Der Bonner Gert Moeller wird 90 Jahre alt Ein märchenhafter Unternehmer

Bonn · Seine Geige wird er am Donnerstag ausnahmsweise nicht in die Hand nehmen. Seit drei Jahren übt Gert Moeller wieder täglich bis zu 1,5 Stunden. Ruhig wird es dennoch nicht zugehen: Denn zu seinem 90. Geburtstag hat der frühere Haupteigentümer des Bonner Elektronik-Konzerns Moeller, jetzt Eaton, viele Freunde und Verwandte in die Redoute eingeladen.

 Wie der Vater so der Sohn: Von Hein Moeller übernahm Gert mit 39 Jahren die Firmenleitung.

Wie der Vater so der Sohn: Von Hein Moeller übernahm Gert mit 39 Jahren die Firmenleitung.

Foto: Horst Müller

"Ich bin nicht traurig übers Älterwerden", sagt er. Muss er auch nicht, denn zum einen sieht und merkt man ihm die 90 nicht an, zum anderen halten ihn seine Frau, drei Töchter, vier Enkel und diverse Projekte jung.

Das vielleicht persönlichste Geschenk hat sich der Unternehmer selbst gemacht. "Ich habe wieder ein Märchenbuch geschrieben", erzählt er und holt "Die Zauberspinne" aus dem Nebenraum; Mitte des Jahres soll das Buch erscheinen. Zu den fantastischen Geschichten hat den gebürtigen Kölner seine Oma gebracht. "Sie hat mir und meinen Freunden viel gegeben und uns immer Märchen vorgelesen", betont der Jubilar.

Vielleicht war sie mit ihrer Welt auch ein Gegenpol zu der seines Vaters Hein Moeller. "Ich bin in eine Zeit hineingewachsen, in der das Führerprinzip herrschte", sagt der Sohn. Deshalb gab es auch keinen Widerspruch von Moeller jun, als er das Unternehmen Klöckner-Moeller übernehmen sollte. Und dafür Physik studieren musste. "Ich war kein intelligenter Student, aber ich bin gut durchgekommen", meint er rückblickend. Seinem Vater rechnet er hoch an, dass er ihn nicht zum Doktortitel zwang.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Rückkehr aus russischer Gefangenschaft 1948 übertrug ihm Vater Hein, der als genialer Tüftler galt, den Aufbau des Auslandsgeschäftes. Die elektrischen Schalter und Energieverteiler waren gefragt in der Automobil- und Chemiebranche. "Ich habe ein Stück Land nach dem anderen grün gefärbt", erzählt Moeller stolz. Grün war die Unternehmensfarbe. Probleme habe er als Deutscher so kurz nach dem Krieg nicht gehabt, sagt er auf Nachfrage.

"Ich habe Glück gehabt, den richtigen Ton zu finden." Für diesen und seine soziale Ader war er auch an der Bonner Produktionsstätte bekannt. Als seinen größten Erfolg wertet er, die Fließbandarbeit "mit Abläufen wie im Affenzirkus" abgeschafft zu haben. Schmerzlichster Moment dürfte der Verkauf der Firma 2003 gewesen sein. "Mein damaliger Schwiegersohn hat als Geschäftsführer gegen den Grundsatz verstoßen, nie mehr Geld auszugeben als man im Portemonnaie hat." Zuletzt hatte der Umsatz eines der bedeutendsten Bonner Industrieunternehmen bei rund einer Milliarde Euro gelegen.

Auch zehn Jahre danach sitzt die Trauer bei dem erfolgsverwöhnten Mann tief; er lenkt sich ab mit Märchen oder dem Einsatz fürs Macke-Haus und die Rotarier. Beim letztlichen Käufer Eaton schaut er noch ab und zu vorbei. Geschäftsführer Richard Boulter schrieb dem GA über seinen Vorgänger: "Es ist mir eine große Ehre, dass ich Herrn Moeller persönlich kennenlernen durfte. Eaton in Bonn ist heute sehr erfolgreich - ein Umstand, der im Wesentlichen auf sein unternehmerisches Handeln zurückzuführen ist."

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