Niklas-Prozess in Bonn Ex-Freundin gibt Hauptangeklagtem kein Alibi

Bonn · Im Fall Niklas P. überrascht das Jugendschwurgericht mit der Entscheidung, das Verfahren gegen den Mitangeklagten abzutrennen. Die 17-jährige Exfreundin von Walid S. gibt ihm kein Alibi.

Wo war Walid S., als der 17-jährige Niklas Pöhler am 7. Mai 2016 gegen 0.20 Uhr am Rondell an der Rheinallee in Bad Godesberg so geschlagen wurde, dass er sechs Tage später starb? Laut Anklage war er der Täter. Der 21-jährige aber will gar nicht am Tatort, sondern zur Tatzeit mit seiner damaligen Freundin und Freunden am Ententeich im Kurpark gewesen sein. Das aber kann seine Ex-Freundin an diesem achten Prozesstag im Zeugenstand nicht bestätigen.

Bevor allerdings die 17-Jährige in den Zeugenstand tritt, überrascht das Jugendschwurgericht mit einer Entscheidung: Das Verfahren gegen den Mitangeklagten Roman W. (21), der an der Attacke beteiligt gewesen, eine Freundin von Niklas geschlagen, weitere Gewalttaten begangen und Zeugen bedroht und misshandelt haben soll, wird abgetrennt. Gegen beide wird gesondert weiterverhandelt.

Als Grund nennt Kammervorsitzender Volker Kunkel: Da es bei den nun folgenden 30 Zeugenvernehmungen nur noch um Walid S. gehe, sei es unökonomisch, dass Roman W. und dessen Verteidiger die ganze Zeit tatenlos am Prozess teilnähmen. Roman W. wird wieder abgeführt, sein Anwalt und die Nebenklägeranwältin von Roman W.'s mutmaßlichem Opfer verabschieden sich.

Zeugin fällt Erinnern schwer

Walid S. sitzt nun allein auf der Anklagebank. Und blickt seine damalige Freundin im Zeugenstand nicht an. Dabei stehen die beiden nach wie vor im Briefkontakt. Die 17-jährige macht einen so angespannten Eindruck, dass Richter Kunkel versucht, sie zu beruhigen. Fast eineinhalb Stunden lang wird die Schülerin vernommen, denn auf ihre Aussage kommt es an. Also woran erinnert sie sich? Wo war Walid S., als nur wenige Gehminuten entfernt Niklas attackiert wurde?

Der Zeugin fällt es schwer, sich zu erinnern. Sie habe viel getrunken an jenem Abend und wohl auch deshalb einige Lücken. Geduldig fragt das Gericht den Ablauf des Abends ab. Die Zeugin weiß, dass sie mit Walid und den anderen am Ententeich im Kurpark war, und irgendwann habe Walid gesagt, er fahre mit einem Freund zur Tankstelle, Alkohol besorgen. Wann das war, wurde sie nach Walids Festnahme am 17. Mai von der Polizei gefragt. Und schließlich meint sie: Es sei wohl so um Mitternacht gewesen. Dass Walid zur Tatzeit bei ihr war, kann sie nicht sagen. Eines weiß sie aber genau: Walid war so lange weg, dass sie ihn mehrfach auf dem Handy anrief, aber nicht erreichte. Zunächst stellte sie in Abrede, dass Walid mit der Tat etwas zu tun haben könnte. Später habe sie gedacht: „Der war so lange weg, der hat bestimmt was damit zu tun.“ Gefragt habe sie ihn aber nie.

Sie habe Walid öfter zuschlagen sehen, erklärt sie auf entsprechende Fragen von Staatsanwalt Florian Geßler. Da habe schon der kleinste Anlass gereicht, vor allem wenn Walid getrunken habe. Aber eine Aussage von ihr scheint Walid S. zu entlasten: Die Jacke mit Niklas' Blut, die in Walids Zimmer gefunden wurde, habe sie nicht an ihm gesehen, als er den Ententeich verlassen habe. Die habe Walid von einem Freund erst nach seiner Rückkehr erhalten.

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