Traditionelles Handwerk Ein Soziales Jahr in der Bonner Orgelbauwerkstatt Klais

Bonn · Ein Soziales Jahr in einer Orgelbauwerkstatt? Auf den ersten Blick scheint das nicht zusammenzupassen. Doch Judith Macherey lernt bei der Bonner Firma Johannes Klais Orgelbau vieles, was sie auch bei ihrer Arbeit in der Jugendbauhütte brauchen kann.

Einblick ins Handwerk: Judith Macherey macht ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei Orgelbau Klais.

Einblick ins Handwerk: Judith Macherey macht ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei Orgelbau Klais.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wirbt unter dem Motto „Junge Hände für alte Wände“ für das Freiwillige Soziale Jahr in der Denkmalpflege. Jugendliche im Alter von 16 bis 26 Jahren können in den Einsatzstellen der bundesweit 14 Jugendbauhütten traditionelle Handwerkstechniken erlernen und sie anwenden. „Vorbild unserer Jugendbauhütten waren die mittelalterlichen Bauhütten, in denen gemeinsam gelebt und gearbeitet wurde“, so die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD), die ihren Sitz in Bonn hat.

Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Die Freiwilligen könnten zum Beispiel einen Stuhl restaurieren, auf dem schon Goethe saß, ein Fachwerkhaus errichten oder eine alte Parkanlage zum Blühen bringen. Judith Macherey hat mit ihren Kollegen eine Bambusorgel in Japan restauriert, die zur Weltausstellung 1971 gebaut wurde. „Man wird Teil der Gesellschaft, weil man dort lebt und arbeitet. Es war eine tolle Erfahrung“, sagt die 19-Jährige über den Einsatz im Ausland.

Nach der Schule wollte sie erst mal etwas Praktisches machen, „nicht sofort an die Uni“. Auf die Idee, ein Soziales Jahr in der Denkmalpflege zu machen, brachte sie eine Bekannte, die die „Monumente“-Zeitschrift der DSD abonniert hat.

Ein Glücksgriff, denn bei den Seminaren der Jugendbauhütte trifft sie auf Gleichgesinnte. „Alle denken handwerklich kreativ und historisch“, sagt Judith Macherey. Die Begeisterung für historische Bausubstanz wächst bei gemeinsamen Exkursionen, zum Beispiel auf die Dächer des Kölner Doms.

Zukunft noch offen

Die 14 Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die von den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten getragen werden, bieten insgesamt rund 280 Plätze pro Jahr an. Die Teilnehmer bekommen Einblick in denkmalrelevante Berufe und Handwerkstechniken.

Judith Macherey reinigt Orgeln, baut Windladen und verpackt Pfeifen für den Transport. Besonders freut sie sich, wenn sie morgens mit ihrem 37 Jahren alten, roten Volvo losfährt und dann in einer Kirche arbeiten darf.

Was sie nach dem Sozialen Jahr beruflich machen wird, entscheidet die 19-Jährige noch. „Kunst und Architektur haben für mich einen sehr hohen Wert.“ Es soll in Richtung Kunst gehen. Ob es ein Studium der Kunstgeschichte oder der Architektur, eine Ausbildung zur Restauratorin, Bühnenbildnerin oder zur Orgelbauerin wird, ist noch offen.

Bei der Entscheidung kann das Jahr in der Jugendbauhütte helfen. Die Freiwilligen bekommen neben der praktischen Arbeit auch einen umfassenden Überblick über die Aufgaben von Denkmalschutz und Denkmalpflege.

Rund 3500 Jugendliche haben bislang beim Freiwilligen Sozialen Jahr ihre Begeisterung für das kulturelle Erbe entdeckt. Laut DSD entscheiden sich die Teilnehmer später oft für einen Beruf in der Denkmalpflege oder in einem traditionellen Handwerk.

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