bibliotheken bis zu Veranstaltungszentren, wie alte Bäder neu genutzt werden könnten. „Wichtig ist hier ein sehr gutes Planungsbüro mit Weitblick und Ideen“, empfiehlt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort