Fahrraddiebstahl am UN-Campus Fahrraddieb schlug in Bonn mit Säge um sich

BONN · Am Bahnstopp UN-Campus werden viele Fahrräder gestohlen, weil sichere Abstellplätze fehlen. Ein mutmaßlicher Fahrraddieb wurde am Dienstagvormittag auf frischer Tat ertappt, schlug dann mit einer Säge um sich.

„Achtung! Hier werden nachts regelmäßig Räder gestohlen!“, steht auf dem Zettel, der an einem Laternenpfahl an der Haltestelle UN-Campus hängt. Der Bahnstopp, seit vergangenem Jahr in Betrieb, hat sich in kürzester Zeit zu einem Schwerpunkt für Fahrraddiebstähle entwickelt. Ob die angekündigten überdachten Radstellplätze dagegen helfen, ist fraglich. Wirklichen Schutz bietet nach Ansicht der Polizei nur Eigeninitiative. Langfristig gesehen sind die Diebstahlzahlen in Bonn relativ konstant.

Wie dreist Fahrraddiebe sind, hat sich am Dienstagvormittag wieder gezeigt: Ein Mann versuchte, mit einer Säge ein Spiralschloss durchzutrennen, wurde dabei aber von Bauarbeitern beobachtet. Als sie ihn laut Polizei zur Rede stellten, schlug er mit der Säge um sich und flüchtete. Beamte fassten ihn wenig später in einer Kleingartenanlage. „Die Diebe kommen zu jeder Tages- zeit“, berichtet GA-Leser Erwin Homm. Schon zweimal wurde ihm das Rad am UN-Campus gestohlen. Dicke Schlösser haben nichts gebracht, genauso wenig wie scheinbar gut einsehbare und belebte Stellen am Haltepunkt.

Wo sich Gelegenheiten ergeben, schlagen die Diebe auch zu. Das bestätigt auch die Bonner Polizei. Diebe suchen gezielt nach schlecht gesicherten Rädern, knacken Schlösser oder tragen die Beute einfach weg. „Insbesondere dort, wo viele Fahrräder abgestellt sind“, erklärt Polizeisprecher Robert Scholten. Als Beispiele nennt er Bereiche rund um Bahnhöfe, größere Bus- oder Bahnhaltestellen, Park&Ride-Plätze oder Bildungseinrichtungen. Der Haltepunkt UN-Campus gehört zweifelsfrei dazu. Aber auch Garagen und Keller seien nicht vollkommen sicher.

Mehr als 50 Fahrräder stehen regelmäßig an der Haltestelle. Gesichert sind sie mit schweren Stahlbügeln, aber auch mit dünnen Ketten. Was sie alle gemein haben: Sie sind an Bauzäunen, Geländern und Gittern befestigt, stehen zwischen Bäumen in den Grünanlagen. „Teilweise werden sie auch ungesichert abgestellt“, sagt Scholten. Eine Alternative fehlt bisher. Radstellplätze sind zwar geplant, wann sie errichtet werden, ist indes offen.

Viele melden den Diebstahl nicht

Die Bonner Bezirksvertretung folgte zuletzt einem Vorschlag der Verwaltung, die Stellplätze fast zu verdoppeln. So sollen für 175.000 Euro auf der Kessenicher Seite der Bahngleise 160 entstehen, auf der anderen zur B 9 hin etwa 64 Abstellmöglichkeiten. Damit dadurch nicht zu viel Platz weggenommen wird, werden die Räder übereinander geparkt. Der Bedarf soll nach Zählungen der Stadtverwaltung damit gedeckt sein. Ob damit aber auch die Diebstähle weniger werden, ist fraglich.

Die Fallzahlen sind in den vergangenen Jahren relativ konstant. Sie liegen in Bonn zwischen etwa 2900 und 3500 jährlich. Zuletzt sank sie 2017 um rund elf Prozent auf 3100, davor war sie stark angestiegen. Die Aufklärungsquote pendelt sich stets um fünf Prozent ein – also etwa nur jedes 20. als gestohlen gemeldete Rad kommt zu seinem Besitzer zurück. „Fahrraddiebstahl ist ein schwer aufklärbares Delikt“, erklärt Scholten. Die Täter knackten ein einfaches Schloss binnen Sekunden. „Sie fallen kaum auf, hinterlassen wenig oder keine Spuren.“ Zudem sei die anschließende Fahndung schwierig, weil Bestohlene oft die Rahmennummern nicht kennen. Doch nur damit lasse sich ein Fahrrad sicher identifizieren. Die Erfahrungen der Ermittler zeigten, dass Täter die Fahrräder zum Teil über das Internet und Hehler weiterverkaufen, zum Teil auseinanderbauen und die Einzelteile verhökern.

Gestohlene Fahrräder schreibt die Polizei zur Fahndung aus. Es gibt aber auch eine große Dunkelziffer, denn viele melden einen Diebstahl nicht oder erst auf Drängen der Versicherung. „Die Anzeigen sind für die Polizei wichtig, um Brennpunkte und Entwicklungen zu erkennen und mit polizeilichen Maßnahmen entgegentreten zu können“, sagt Scholten. Am besten schütze aber die reine Abschreckung, was auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) bestätigt. Dafür eignen sich stabile Bügelschlösser und Panzerkabel. Die Faustregel: Für ein Schloss sollte man rund zehn Prozent des Fahrradpreises ausgeben.

Wer ein Smartphone hat, kann auch die kostenlose Fahrradpass-App der Polizei nutzen. Sämtliche für die Identifizierung wichtigen Fahrrad-Daten können dort gespeichert werden. Zudem lassen sich die Daten ausdrucken oder per E-Mail verschicken, um sie bei Bedarf sofort an Polizei oder Versicherung weiterzuleiten. Versicherer übernehmen den Schaden auch dann, wenn er auf offener Straße passiert – sofern es eine Zusatzklausel in der Hausratpolice gibt.

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