Einblick ein die Namen Jesu Kirche Ein einladendes Gotteshaus mitten in der Stadt

BONN · Durch die großen Fenster fällt warmes Licht auf den Altar und lässt die blau-goldene Malerei an den Säulen noch einmal so hell scheinen. Sogar der heilige Michael mit seiner Lanze verbreitet weder Angst noch Schrecken, sondern führt einen Lichtstrahl genau auf die kleine Öffnung, die im Boden markiert ist. Die Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse ist kein düsterer Ort, im Gegenteil: Hell und warm vermittelt sie eine besonders freundliche, lebendige Atmosphäre.

 Die Türme der Namen-Jesu-Kirche an der Bonngasse.

Die Türme der Namen-Jesu-Kirche an der Bonngasse.

Foto: Barbara Frommann

Zwischen Beethovenhaus und Marktplatz gelegen, ist sie für die Bonner seit Jahrhunderten ein Ort der Andacht, des Gedenkens und des Gottesdienstes. Dabei hat sie eine wechselvolle Geschichte wie kaum eine andere. Sie war Brandwache mit der ältesten Brandglocke Bonns, Gymnasial- und Universitätskirche, aber auch Pferdestall (siehe unten).

Heute ist das historische Gebäude weit mehr als eine Kirche. Es ist eine Stätte, um auch die Toten mitten in das Leben der Stadt und ihrer Menschen zu holen. Denn unter dem Altarraum gibt es in einem Kolumbarium Platz für 1000 Urnen. "Ihr sollt die Sterbenden begleiten und die Toten bestatten. Diesem kirchlichen Auftrag kommen wir hier in besonderer Weise nach", erläutert Michael Schenk, seit 2012 Rector Ecclesiae und Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Namen-Jesu-Kirche. "Michael ist der Pate der Sterbenden und der Friedhöfe", führt er weiter aus. Deshalb sei es auch kein Zufall, dass die Lanzenspitze des Erzengels genau auf die Stelle zeigt, wo die Urnen nach der Trauerfeier hinabgelassen werden.

Ganz besonders wird die Bischofskirche auch durch die grauen Tafeln, die mittlerweile die ersten Säulen zieren. Darauf stehen die Namen der Toten, die in der Krypta ruhen. "Somit stützt sich das gesamte Gotteshaus letztlich auch auf das Andenken an die Verstorbenen", erklärt Stefanie Weimbus-Rust vom Vorstand der Stiftung. Blumensträuße, kleine Gestecke und ein paar Kerzen an den entsprechenden Pfeilern zeigen, dass regelmäßig Angehörige vorbei kommen. "Genau das wollen wir erreichen: Die Toten gehören zu unserem Leben dazu." Deshalb ist das Kolumbarium für sie der größte Schatz in der Namen-Jesu-Kirche.

Doch das Gebäude hat so viele Besonderheiten, dass für Sonja Boley, ebenfalls im Vorstand, etwas ganz anderes im Mittelpunkt steht: "Die Madonna im Trostort." Im Dezember 2013 wurde die aus Lindenholz geschnitzte Maria mit Kind (ca. 1520) der Kirche geschenkt. Sie ist nun Mittelpunkt des Gedenkortes direkt neben dem Eingang, der Besuchern, Passanten und Trauerenden Gelegenheit gibt, kurz inne zu halten.

Für Michael Schenk ist "der Bischofsstuhl unser größter Kirchenschatz" lenkt er den Blick auf das Ensemble aus altem Eichenholz. "Das ist kein Sitzmöbel zum Zurücklehnen." Und auch die Armlehnen können nicht genutzt werden, um eine bequeme Position einzunehmen. "Sollen sie auch nicht", sagt Schenk. Sie sollen den Bischof auf die gleiche Ebene stellen wie die Priester und die Gläubigen. "Das Zusammenspiel von Stuhl, Rückenlehne und Seitenteilen zeigt, dass wir von Gott umarmt und behütet sind."

Die Kirche steht unter Denkmalschutz, die Fassade ist fast original erhalten und eine der bedeutendsten barocken Fassaden im Rheinland. Die drei Altäre von 1754/1756 sind das einzig in der Region erhaltene zusammenhängende Rokokoaltarensemble. Bis weit ins Mittelalter hinein waren Kirchenbänke eine Seltenheit. So gehören die aus dem 18. Jahrhundert stammenden Kirchenbänke mit den aufwändig geschnitzten Wangenteilen wohl zur ersten Innenausstattung. 2010 stürzte im Kottenforst die "Dicke Eiche" unter ihrer Eislast um. Klaus Simon schuf aus einem Teil des Holzes Altar, Ambo, Osterkerzenständer und die Kathedra, den Bischofsstuhl. Seit 2012 nutzt die Stiftung Namen-Jesu-Kirche das Gotteshaus in alt-katholischer Trägerschaft als Kathedrale.

Die Geschichte der Namen-Jesu-Kirche

Ein Stück Buchenholz war Anlass für den Bau der Kirche. 1681 fand ein Arbeiter im Rheinbacher Wald ein Scheit, auf dem er das Christusmonogramm zu erkennen glaubte. Kurfürst Max Heinrich von Bayern sah darin ein Zeichen und beschloss, in Bonn eine Kirche für den Jesuitenorden bauen zu lassen. 1686 legte er den Grundstein und stellte 50 000 Reichstaler zur Verfügung. Der Bau der Kirche fiel jedoch in eine Zeit politischer Wirren. 1689 konfiszierten die Franzosen

das gesamte Baumaterial, und erst 1691 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen.

1717, mithin 30 Jahre nach Baubeginn, weihte Kurfürst Joseph Clemens, ein Neffe Max Heinrichs, die Kirche. Bis 1774 war sie Schul- und Ordenskirche, 1793 nutzten französische Soldaten das Gebäude als Pferdestall und Magazin. Seit 1877 wird die Kirche durchgängig als Gotteshaus genutzt.

Sie war die erste Pfarrkirche der alt-katholischen Gemeinde, bis diese 1934 in ihre neu erbaute Kirche an der heutigen Adenauerallee (St. Cyprian) zog. Anschließend wurde sie als römisch-katholische Universitätskirche genutzt, in der zu Beginn der 1960er Jahre auch der damalige Bonner Theologie-Professor Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., predigte. Zuletzt fanden in Namen Jesu Gottesdienste der Katholischen Hochschulgemeinde statt. Nachdem das Erzbistum die Kirche 2007 aufgegeben hatte, wird sie seit 2012 durch die Stiftung Namen-Jesu-Kirche in alt-katholischer Trägerschaft als Kathedrale genutzt.

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