GA-Serie "Bonner Köpfe": Ferdinand Kösters Ein Beamter mit Sportlerherz und Musikerseele

Bonn · Wer schon einmal dabei war, wie Ferdinand Kösters (79) einen Liederabend moderiert oder mit ihm diskutiert, wie viel Geld die Kultur einer klammen Stadt wert sein sollte, der weiß: Der Mann brennt für klassische Musik.

Aber der Ex-Vorsitzende der Opernfreunde hat auch eine Sportlerseele – und viel von der Welt gesehen. „Eine coole Socke“, beschreibt ihn ein Reporter aus der GA-Redaktion ebenso flapsig wie prägnant. Kösters ist einer, der viel zu erzählen hat. Aufgewachsen im Nachkriegs-Bonn als jüngstes von fünf Geschwistern, Vater im Arbeitsamt angestellt, die Mutter Hausfrau. Ferdinand ist der einzige, der eine weiterführende Schule besucht, weil sich die Familie diesen Luxus nicht für alle Kinder leisten kann. Diese Zeit, in der Bonn Hauptstadt wird, die Jahre des Aufbruchs, haben sich ihm eingebrannt: „Wann erlebt man schon die Geburt eines neuen Staates mit? Das ist ein Geschenk Gottes.“

In den 1960er Jahren warb er in Italien Gastarbeiter an

Kösters absolviert eine Ausbildung beim Arbeitsamt, später ein Zusatzstudium an der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. In Wilhelmshaven, wo er bei der Arbeitsverwaltung anheuert, lernt er seine spätere Frau Rosemarie kennen, mit der er zwei Söhne haben wird. In den 60er Jahren geht er für die Bundesanstalt für Arbeit nach Italien, Spanien und Portugal, um Gastarbeiter für Deutschland anzuwerben. Südeuropa ist für viele daheim damals noch sehr weit weg: „Ich wurde wie ein Exot herumgereicht, wenn ich Urlaub zu Hause machte“, erinnert sich Kösters. Er selbst reift in diesen Jahren zum Europäer.

In Portugal konnte das Paar nicht heiraten

Verona, Madrid, Lissabon: An der spanischen Hauptstadt hängt sein Herz besonders. „Das war unsere erste gemeinsame Station, hier haben wir standesamtlich geheiratet.“ Die gemischte Ehe – er katholisch, seine Frau Rosemarie evangelisch – ist ein Dorn im Auge der katholischen Kirche in Spanien. Erst in den Weihnachtsferien in Bonn können sie ihren Bund kirchlich besiegeln. „Meine Frau hätte sich das fast anders überlegt“, erzählt der 79-Jährige und bricht dabei in ein ansteckendes Lachen aus.

Dann vier Jahre Lissabon. In der „lieblichen“ Hauptstadt Portugals lernen sie fließend Portugiesisch. „Meine Frau hatte durch den Reitsport engen Kontakt zur oberen Schicht, ich war durch den Fußball mit der Mittelschicht im Austausch.“ Integration durch Sport. Kösters schließt Freundschaft mit dem portugiesischen Fußballstar Eusebio. 1970 dolmetscht er im aktuellen Sportstudio im ZDF für die brasilianische Fußballikone Pelé.

Nebenbei kickt er mit Tura Bonn

Im Bundesinnenministerium, wo er bis zur Pensionierung arbeitet, ist er jahrelang für Sport zuständig. Nach der Wiedervereinigung ermittelt er die Kosten der Leistungszentren der Ex-DDR. Der Referatsleiter fährt hin, besichtigt marode Anlagen. Zusammenführen oder schließen? In „Verschenkter Lorbeer“ erzählt Kösters davon. Eines von mehreren Büchern, die er verfasst hat. Nebenbei kickt der ehemalige westdeutsche Meister mit Tura Bonn oder trainiert bei lokalen Vereinen.

Seine Leidenschaft für die Oper verdankt er einer Stimme im Radio: Robert Anders Tenorstimme packt den Schüler Ferdinand so sehr, dass er später sein erstes Buch über ihn schreibt. Besonders stolz ist Kösters, der heute in Niederkassel wohnt, auf sein Projekt „Kinder in die Oper“, das er beim Verein der Bonner Opernfreunde ins Leben rief. Kindern aus „prekären Verhältnissen“, einigen „mit Migrationshintergrund“, wird damit ein kostenloser Opernbesuch ermöglicht. „Die Kinder haben Hänsel und Gretel angefeuert, als sie die Hexe in den Ofen geschubst haben“, erzählt der 79-Jährige begeistert.

Nach zwölf Jahren gab er sein Ehrenamt ab

Er ist froh, dass das Opernhaus für die geplante Sanierung nicht geschlossen werden soll. „Es Schritt für Schritt zu sanieren, ist sicher die bessere Lösung“, sagt er in seiner typischen Art, auf den Punkt, aber diplomatisch. Wenn es um Politik geht, lehnt er sich nicht zu weit aus dem Fenster. Kurz vor der Jahrtausendwende ist er nach 30 Jahren aus der CDU ausgetreten. Bonn sei eben nicht mehr Hauptstadt gewesen. Er sei sowieso mit den „allgemeinen Entwicklungen nicht einverstanden“. Dass er nach zwölf Jahren sein Ehrenamt als Vorsitzender bei den Opernfreunden abgegeben hat, sollten sich Figuren aus der Politik zum Vorbild nehmen. Den Rest könne sich jeder denken.

Sein neues Buch „Bonn – Meine kleine Stadt – Kinder- und Jugendjahre 1937-1963“ stellt Ferdinand Kösters am Sonntag ab 18.30 Uhr im Stadtmuseum vor (Franziskaner Straße 9). Der Eintritt kostet fünf Euro.

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