Hobbykicker in Röttgen Erst das Spiel, dann die Bescherung

Ippendorf · Die Bundesliga macht über Weihnachten Pause, aber manche Hobbyfußballer spielen dann erst recht: Seit 1991 lassen an Heiligabend zwei Teams aus Röttgen und vom Venusberg den Ball rollen. Ein Weihnachtsklassiker im Bonner Westen.

 Der Weihnachtskick, hier das Erinnerungsfoto von 2012: Im gelben Trikot ist damals der heutige FDP-Landtagsabgeordnete Joachim Stamp für die Röttgener aufgelaufen.

Der Weihnachtskick, hier das Erinnerungsfoto von 2012: Im gelben Trikot ist damals der heutige FDP-Landtagsabgeordnete Joachim Stamp für die Röttgener aufgelaufen.

Foto: privat

Auch diesmal. Los geht's heute um 11 Uhr auf dem Sportplatz in Ippendorf, mit anschließendem Verzehr von Bier, Glühwein und Würstchen nach den zweimal 30 Minuten Spielzeit.

Der Ursprung dieser Tradition reicht sogar viel länger zurück, nämlich bis 1967. Damals gründete der 13-jährige Martin König (heute 62 und Sportlehrer am CoJoBo) auf dem Venusberg eine Straßenmannschaft aus katholischen Meßdienern und verstärkte sie ab 1975 durch zwei Kicker aus Röttgen.

Und weil dann noch die Familien König vom Venusberg und John aus Röttgen befreundet waren, kickte man dauerhaft miteinander, bis 1991 aus dieser Fußball-Freundschaft die Idee entstand: Zwei Teams spielen einmal im Jahr gegeneinander, eins aus Röttgen und das andere vom Venusberg.

Warum aber an Heiligabend? „Das war damals tatsächlich ein naheliegender Termin“, erklärt König. Spieler, die nicht mehr in Bonn lebten, waren auf Elternbesuch in der Heimat. Und ein echter Einkaufstag war der Heilige Abend damals noch nicht. So war vor dem Schmücken des Baumes noch Zeit für ein Spiel, so König. Für jene Männer aber war und ist der Heiligabend-Kick immer ein großer Spaß.

„Es macht eine Riesenfreude, einmal im Jahr die Fußballfreunde zu treffen“, findet der Röttgener Teamchef Andreas John (50) und fügt hinzu: „Bei allem Einsatz ist die Fairness stets vorbildlich. Hier und da eine leichte Zerrung oder ein aufgeschürftes Knie, aber die weihnachtliche Vorfreude wurde nie durch eine erwähnenswerte Verletzung gestört.“ Beide Teams melden aktuell: „Wir sind vollzählig. Es kann losgehen.“

Einen offiziellen Schiedsrichter braucht es nie

Einen offiziellen Schiedsrichter braucht es dabei übrigens nie: „Es pfeift irgendeiner, der halt gerade da ist.“ Geändert hat sich nur der Spielort, seit einigen Jahren trifft man sich nicht mehr auf dem Sportplatz in Röttgen, der mitunter in einem miserablen Zustand ist, sondern auf dem Allwetter-Kunstrasen in Ippendorf.

Auch die Spieler beider Mannschaften wurden im Laufe der Zeit verjüngt. Teamkapitän König hat seine Venusberg-Elf durch einige seiner ehemaligen Schüler verstärkt, bei den Röttgenern senken inzwischen Kinder der ursprünglichen Kicker-Generation den Altersschnitt. Unter den Spielern gibt es auch einige bekannte Namen.

Auf Venusberger Seite spielte neben Martin König, Träger des Ehrenpreises des Bonner Sports 2014, auch dessen Bruder Gregor König mit, die „Stimme von RTL“; für Röttgen am Start waren Joachim Stamp, Mitglied des Landtags, Thomas Heinzen, der aktuelle Karnevalsprinz in Bad Godesberg, und Jürgen Römer, der als Bonner Prinz 2014/15 die Narren regierte, aber inzwischen aufgrund einer Verletzung nicht mehr antreten kann. Auch Christoph John (55), Bruder des Röttgener Kapitäns, muss in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt pausieren, weil er sich bei einem Skiunfall im März die Beine gebrochen hatte.

Beide Teams wollen an Weihnachten gewinnen

Bei aller Freundschaft geht es auch um das Ergebnis, denn beide Teams wollen auch an Weihnachten gewinnen. Das wird vor allem für die Röttgener zur Herausforderung. Gestalteten sich die Spiele in den ersten Jahren noch recht ausgeglichen – die Röttgener gewannen die erste Austragung 1991 auf eigenem Platz mit 4:1 – steht seit dem 5:1 im Jahr 2001 kein Röttgener Sieg mehr auf dem Ergebniszettel.

Bis heute unvergessen ist bei den Spielern das hochklassige 4:3 für Venusberg aus dem Jahr 1994. „Dreimal lagen wir vorne, bis die Venusberger mit dem Schlusspfiff noch den Siegtreffer erzielt haben“, berichtet Röttgens Kapitän. Genauso unvergessen das Tor des Venusbergers Andreas König aus 55 Metern.

Wann genau das war, lässt sich heute nicht mehr belegen, man hat sich auf die zweite Hälfte der 90er Jahre geeinigt. Dafür ist die Erinnerung umso deutlicher. „Eigentlich ein verunglückter Befreiungsschlag, aber der Ball stieg und stieg, senkte sich langsam und fiel schließlich hinter dem gegnerischen Torwart ins Netz“, erinnert sich Martin König an den Treffer seines Bruders. „Keiner auf dem Platz hatte so etwas je miterlebt.“ Allein auf dem Platz fand sich das Röttgener Team im Jahr 1996. Wegen familiärer Verpflichtungen konnte der Venusberg keine Mannschaft zusammenstellen.

Es blieb bis heute das einzige Mal, dass das Spiel ausfiel, sodass es heute zur 25. Auflage des Derbys kommt. Auch eine dicke Eisschicht auf dem Röttgener Aschenplatz konnte vor einigen Jahren den Elan nicht stoppen. Man zog in die Sporthalle des Collegiums Josephinum um.

Allerdings gibt es auch eine Fußball-Beziehung, die noch älter ist. Das Venusberg-Team und eine Mannschaft aus der Straße Am Birkenbruch (ebenfalls auf dem Venusberg) haben sich seit 1971 immer am zweiten Weihnachtstag zu einem Spiel getroffen. Vor fünf Jahren entschloss man sich zu einer Pause, Wiederauflage nicht ausgeschlossen. Fussballerfreundschaft ist eben langlebig.

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