Gefahr für Kastanien Ein Bakterium bedroht 4000 Bonner Bäume

Bonn · Das Holländische Kastaniensterben greift in der Rheinaue um sich. Die ersten Kastanien sind bereits gefällt, rund 4000 Bäume sind betroffen.

Den 4000 Kastanien im Bonner Stadtgebiet droht neues Ungemach. Nach der Napfschildlaus und der Miniermotte sind die Bäume nun durch das Holländische Kastaniensterben akut bedroht. Drei stark befallene und bis Mitte Juli abgestorbene Exemplare in der Rheinaue habe das Amt für Stadtgrün bereits fällen lassen, berichtet der für Baumpflege zuständige Mitarbeiter Rolf Dung. Weitere Schäden seien hoch wahrscheinlich, schließlich gebe es schon an einigen weiteren Bäumen erste Symptome.

Auch die in Bonn ansässige Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ist in Sorge. Seit 2007 beobachteten Wissenschaftler zusätzlich den Befall mit dem zuerst in den Niederlanden aufgetauchten Bakterium Pseudomonas syringae, das die Bäume zum Absterben bringe, schreibt der Verein. Das Bakterium zerstöre die Leitungsbahnen und mache den Wasser- und Nährstofftransport unmöglich. „Betroffen ist die Hälfte aller Kastanien bundesweit, sowohl junge als auch alte Bäume.“ Manche Städte, wie zum Beispiel Krefeld, Duisburg, Viersen und Essen, hätten bereits viele befallene Kastanien verloren

Bakterien wechseln über Wurzelkontakte der Bäume

„Die Napfschildlaus und die Miniermotte haben die Bäume nur in ihrem Wuchs behindert. Eingegangen ist davon aber kein einziger Baum“, weiß Dung. Auch aktuell seien Kastanien etwa an der Poppelsdorfer Allee von Motten besetzt. Beide Schädlinge hätten womöglich ihren Zenit überschritten. „Bei den Motten war der Befall im letzten und in diesem Sommer nicht mehr wirklich besorgniserregend.“ Wahrscheinlich sei, dass sich mittlerweile ausreichend Fressfeinde etabliert hätten, die den Schildläusen und Miniermotten zusetzten.

Ganz anders sieht es bei dem Bakterienbefall aus. Der endet für den Baum immer tödlich – und es gibt bislang kein Gegenmittel. Jede Pflanze hält den Angriff der Bakterien allerdings unterschiedlich lange durch. Einige Bäume zeigen über viele Jahre lang blutende Stellen vom Stamm bis zur Krone, dunkelbraune bis schwarze Verfärbungen in der Wuchsschicht unter der Rinde sowie Risse in Stamm und Ästen. Andere Exemplare – darunter die betroffenen Bäume in der Rheinaue – haben zunächst kaum sichtbare Schäden, gehen dann aber binnen weniger Monate ein.

Offensichtlich wechseln die Bakterien über Wurzelkontakte zwischen den Bäumen. Wie sie auf diese Weise in die isolierte Baumgruppe in der Rheinaue gelangt sind, ist für Dung noch ein Rätsel. Auch wenn zunächst für andere Baumbestände im Stadtgebiet keine Gefahr bestehe, müsse man doch äußerste Vorsicht walten lassen.

Stadt wartet mit Neupflanzungen ab

Statt umgehend die Leerstellen neu zu bepflanzen, wollen die Verantwortlichen im Amt für Stadtgrün nun zuerst abwarten, wie sich die übrigen Bäume der Gruppe entwickeln. „So lange sie grün sind, lassen wir sie stehen“, sagt Dung. Später müsse vermutlich der Boden im ganzen Bereich ausgetauscht werden, um eine Neuinfektion zu vermeiden.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald setzt auf die Pflanzung gelb blühender Kastanien. Anders als ihre weiß beziehungsweise rot blühenden Verwandten sind diese Bäume gegen die Bakterien offenbar immun. Dung mahnt eher zur Skepsis: „Über Jahre wollte niemand gelb blühende Kastanien anpflanzen. Wenn jetzt viele Städte diese ordern, sind sie bei den Baumschulen schnell für viele Jahre ausverkauft.“

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