100 Jahre Blindenbücherei in Bonn Ein Segen für Sehbehinderte

Bonn · Die Institution mit Sitz an der Graurheindorfer Straße übersetzt Bücher in Blindenschrift. Inzwischen nehmen Hörbücher einen großen Anteil des Medienbestands ein. Sie werden vor allem von Menschen genutzt, die spät erblinden.

 Kurze Besprechung: Gundula Ebenig mit Techniker Johannes Nonn in einem der Tonstudios der Deutschen Katholischen Blindenbücherei an der Graurheindorfer Straße. FOTO: STEFAN KNOPP

Kurze Besprechung: Gundula Ebenig mit Techniker Johannes Nonn in einem der Tonstudios der Deutschen Katholischen Blindenbücherei an der Graurheindorfer Straße. FOTO: STEFAN KNOPP

Foto: Stefan Knopp

. „Lesen heißt leben“, mit diesen Worten schloss Herbert Folt, ehrenamtlicher Vorsitzender des Deutschen katholischen Blindenwerks, am Freitag sein Grußwort zum 100-jährigen Bestehen der Deutschen Katholischen Blindenbücherei. Dieses Motto gilt insbesondere auch für blinde oder sehbehinderte Menschen, denen die Bücherei Zugang zu vorrangig – aber nicht nur – religiöser Literatur bietet. Damit das so bleibt, müsse sich, so Folt, die Bücherei an der Graurheindorfer Straße aktuellen Herausforderungen stellen: eine älter werdende Leserschaft und E-Books.

1916 beauftragte Adolf Johannes Kardinal Bertram, Fürstbischof von Breslau, den Borromäusverein, der schon damals die katholischen Pfarrbüchereien mit Literatur ausstattete, „recht bald die Schaffung einer Zentral-Bibliothek für die katholischen Blinden Deutschlands in die Wege zu leiten“. Und zwar vor allem mit sittlich-religiöser Lektüre. Diese Zentrale wurde im Juni 1918 im Gebäude des Borromäusvereins eröffnet, aus Platzgründen zog sie in den 80ern an die Graurheindorfer Straße um.

Ehrenamtliche Helfer übersetzten Bücher in Blindenschrift, der Bestand wuchs bis 1953 auf knapp 3300 Bücher. Es folgten Hörbücher zunächst auf Tonband, später auf Kassette, heute sind sie über das „Digital Accessible Information System“, kurz „Daisy“, abrufbar. Außerdem ist die Bücherei an den Online-Katalog der Mediengemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen (Medibus) angeschlossen, eine Smartphone-App ist in Vorbereitung.

Bücher hören zu können sei für Blinde ein Segen, sagte die Geschäftsführerin der Blindenbücherei Gudrun Ebenig. Denn man müsse wissen, „dass über 70 Prozent aller Blinden erst im fortgeschrittenen Alter ihr Sehvermögen verloren haben. Für die meisten ist es dann zu spät, um noch die Blindenschrift zu erlernen, zumal der dafür nötige Tastsinn im Alter ebenfalls abnimmt.“ Finanziert wird die Blindenbücherei durch Spenden und Zuschüsse vom Deutschen katholischen Blindenwerk. Sie hat fünf Mitarbeiter und 17 zumeist ehrenamtliche Sprecher, die pro Jahr 60 bis 80 Werke in den beiden hauseigenen Tonstudios einlesen. „Das sind zumeist ausgebildete Rundfunk- oder Theaterleute“, erklärte Ebenig. „Da muss man auch ein Stück Idealismus mitbringen.“

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