Jesuit Marco Hubrig Ein neuer „Schlauer Junge“ des Papstes

BONN · Aus dem nicht gerade für die Nähe zur Katholischen Kirche bekannten Dresden über das Bonner Aloisiuskolleg zur Priesterweihe nach Innsbruck: Der 35-jährige Marco Hubrig hat sich nun endgültig für ein Leben im Jesuitenorden entschieden.

 Die Begegnung mit dem Papst, so wie er Mitglied der Gesellschaft Jesu, war für den jungen Mann ein ganz besonderer Moment. Das Foto zeigt Marco Hubrig (2. von rechts) im September bei seiner Priesterweihe in der Jesuitenkirche von Innsbruck.

Die Begegnung mit dem Papst, so wie er Mitglied der Gesellschaft Jesu, war für den jungen Mann ein ganz besonderer Moment. Das Foto zeigt Marco Hubrig (2. von rechts) im September bei seiner Priesterweihe in der Jesuitenkirche von Innsbruck.

Foto: SJ-Bild

Jetzt hat er also wirklich „ja“ gesagt, Marco Hubrig, der junge jesuitische Priesteranwärter, der ab 2012 zwei Jahre seines Noviziats im Bonner Aloisiuskolleg als Internatserzieher arbeitete: Am 17. September ließ sich der 35-Jährige in der Jesuitenkirche von Innsbruck vom Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer zum Priester weihen. Vor rund 1000 Ordensbrüdern und gemeinsam mit fünf weiteren Kandidaten der Deutschen Jesuitenprovinz.

Der im sächsischen Radebeul geborene und in Dresden aufgewachsene Pater Hubrig war unter den „Neuen“ natürlich wieder mal der Einzige aus Ostdeutschland. Und dazu so ganz anders, als seine Herkunftsstädte von sich reden machen: Radebeul als Wohnort des Indianer-Märchenerzählers Karl May und Dresden als Deutschlands Pegida-Hochburg.

In der Dresdener Kathedrale „Sanctissima Trinitatis“ hat Pater Marco Hubrig kürzlich auch seine Primiz veranstaltet, also seine erste Eucharistiefeier in der Heimatgemeinde. Genau an dieser ehemaligen Hofkirche ziehen seit Monaten jeden Montagabend die Pegida-Anhänger vorbei und brüllen ihre menschenverachtenden Parolen.

„Ich finde, dass wir ein cooler Orden sind“, sagt der frisch gebackene Priester des bewusst international auftretenden Männerordens, der auch den derzeitigen Papst Franziskus stellt. Warum aber sollte die Gesellschaft Jesu für einen jungen Mann aus Sachsen heute „cool“ sein? „In Kommunitäten auf der ganzen Welt zu Hause sein zu dürfen und noch dazu in wirklich spannenden Arbeiten am Reich Gottes mitzuarbeiten, ist etwas, was mich immer anfeuert und mir Freude macht“, antwortet Pater Hubrig.

Ob als Lehrer oder Pfarrer, ob als Flüchtlingshelfer oder Professor, ob als Schriftsteller oder sogar Tänzer: „Ich staune oft, wie das bei so vielen verschiedenen Charakteren gemeinsam möglich ist. Wahrscheinlich ist es der Heilige Geist.“

Erzieher in Jeans und Sportjacke

Der Mann hat Humor. Den hatte er auch gebraucht, als er etwa 2012 den Silentiums-Schülern des Aloisiuskollegs schnell noch mal lateinische Grammatikregeln abhörte. Ein junger Erzieher in Jeans und Sportjacke, der als Jesuitenfrater wirklich nur Gott treu sein wollte? Die Kinder hatten ihn staunend betrachtet und flugs auch mal die Grenzen ausgetestet. Doch der auf den ersten Blick so jungenhafte Frater mit dem überaus kräftigen Händedruck hatte sich kein X vor dem U vormachen lassen.

Ja, die Gebote des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit, die seien für einen jungen Mann schon „heavy“, hatte er dann im GA-Gespräch frank und frei zugegeben. Sie einzuhalten, ermögliche aber, sich „frei zu machen für die gesamte Schöpfung“. Und trotzdem habe er vor dem Gelübde natürlich einigen „Bammel“. Aktuell fühle er sich noch frischen Muts, in ein paar Jahren mit der endgültigen Entscheidung auch als Teil dieses weltweiten Ordens zu wirken.

Das Ja dafür hat Pater Hubrig nun also auch wirklich gegeben. Auf den Weihebildern neben Pater Stefan Kiechle, dem aktuellen Provinzial der Deutschen Jesuitenprovinz, wirkt der inzwischen 35-Jährige reifer, voller. Das offene Lachen seiner Erzieherjahre am Aloisiuskolleg strahlt aber immer mal wieder auf. Doch insgesamt scheint Pater Hubrig heute mehr in sich zu ruhen.

„Was ändert sich nun, wenn ich Priester bin? Mit der Weihe werde ich noch einmal auf andere Weise Teil der Kirche. Nicht besser, nicht schlechter: anders“, erläutert er selbst den Einschnitt in seinem Leben. Als Priester übertrage ihm die Kirche dieses Amt auch, um Sakramente spenden zu dürfen, insbesondere das der Eucharistie und der Beichte. „Auf beides freue ich mich besonders, geschieht dort doch eine ganz besondere Begegnung mit Jesus Christus.“

Jesuiten-Orden auf Nachwuchs angewiesen

„Jesuit“ kommt von „Jesus“. Und so verstehen sich die Jesuiten auch seit ihrem Gründer Ignatius von Loyola im 16. Jahrhundert. Sie seien „Gefährten Jesu“, Männer, die in Freundschaft zu Jesus Christus leben und sich von ihm in Dienst nehmen lassen. Deshalb schreiben sie hinter ihre Namen „SJ“ für „Societas Jesu“. Was der Volksmund seit Jahrhunderten frech in „Schlaue Jungs“ (des Papstes) umgewandelt hat.

Der weltweite Orden der Katholischen Kirche, dessen Auftrag der Dienst am Glauben und Einsatz für Gerechtigkeit besonders in Schulen, Hochschulen, in Mission, Flüchtlingslagern und Pfarreien war und ist, erregte vielfach Neid und Missgunst. So dass 1773 Papst Clemens XIV. den Orden sogar zeitweise verbot. 2014 feierten die Jesuiten dann ein 200-Jähriges: 1814 hatte Papst Pius VII. die arg geschrumpfte Gesellschaft Jesu wieder in der alten Form an-erkannt. 2014 konnte der Orden aber auch aus einem anderen Grund jubilieren: Zum ersten Mal überhaupt stellte man mit dem berühmtesten Bruder, dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio, in Rom den Papst.

Was sich bislang jedoch nicht in steigenden Mitgliederzahlen auszuwirken scheint. Im Gegenteil. Der Jesuiten-Orden ist seit vielen Jahrzehnten un-bedingt auf Nachwuchs angewiesen – also auf mehr junge Männer wie Marco Hubrig. 16.376 Jesuiten, hauptsächlich ältere, gibt es weltweit noch. Ständig sind Rückgänge zu beklagen.

Die Deutsche Provinz der Jesuiten, die von München aus auch die Ordensbrüder in Schweden und Dänemark organisiert, zählt dieses Jahr mit 356 Jesuiten fünf Mitbrüder weniger als noch im Jahr 2015. Sie hatte und hat zudem seit 2010 den Missbrauchsskandal an ihren deutschen Internatsschulen aufzuarbeiten. Der „Papst-Franziskus-Hype“ scheint also noch nicht bei seinem Orden angekommen zu sein – zumindest was die Entscheidung betrifft, sich hier wirklich mit allem, was man hat und ist, in den Dienst Gottes zu stellen.

In vertraulicher Umarmung mit Papst Franziskus

Pater Marco Hubrig dürfte also weiter als Ausnahme gelten. Der Mann mit dem Lebensmotto „Mit beiden Beinen auf der Erde stehen und dort arbeiten, wo ich gebraucht werde“ darf inzwischen sogar ein Foto sein Eigen nennen, das ihn in vertraulicher Umarmung mit Papst Franziskus zeigt, dem bewunderten Ordensbruder. Franziskus hatte dem jungen Deutschen in Rom zur Diakonweihe gratuliert. Hubrig lächelt dann doch ein wenig schüchtern auf dem Bild.

Aber nein, er sei nun nicht ein besserer Jesuit oder gar ein vollständigerer und erst recht kein besserer Christ geworden, wehrt er Nachfragen ab. „Aber es ist das Vertrauen der anderen, die mir dieses Amt übertragen, was mir zusätzlich Freude und Kraft gibt.“ Und zwar mit den Menschen von der Beziehung Gottes zu sprechen und mit ihnen gemeinsam diese Beziehung zu leben. Und das bedeutet für diesen 35-jährigen aus Dresden, der zwei Jahre lang am Bonner Aloisiuskolleg Erzieherluft schnupperte, eine besondere Bindung und Beziehung: zu Jesus Christus und zur Kirche.

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